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Gregor Gysi
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Frage von Hilde S. •

Frage an Gregor Gysi von Hilde S. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Herr Gysi,

ich wende mich an Sie, weil ich Sie sehr schätze und den Eindruck habe, dass Sie auch unangenehme Sachen ansprechen.

Ich habe 3 Töchter alleeinerziehend ohne staatliche Hilfe erzogen. Alle haben einen höheren Schulabschluss bzw. z. T. Hochschulabschluß und sind jetzt "brave" Steuerzahler. ich weiß nicht, ob sich jemend vorstellen kann, was dies von mir abverlangt hat, zumal ich keine höhere Schulbildung habe und deshalb mein Arbeitsaufwand durch geringeres Einkommen noch höher war. Zu einer solchen Leistung ist nicht jeder fähig.

Jetzt bekomme ich dafür 534,24 € Rente! Ja, Sie lesen richtig!

Bitte weisen Sie mich nicht darauf hin, dass ich Hartz4 dazu beantragen kann. Das will ich nicht. Ich verlange Menschenwürde. Wäre ich aus einem neuen Bundesland oder Rückkehrer aus Kasachstan o.Ä. würde ich wegen fehlender Nachweise automatisch eine Rente von mind. 800 € bekommen. Wäre ich als Mann auf die Welt gekommen, hätte ich bei der Scheidung auch alle Verantwortung abgeben können und mir eine Rente von 1200-1500 € verdienen können.

Ich finde, dass diese Rente eine ungeheuerliche Frauendiskriminierung und eine Menschenrechtsverletzung ist. Lt. Menschenrechtsabkommen steht auch mir das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen zu. Wenn dies für einen Bankier, der bewußt oder unbewußt an einem Kapitalfiasko mitgewirkt hat möglich ist, muß es doch auch für mich möglich sein, irgendwo ein Recht zu bekommen.

Bitte helfen Sie mir mit Rat und Tat!

Ich grüße Sie - zwar sehr verzweifelt - aber auch hoffnungsvoll

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Seifert,

Ihre Nachricht vom 14. März hat mich erreicht.
Sie beschreiben eine grobe Ungerechtigkeit, die nach wie vor sämtliche Gesellschaften prägt. Die Tätigkeit im Haushalt, die Tätigkeit für Kinder - und da noch für drei Kinder - wird durch niemanden honoriert, führt auch nicht zu Rentenansprüchen etc. Hinsichtlich der Rente gilt es nicht ganz, weil die Erziehung von Kindern ein bisschen berücksichtigt wird, aber die fehlenden Jahre ersetzt Ihnen niemand in der Rentenversicherung. All Ihre Gedanken zur Diskriminierung sind deshalb zutreffend. Aber die Gesetzeslage ist eindeutig und es erfordert einen zähen Kampf, sie Schritt für Schritt zugunsten von Frauen zu verändern. Ich versichere Ihnen, dass wir diesbezüglich weiter streiten werden. Trotzdem weise ich Sie darauf hin, dass es eine Grundsicherungsrente gibt, die höher liegt als die Rente, die Sie beziehen. Ich würde unabhängig von Ihrer Verletztheit die Differenz geltend machen. Ich empfehle Ihnen, sich diesbezüglich an Ihren Rentenversicherungsträger zu wenden. Er wird Ihnen diesbezüglich weiterhelfen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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