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Frage von Dr.med.Peter K. •

Frage an Gregor Gysi von Dr.med.Peter K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

in den nächsten Tagen steht die Abstimmung zur Präimplantationsdiagnostik an.

Als Pränataldiagnostiker (mit Schwerpunktbezeichnung der Ärztekammer) aus der Universitätsmedizin möchte ich folgende Anfrage an Sie richten:

Darf ich fragen, ob Sie das Leben eines Menschen für unverfügbar halten - auch an seinem biologischem Anfang - wenn er keine Bedrohung für einen anderen darstellt?

Konkret: Werden Sie für die Unverfügbarkeit des Menschen - in dem Fall menschlichen Embryos - auch gegenüber der sog. Präimplantationsdiagnostik stimmen? Ein Konflikt mit der Schwangeren kann hier nicht vorliegen, da die Patientin zum Zeitpunkt einer PID eben nicht schwanger ist, sondern die Selektionsmöglichkeit bewußt herbei geführt wird.

Wie Sie wissen, haben die letzten 20 Jahre der Pränataldiagostik haben uns gezeigt, daß sich sog. "Ausnahmeregelungen" in keiner Weise aufrechterhalten lassen. Es führt automatisch dazu, daß diejenigen, die nicht in dieser Ausnahmeregelung erfaßt sind, auf Gleichbehandlung klagen.

Es gibt daher dieses Mal keinen "Dritten Weg". Entweder Verfügbarkeit oder Nicht-Verfügbarkeit des Embryos gegenüber der Präimplantationsdiagnostik und Selektion.

Über den menschlichen Status des Embryos an sich besteht wissenschaftlich kein Zweifel, so daß ich mir hierzu weitere Ausführungen erspare.

Daher frage ich: Kann ich davon ausgehen, daß Sie mit Ihrem Abstimmungsverhalten die Unverfügbarkeit des Embryos gegenüber PID und Selektion dokumentieren werden?

Mit freundlichen Grüßen

Dr.med. P. Kern
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Schwerpunkt Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin

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Sehr geehrter Herr Dr. Kern,

Ihr Schreiben vom 29. Juni hat mich erreicht. Wenn ich die PID ablehne, was Sie ja offenkundig vorschlagen, kann das dazu führen, dass der Embryo der Frau eingesetzt wird. Dann ist sie schwanger und kann die Untersuchungen vornehmen lassen um wiederum eine Abtreibung herbeizuführen. Mir ist völlig unklar, weshalb sie dann nicht vorher die Untersuchung durchführen kann, um souverän und selbst zu entscheiden.

Diejenigen, die aus verschiedenen Gründen gegen die Abtreibung aufgetreten sind, kann ich auch dahingehend verstehen, dass sie gegen PID auftreten. Diejenigen allerdings, die für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen und damit auch für eine Entscheidungssouveränität in der Schwangerschaftsfrage eingetreten sind, kann ich nicht verstehen, wenn sie sich nunmehr gegen PID stellen.

Ich befürchte also, dass wir beide unterschiedlicher Auffassung bleiben werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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