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Gregor Gysi
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Frage von Nico Q. •

Frage an Gregor Gysi von Nico Q. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Gysi,

meine Frage beschäftigt sich mit der bevorstehenden Bundesversammlung: Weshalb stellt DIE LINKE ihre eigene Kandidatin auf?

Eine Frage, die Sie natürlich mit dem Hinweis auf das Recht, dieses in unserer Demokratie tun zu dürfen, beantworten könnten. Nur, wäre es nicht - und hier kommt meine eigentliche Frage - sinnvoller, den Kandidaten der SPD und Die Grünen, Joachim Gauck, zu unterstützen? Schließlich würde es ein Zeichen der DIE LINKE sein, ein Stück Aufarbeitung mehr zuzulassen. Dieses auf der einen Seite. Und auf der anderen sehe ich mehr Chancen für den linken Flügel des Parlaments, einen Kandidaten nach Bellevue zu schicken, der keinem Ordnungsruf der Kanzlerin erliegen würde; und der unabhängig von Parteifragen entscheidet.

Mit besten Grüßen
N. Quast

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Quast,

vielen Dank für die Nachricht vom 8. Juni.
Zunächst besteht ein Problem darin, dass SPD und Grüne nicht mit uns reden, sondern meinen, uns einfach etwas vorsetzen zu können. Hätten wir miteinander gesprochen, hätte es auch eine Verständigungsmöglichkeit gegeben.
Ich teile auch die Befürchtung nicht, dass es Christian Wulf verhinderte, wenn wir Joachim Gauck wählten. Union und FDP haben eine ausreichende absolute Mehrheit und werden diese nutzen. Glauben Sie bitte nicht im Ernst, dass eine nennenswerte Zahl von Abgeordneten von Union und FDP bereit sein wird, die eigene Regierung deutlich zu schwächen. Bei Joachim Gauck besteht das Problem darin, dass er sich nur mit der politischen Freiheit, aber nicht mit der sozialen Freiheit beschäftigt. Egal ob es um die Agenda 2010, Hartz IV, Rente ab 67 oder andere Sozialkürzungen ging, niemals hat sich Herr Gauck dagegen geäußert, sondern ausdrücklich den so genannten Fürsorgestaat abgelehnt. Er befürwortet nicht nur die Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Afghanistan, sondern begrüßte auch den Irakkrieg. Im Kern findet er die Gesellschaft, so wie sie heute existiert, völlig in Ordnung. Das macht es für uns zu schwer, ihn zu wählen. Außerdem hat er unsere Partei als überflüssig bezeichnet und will sicherlich nicht von einer von ihm selbst als überflüssig empfundenen Partei gewählt werden.

Es war deshalb schon besser, dass wir eine eigene Kandidatin aufgestellt haben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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