Frage an Gregor Gysi von Beatrix U. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
derzeit lächeln Sie von Wahlplakaten auf die Wähler herunter, auf denen die Forderung zu lesen ist: "Reichtum für alle".
Als vorüberfahrende Autofahrerin kann ich nicht lesen, ob es im Kleingedruckten dafür eine Erläuterung gibt. Mich würde mal interessieren, wer dann Ihrer Meinung nach noch arbeitet, wenn alle "reich" sind. Reich im materiellen Sinne ist man entweder, wenn man viele Sachwerte besitzt, oder aber viel Kaufkraft bezüglich Sachwerten. Wenn aber alle so reich sind, daß sie nicht mehr arbeiten mögen, dann nutzt die größte Kaufkraft nichts, denn es wird niemand der Neureichen mehr etwas dafür herstellen.
Oder muß man das so verstehen, wie es auf einem anderen LINKE Wahlplakat zu lesen ist - "Reichtum besteuern" -, daß der "Reichtum für alle" unter einer Herrschaft der Linken gleich wieder abkassiert wird?
In Erwartung Ihrer Aufklärung verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Beatrix Ullrich
Sehr geehrte Frau Ullrich,
der Text "Reichtum für alle" ist zunächst als Provokation gedacht worden. Union und FDP forderten mitten in der Finanzkrise ausschließlich Steuersenkungen. Herr Steinmeier meinte, aus einer Schatulle 4 Millionen Arbeitsplätze zaubern zu müssen. Ich dachte mir, da hilft nur noch der Spruch "Reichtum für alle". Hier merkt jede und jeder, dass das so nicht geht. Dann stelle ich immer die zweite provokative Frage, wer denn wie reich sein dürfe und wer denn warum nicht reich sein dürfe. Nicht einmal Herr Westerwelle kann mir auf diese Frage antworten.
Dann gibt es noch eine dritte Übersetzung. Man muss ja den Reichtum nicht materiell meinen. Und Reichtum an Bildung, an Kultur, an Gesundheit für jede und jeden scheint mir doch eine berechtigte Forderung zu sein.
Außerdem würde ich gerne beide Plakate zusammen plakatieren. Wenn ich Reichtum materiell verstehe, dann käme heraus, dass ich Reichtum begrenzen muss, um Armut zu überwinden. Dann sind vielleicht nicht alle reich aber immerhin könnten alle in Würde leben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi