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Frage von Eberhard W. •

Frage an Gregor Amann von Eberhard W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Amann,
zur Zeit berichtet alle Welt über die Sorgen der Lehmann-Brothers-Zertifikat-Inhaber und der Sparer bei isländischen Banken. Vox populi und Verbraucherschützern fordern die Regierung zum Handeln, bzw. gar zur Kompensation auf.
Ich möchte Sie auf den Skandal "Equitable Life" aufmerksam machen, der über mehr als drei Jahre z.B. einen eigens eingesezten EU-Untersuchungsausschuß beschäftigte. Dieser kam zu einem eindeutigen Ergebnis und hat die britische Regierung deutlichst aufgefordert, Schadenersatz zu bezahlen.
Dasselbe war das Ergebnis einer langjährigen Untersuchung der Ombudsfrau des britischen Parlaments. Hintergrund ist, dass die englische Versicherung "Equitable Life" in Deutschland bewußt - und übrigens von den Verbraucherschützern, sowie Stiftung Warentest, Finanztest stark empfohlen - für ihre Rentenversicherung geworben hat - am besten gegen Einmalzahlungen. Inzwischen steht fest, dass die Beträge nur eingesammelt wurden, um andere Lücken als Altverträgen zu schließen. Laut EU-Ausschuß hat sich auch die Bafin dabei nicht mit Ruhm bekleckert, da sie noch bis zur Vertriebseinstellung postive Referenzen gegeben hat. Ich kenne ein Ehepaar aus Westhausen, deren gesamte Altersversorgung schlicht halbiert wurde (sie haben die Auszahlung ihrer "befreienden LV" in die Equitable Life -auf schriftlicher Empfehlung des Verbraucherschutzes! - einbezahlt. Die Bafin verweist auf den EU-Ausschuß, auf die britische Financial Authority und hofft, dass die britische Regierung den dringenden Empfehlungen folgt. Danach sieht es jedoch nicht aus.
Meine Frage. Ist Ihnen der Skandal um "Equitable Life" überhaupt bekannt ? Hat die Bundesregierung etwas unternommen oder wird sie etwas unternehmen um den Geschädigten zu helfen ?

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Sehr geehrter Herr Wagner,

mir waren die Geschehnisse rund um die englische „Equitable Life Assurance Society“ bis zu Ihrer Frage nicht bekannt. In den letzten Wochen habe ich mich nun kundig gemacht und stand dabei im Kontakt sowohl mit dem Bundesfinanzministerium als auch mit den Finanzfachleuten meiner Fraktion. Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung:
Generell muss bei einem Vergleich zwischen britischen und deutschen Lebensversicherungsprodukten beachtet werden, dass bei deutschen Lebensversicherungen die Sicherheit im Vordergrund steht. Demgegenüber steht bei britischen Lebensversicherungspolicen eine hohe Rendite im Fokus. Bei deutschen Produkten werden fortlaufend hohe Überschussbeteiligungen dem Versicherungsnehmer gutgeschrieben. Demgegenüber steht in der britischen Lebensversicherung der Schlussbonus im Vordergrund. Dieses bietet eine höhere Renditechance, aber auch höhere Risiken.
Warum die „Equitable Life“ (EL), wie Sie schrieben, angeblich sogar schriftlich von einer deutschen Verbraucherschutzorganisation empfohlen wurde, ist aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar.
Ich verzichte darauf, im folgenden alle Ereignisse und die Gründe für die Krise der EL hier darzustellen. Sie kennen diese Geschichte ja selbst. Selbstverständlich ist die EL-Krise auch der deutschen Bundesregierung bekannt. Das Bundesministerium der Finanzen hat aktiv die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments begleitet. Und auch der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat sich mit der Thematik befasst.
Die Vorgänge rund um die Krise der „Equitable Life“ haben letztendlich auch zu Konsequenzen geführt, z.B. eine inzwischen wesentlich verbesserte Zusammenarbeit der europäischen Aufsichtsbehörden untereinander. Dazu gehört auch die EU-Richtlinie „Solvabilität II“, die voraussichtlich im ersten Halbjahr 2009 verabschiedet wird. Als Hauptziel der Versicherungsaufsicht wird darin ausdrücklich der Schutz der Versicherungsnehmer festgelegt. Großbritannien hat der EU-Kommission die vollständige Umsetzung zugesagt. Aber: Zuständige Aufsichtsbehörde für EL ist die Financial Services Authority (FSA) in London, denn nach geltendem europäischem Recht obliegt die Aufsicht ausschließlich der Aufsichtsbehörde am Sitzland des Unternehmens. Die 1999 gegründete FSA ist durch ihr Gründungsgesetz ausdrücklich zu einer zurückhaltenden Aufsichtspraxis („light watch“) verpflichtet. Dem liegt die Auffassung zu Grunde, Marktkräfte seien die beste Garantie dafür, dass ein Wirtschaftszweig die Wünsche seiner Kunden erfüllt. Staatliche Regulierung solle lediglich Wettbewerb, Innovation und Wahlfreiheit für die Verbraucher fördern. Ein 100%iger Schutz gegen den Zusammenbruch einzelner Firmen sei nicht möglich und auch nicht wünschenswert. Dieser Ansatz, der dem Markt Vorrang vor dem Schutz der Verbraucher einräumt, ist natürlich umstritten, da er den Erwartungen der Kunden von Finanzdienstleistern i.d.R. nicht entspricht. Hier ist m.E. unser deutsches Finanzaufsichts- und Einlagesicherungssystem besser. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV), eine Vorgängerbehörde der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), ist mehrfach mit der FSA in Sachen EL in Kontakt getreten (und hat u.a. auch im Jahr 2000 irreführende Werbung mit unrealistisch hohen Renditen in Deutschland gestoppt). Weder BaFin, noch Bundesregierung noch Bundestag haben aber die Möglichkeit, die Empfehlungen des Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments durchzusetzen. Selbstverständlich steht Ihnen der Klageweg in Deutschland offen, aber ich weiß natürlich auch, dass ein deutsches Gerichtsverfahren gegen ein Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland nicht ganz einfach ist. Das wissen Sie gewiss selbst. Ich bedauere, dass ich Ihnen keine befriedigendere Nachricht übermitteln kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Gregor Amann, MdB