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Gregor Gysi
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Frage von Wilfried S. •

Frage an Gregor Gysi von Wilfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Christoph Lütgerts AWD-Dokumentation hat mit den Ausschlag dafür gegeben, daß ich nach jahrzehntelanger Mitgliedschaft und langer innerer Auseinandersetzung meiner Partei den Rücken gekehrt habe, die offensichtlich zuvor mir den ihren gezeigt hat.
So - parteilos und frustriert von dem was von außen beobachtbar ist, verärgert über meine zeitweilige Blindheit und eine geraume Weile in der inneren Immigration, entschlossen nicht mehr als nützlicher Idiot dienstbar sein zu wollen, geht nun der Blick wieder zum politischen Panorama, auf der Suche nach neuer Beteiligung.
Aber, so meine Überlegung, Herr Dr. Gysi, liegt es nicht in der menschliche Natur, daß systembedingt zwingend, sich Abgeordnete einer erfolgreichen Partei irgendwann von dem entfernen, was sie möglicherweise einmal "reinen Herzens" zur Mitwirkung an der politischen Meinungsbildung geführt hat?
Daß sie neue Moralitäten und Maßstäbe für ihr Handeln, weit entfernt von den ursprünglichen, entwickeln?
Daß sie - anders ausgedrückt - irgendwann auch schlechte Werke für gute Taten halten, weil das Programm der Partei ja gut ist?
Kürzer - korrumpiert das Amt den Menschen und wenn ja, wie ist dann in einer repräsentativen Demokratie wie der unseren der einzelne Abgeordnete auf der Liste seiner Partei kontrollierbar, damit nicht jedes neue Engagement in Parteien bedeutet, sich vom Regen in die Traufe zu begeben?

Was ist Ihre Erfahrung aus zwei Systemen, wo sehen Sie Gutes, wo Änderungsbedarf. bzw. Möglichkeiten zur Änderung?

Gruß + gute Zeit
Wilfried Steinicke

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Steinicke,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 13. August. Es entspricht der Erfahrung, dass Parteien sich verändern. Und Sie haben auch mit Ihrem Eindruck Recht, was Abgeordnete betrifft. Nun trifft dieser Vorwurf nicht jede und nicht jeden, auch nicht jede Partei, trotzdem laufen die Erfahrungen darauf hinaus. Meines Erachtens gibt es in einer repräsentativen Demokratie eine Korrekturmöglichkeit. Wenn die Abgeordneten einer Partei sich so entwickeln, wie Sie das beschreiben, muss man dieser Partei die Stimme entziehen. Dann gibt es dort eine Diskussion, ein Aufbruch und wieder eine Veränderung. Das Leben ist ein Prozess und man muss gleichermaßen auf negative wie auf positive Entwicklungen reagieren. Eine Garantie, dass eine Partei und das Abgeordnete immer ehrlich bleiben, kann niemand abgeben. Allerdings könnte es wichtige Hilfen geben, z. B. die,dass Abgeordneten die Tätigkeit in Aufsichtsräten größerer Wirtschaftsunternehmen untersagt wird, dass Parteien keine Spenden von größeren Unternehmen und Banken annehmen dürfen und anderes.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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