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Gregor Gysi
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Frage von Jens L. •

Frage an Gregor Gysi von Jens L. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

bekanntlich ist ein Kernschwerpunkt des rot-roten Senats in den letzten Jahren eine rigide Sparpolitik gewesen. Geld, das nicht da ist, kann nicht ausgegeben werden, war die strikte Regide! Es gab harte Einschnitte in der Stadt. Dennoch fordert Ihre Partei die Anhebung der Hartz IV Sätze bzw. gleich Abschaffung. Gleichzeitig wird bei Personal gespart (z.B. in Form des Solidarpakts oder der Abschaffung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für die Landesbediensteten).

Ist das das Linkspartei-Verständnis einer Solidargemeinschaft? Soll die eine Schicht die andere finanzieren? Letztlich stelle ich Ihnen die Frage, ob Fördern und Fordern für Sie überholt ist? Wovon soll die geforderte Erhöhung der Regelsätze finanziert werden? Durch Kürzung bei Bildung, Polizei, Sicherheit, Verwaltung, Integration?

Zuletzt: War nicht das Land Berlin der größte Arbeitgeber der Region? Schafft nicht das Land Arbeit indem es seine Verwaltung und Bürgerdienste ausbaut? Wie wäre es mit mehr Arbeit vom Senat von Berlin? Der Gedanke der dahintersteckt: Mehr Arbeit = weniger Arbeitslose. Weniger Arbeitslose = weniger Transferleistungen. (ergo kostet Arbeit zwar über Personalkosten Geld, schafft aber an anderer Stelle einen Ausgleich). Mehr Personal = mehr Service für den Bürger. Mehr Personal in der Polizei: Sicherere Straßen und U-Bahnen. Mehr Personal in den Finanzbehörden = Mehr Landeseinnahmen. "Reichtum für alle" ist Ihr Parteimotto... Was halten Sie von meinem Lösungsansatz und wie steht der Slogan Reichtum für alle mit dem harten Sparkurs im Berliner öffentlichen Dienst in Zusammenhang?

Außerdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir erklären könnten, was die Linkspartei gegen brennende Auto zu tun gedenkt? Wird es mehr Personal bei der Polizei geben? Wird sich die Linkspartei eindeutig gegen diese Art des "Protests" positionieren? Wer schützt das Eigentum der Berliner? Zugespitzt: "Ist die Linkspartei auf dem linken Auge blind?"

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Lordan,

Ihre Nachricht vom 14. August hat mich erreicht. Zunächst befand sich Berlin in einer schweren Krise wegen der von CDU und SPD organisierten Bankenkrise. Anschließend forderten die SPD und wir aus dem neuen Senat heraus eine Nothilfe durch die Bundesregierung. Die Bundesregierung aus SPD und Grünen lehnte die Nothilfe ab. Diese Entscheidung traf auch Renate Künast. Sie saß mit am Kabinettstisch.

Anschließend wurde Klage beim Bundesverfassungsgericht erhoben und leider verloren. In Folge der Klage musste eine Angleichung an andere Länder stattfinden, was Sie kritisch erwähnen. In der nächsten Legislaturperiode gab es solche Einschnitte nicht mehr, im Gegenteil. Es wurden Gemeinschaftsschulen gebildet, für drei Jahre Kindertagesstättenbesuch werden keine Gebühren mehr erhoben, es wurden 100 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen und anderes mehr.

Sie haben völlig Recht, dass wir weitergehende Forderungen stellen. Diese sind nur zu finanzieren über Steuergerechtigkeit. Niemand denkt daran, zulasten des öffentlichen Dienstes Hartz IV-Regelungen zu ändern. Wir brauchen eine Vermögenssteuer, wir brauchen eine angemessene Körperschaftssteuer, wir brauchen bei großen Erbschaften höhere Steuern. Ohne Steuergerechtigkeit lassen sich unsere Forderungen nicht finanzieren. Für die Steuergerechtigkeit ist aber nicht das Bundesland Berlin zuständig, sondern der Bund. Dort streiten wir dafür weiter.

Selbstverständlich brauchen wir mehr Polizei auf Straßen. Niemand von uns würdigt die kriminellen Akte, die dort von jungen Leuten begangen werden. Zwar muss man sich Gedanken machen, wie man ihren Frust abbaut, aber zunächst ist man verpflichtet, das Eigentum der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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