Frage an Gregor Gysi von Klaus B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
ein Freund von mir hat leider kein Internet. Deshalb muss er seine Frage über mich an Sie weiterleiten. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie auf diese Frage eingehen:
Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,
seit 2 Monaten beziehe ich ALG2 bzw. Hartz IV, obwohl ich eine gute Ausbildung (Beruf und Studium) absolviert habe.
Obwohl ich ALG2 erhalte, bin ich weiterhin zum Unterhalt für meinen 5-jährigen Sohn verpflichtet. Da ich nach Gesetzeslage"nicht leistungsfähig" bin, wird mir ein Zwangsdarlehen seitens des Jugendamtes in Form des Unterhaltsvorschusses aufgezwängt.. Ich kann nun wählen, monatlich 119 Euro von meiner spärlichen Grundsicherung an die Unterhaltsvorschussekasse zu zahlen und damit gar keinen Lebensstandard mehr zu haben oder einen Schuldenberg aufzubauen, den ich irgendwann abtragen muss. Wenn ich das nicht kann, erbt mein Kind, für das jetzt der Vorschuss gezahlt wird, diesen Schuldenberg.
Meine Frage lautet, ist diese Verfahrenweise juristisch in Ordnung? Wenn ja, wie stehen Sie zu dieser Verfahrensweise?
Ich habe 35 Jahre ohne Arbeitslosigkeit in die Sozialkassen eingezahlt. Jetzt, wo ich Hilfe benötige, bekomme ich die Grundsicherung und muss davon Unterhalt zahlen.
Für Ihre Antwort danke ich jetzt bereits.
Freundliche Grüße
K. Böttcher
Sehr geehrter Herr Böttcher,
vielen Dank für die Übermittlung der Frage Ihres Freundes. Ich habe die Frage zuständigkeitshalber an den Abgeordneten Jörn Wunderlich mit der Bitte um Beantwortung weitergeleitet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi
Sehr geehrter Herr Böhringer,
von Dr. Gregor Gysi wurde ich gebeten, Ihre Frage an www.abgeordnetenwatch.de vom 24.07.2009 zuständigkeitshalber zu beantworten. Dazu möchte ich einleitend voranstellen, dass meine Partei und damit auch ich die Hartz-IV-Gesetzgebung mit all ihren negativen Auswirkungen auf die Menschen auf das Schärfste verurteilen.
Dass Sie selbst nach 35 Jahren Erwerbstätigkeit nur die Grundsicherung beziehen und nicht das reguläre Arbeitslosengeld ist eine dieser Ungerechtigkeiten.
Sie sind, wie Sie schreiben, einem minderjährigen Kind unterhaltsverpflichtet. Der Unterhalt für ein Kind richtet sich nach dem Alter des Kindes und dem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten entsprechend der Düsseldorfer Tabelle. Da Sie nun nicht mehr leistungsfähig sind und Ihr Sohn nicht auch unter dieser finanziellen Situation leiden - jedenfalls nicht in vollem Umfang -- soll, geht das Jugendamt entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen für einen gewissen Zeitraum in Vorleistung. Dieser Unterhaltsvorschuss, welcher in der Regel nur einen Teil der Unterhaltspflicht abdeckt, geht in der entsprechenden Höhe als Forderung auf das Jugendamt über.
Es wird somit kein "Darlehen" gewährt, sondern die Unterhaltsforderungen werden vom Sohn auf das Jugendamt (teilweise) "verschoben". An der grundsätzlichen Unterhaltspflicht und auch der Zahlungspflicht ändert sich nichts. Sie müssen nur nicht mehr in voller Höhe an Ihren Sohn "nachleisten" wenn Sie wieder leistungsfähig sind.
Die Vorgehensweise des Unterhaltsvorschusses im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes ist juristisch korrekt und bringt keine neuen Schulden mit sich. Im Gegenteil, in etlichen Fällen nimmt das Jugendamt Abstand von seiner Rückgriffsmöglichkeit, sofern der Unterhaltspflichtige nicht oder nur vermindert leistungsfähig ist. Die Ansprüche Ihres Sohnes verringern sich im Umfang des geleisteten Vorschusses. Und -- das ist das Wesentliche -- Ihr Sohn bekommt trotz der Tatsache, dass Sie nicht in der Lage sind, den ihm zustehenden Unterhalt zu zahlen, gleichwohl laufend seinen Unterhalt, auch wenn vielleicht nur partiell.
Mit freundlichen Grüßen
Jörn Wunderlich