Portrait von Gregor Gysi
Gregor Gysi
DIE LINKE
94 %
354 / 376 Fragen beantwortet
Frage von Anna R. •

Frage an Gregor Gysi von Anna R. bezüglich Innere Sicherheit

Immer wieder werden durch die Polizei Daten von Personen aller Art in Deutschland archiviert aufgrund von Anzeigen die aber nicht zur Verurteilung geführt haben. Oft werden diese Daten 20 Jahre und länger festgehalten. Polizisten begründen dies nach dem Motto, die Unschuld sei ja nicht bewiesen. Es kann aufgrund der Geschichte dieses Landes nicht angehen, dass nach Gutdünken von Polizisten Daten gesammelt und gegebenenfalls gegen Personen genutzt werden. Meist wissen die Leute nicht mal etwas davon und wundern sich bei einer Polizeikontrolle das sie auf das Schärfste kontrolliert und befragt werden. Diese Datensammlung soll löschbar sein, doch welche Garantie gibt es? Falsche Vedächtigung und üble Nachrede gibt es offenbar bei der gesamten deutschen Polizei und anderen Behörden nicht mehr. Ist das Volk schon wieder generalverdächtig ????

Portrait von Gregor Gysi
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Radenbeck,

Ihre Nachricht vom 11. August hat mich erreicht. Ich habe die Abgeordnete Ulla Jelpke gebeten, Ihnen Ihre Fragen zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

Portrait von Gregor Gysi
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Radenbeck,

Gregor Gysi hat mir Ihre Anfrage mit der Bitte um Beantwortung weitergeleitet.

Im Prinzip kann ich Ihnen nur eines antworten: Sie haben völlig Recht, die Lage ist absolut unbefriedigend.

DIE LINKE hat sich schon des öfteren nach den verschiedenen Polizeidateien in Deutschland erkundigt. Das BKA betreibt sowohl Zentraldateien als auch sog. Verbunddateien, in letztere können auch die Länderpolizeien Daten eintragen und sie abrufen. Insbesondere haben wir mehrfach die sogenannten Gewalttäterdateien kritisiert. Diese funktionieren nach genau dem Schema, das Sie ansprechen: Es genügt im Prinzip ein Verdacht, um eine Person auf Jahre hinweg in den Dateien einzutragen. Wenn beispielsweise die bayerische Polizei jemanden als „Straftäter links“ einstuft und „einträgt“, dann sehen auch sämtliche anderen Länderpolizeien und die Bundespolizei bei jeder Kontrolle diesen Eintrag. Man kann sich leicht vorstellen, dass dies im Einzelfall unangenehme Folgen haben kann, wie verschärfte Kontrolle usw. Das Perfide ist dabei, dass eben der Verdacht ausreicht, dass jemand eine Straftat begangen habe, oder dass er kurz davor sei, eine zu begehen. Selbst wenn kein Strafverfahren folgt, oder wenn es eingestellt wird, bleibt der Eintrag bestehen. Selbst ein Freispruch führt nicht automatisch zur Löschung.

Wir haben schon mehrfach erlebt, dass solche Einträge willkürlich vorgenommen werden. Da hat jemand eine Zeltstange oder einen Spaten im Rucksack, weil er auf dem Weg zu einem Protestcamp ist (etwa beim G8-Gipfel 2007) - und schon wird er als „Gewaltbereiter“ gespeichert, weil er eine „Waffe“ dabei hat. Damit wird dann z. B. auch die Ausreise nach Frankreich unterbunden, wo er (2009) an den Protesten gegen den NATO-Gipfel teilnehmen wollte.

Man kann dagegen nicht viel machen. DIE LINKE fordert, dass die Polizei die Betroffenen zumindest benachrichtigen muss, wenn sie gespeichert werden. Denn bislang geschieht dies unbemerkt, so dass die möglichen Rechtsmittel praktisch ungenutzt bleiben. Was möglich ist: Einen Antrag auf Auskunft bei den zuständigen Behörden zu stellen. Unter Umständen erhält man dann Auskunft, oder auch nicht, das hängt davon ab, ob die Einträge für geheimhaltungsbedürftig gehalten werden. Wenn man Auskunft erhält, kann man fordern, etwaige Einträge zu löschen. Für ein solches Vorgehen benötigt man Geduld und Geld, weil es ohne Klagen und damit ohne Anwälte im Prinzip nicht geht.

Die Verfahrensmöglichkeiten der Polizeibehörden sind aus Sicht der LINKEN völlig unangemessen, und wir werden auch weiterhin in parlamentarischen Initiativen fordern, von der Politik der Willkür und des Generalverdachts abzurücken.

Weitere Informationen zu unseren Initiativen finden Sie unter anderem auf meiner Homepage. Dort können Sie beispielsweise in das Suchfeld „Dateien“ eingeben.
http://www.ulla-jelpke.de/news_detail.php?newsid=1691

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Jelpke

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Gregor Gysi
Gregor Gysi
DIE LINKE