Portrait von Gregor Gysi
Gregor Gysi
DIE LINKE
94 %
355 / 376 Fragen beantwortet
Frage von Julian K. •

Frage an Gregor Gysi von Julian K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gysi,

ich habe eine Frage zu Ihrer Position bzw. der Position der Linken zur "Griechenland-Krise", konkret zum deutschen Mitverschulden.

Mir ist der von Ihnen oft bemühte Zusammenhang zwischen den deutschen Export-Überschüssen und der Verschuldung von Staaten wie Griechenland, welche mehr im - als exportieren, nicht klar. Oskar Lafontaine sagte einmal sinngemäß "Wir exportieren am meisten, also sündigen wir auch am meisten."
Inwiefern schaden deutsche Exporte anderen Staaten? Es sind doch Unternehmen, welche Waren importieren, und nicht Staaten. Wieso wachsen Staatschulden, wenn Unternehmen dieses Landes viel importieren?

Besten Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen!
Julian Köster-Eiserfunke

Portrait von Gregor Gysi
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Köster-Eiserfunke,

Ihre Nachricht vom 10. Juni hat mich erreicht.

Es besteht ein Handelsungleichgewicht. D.h., Deutschland hat die Löhne, die Renten, die Sozialleistungen real gesenkt, um billiger verkaufen zu können. So wurden wir Vizeweltmeister beim Export. Das sichert den Exportunternehmen hohe Profite. Andererseits haben italienische Unternehmen viel geringere Chancen, Produkte in Deutschland zu verkaufen, haben also geringere Profite. Dadurch wiederum sinken die Steuereinnahmen in Griechenland. Wenn die Steuereinnahmen sinken, verschuldet sich der Staat, um seine Ausgaben finanzieren zu können. Und so gibt es einen Zusammenhang zum negativen Kreislauf.

Vor allem ist aber entscheidend, dass Griechenland im Verhältnis zu Deutschland über keine eigene Währung verfügt. Hätte Griechenland noch eine eigene Währung und Deutschland auch, dann könnte Griechenland die eigene Währung solange abwerten, bis die deutschen Produkte zu teuer würden und die eigenen sehr günstig in Deutschland verkauft werden könnten. Dieses Instrument existiert nicht mehr. Deshalb ist Deutschland in besonderem Maße daran interessiert, den Euro zu erhalten, weil sonst die ärmeren Staaten in Europa in der Lage wären, die Exporte aus Deutschland deutlich zu reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Gregor Gysi
Gregor Gysi
DIE LINKE