Frage an Gregor Gysi von Richard L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Gregor Gysi,
ich stelle diese Frage mit dem Wissen dass Sie Jurist sind und erhoffe mir eine Antwort die, logischerweise mit der Rechtsordnung vereinbar ist, aber meine Einsicht in die notwendige Einschränkung der Freiheit hervorruft.
Matthias Claudius sagte: "Die Freiheit besteht darin, daß man alles tun kann, was einem anderen nicht schadet" und konkretisierte damit den Grundsatz: "Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt".
Meine Frage ist sehr simpel. Ich stelle Sie anhand eines Beispiels:
Ich möchte ohne einen Helm Motorroller fahren. (Die Begründung ist irrelevant, denn um von Freiheit legitim Gebrauch zu machen, bedarf es keiner Rechtfertigung, aber meinetwegen weil ich es liebe wie meine Haare im Wind wehen). Dies verbietet mir die Rechtsordnung. Rechtspositivistisch argumentiert ist die Helmpflicht da und muss deswegen akzeptiert werden. Nur kommt auch positives Recht nicht ohne Rechtfertigung denn es will ja gerecht sein.
In meinem Beispielsfall ist die Begründung weniger naheliegend als man denkt. Eine mögliche Rechtfertigung ist, dass es Aufgabe des Staates ist uns zu schützen. Nur ist der staatliche Schutz vor uns selbst eine heikle Sache. Seit Immanuel Kant ist es ist Streben des Staates dem Büger die Mündigkeit nicht strittig zu machen.
Eine weitere mögliche Argumentation wäre die Handlungspflicht Anderer, die wir bei einem Unfall (vermeidbarerweise) hervorrufen. Andere, nunmehr betroffene Menschen, müssen uns helfen, der Staat müsste uns unterstützen. Diesem Argument ist allerdings recht einfach zu begegnen. In Konsequenz müssten Suizid und Selbstverstümmelung strafbar sein.
Was ist also eine plausible Begründung für die Einschränkung der Freiheit, welcher hier unstrittig ein höherrangiges Interesse gegenüberstehen muss?
Ich verfüge ausschließlich über meine eigene Gesundheit, greife zudem nicht gravierender in Sphären Anderer ein als bei vergleichbaren, rechtmäßigen Handlungen.
Mfg und vielen Dank für Ihre Zeit im Voraus
Richard Liebeskind
Sehr geehrter Herr Liebeskind,
es gibt für die Pflicht zum Tragen eines Helms nur die Begründung, dass Sie schwerere Verletzungen bei einem evt. Unfall erleiden könnten.Diese führten für die Gesellschaft zu erhöhten Behandlungskosten, die weit über Ihren Beiträgen liegen. Das schränkt aber die Freiheit anderer ein, die mittels ihrer Beiträge die Unkosten mit zu tragen haben.
Das verlangt andererseits nicht, dass der versuchte Suizid und die Selbstverstümmelung bestraft werden. Diese Menschen handeln oft in einer verzweifelten Situation, während Sie ja den Unfall nicht wollen, sondern er Ihnen - aus welchen Gründen auch immer - unbeabsichtigt passiert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi