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Frage von Anton T. •

Warum gibt es keinen Nachteilsausgleich bei Dyskalkulie in Brandenburg bis zum Abitur?

In Brandenburg gibt es die "Verordnung über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen (Lesen-Rechtschreiben-Rechnen Verordnung - LRSRV)" diese ermöglicht einen Nachteilsausgleich bei Legasthenie "In den Jahrgangsstufen 1 bis 10, der Sekundarstufe II und in den Bildungsgängen des zweiten Bildungsweges" (Abs.2 §5) Jedoch bei Dyskalkulie nur "In den Jahrgangsstufen 1 bis 10" (Abs.3 §7). Wie ist diese Differenz noch zu erklären, wo der KMK Beschluss zum Thema bereits 20 Jahre veraltet ist und sich auf einen nicht aktuellen Forschungsstand bezieht? Wie positionieren sie sich zu der Petition "Dyskalkulie: Chancengleichheit, jetzt!" auf change.org (https://chng.it/c25XvmNw) und sehen sie hier Handlungsbedarf für Brandenburg und werden sie sich für eine Änderung der Verordnung sowie des KMK Beschlusses einsetzen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr T.,

vielen Dank für ihre an mich gerichtete Anfrage und die damit verbundene Problembeschreibung. Gerne möchte ich Ihnen hierauf antworten.

Meiner Kenntnis nach ist es im Unterschied zu besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben fachwissenschaftlich bislang nicht eindeutig geklärt, ob es sich bei Rechenstörungen um ein diagnostizierbares Phänomen oder um eine Minderleistung im Rahmen einer schulischen Leistungsverteilung handelt. Deshalb werden Schwierigkeiten im Rechnen bisher nicht mit Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben gleichgesetzt. Der von Ihnen angeführte Beschluss der KMK aus dem Jahr 2007 wird daher gegenwärtig immer noch angewendet.

Während Schülerinnen und Schüler mit Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben ihre fachbezogenen Kompetenzen durchaus (zum Beispiel durch mündliche Beiträge) in den Unterricht einbringen können, ist dies im Fach Mathematik für solche mit Rechenstörungen in der Form nicht möglich. Die verfehlten Rechenoperationen, die einer schriftlichen oder mündlichen Beteiligung im Unterricht vorausgehen, führen in der Konsequenz leider häufig zu „fehlerhaften“ Ergebnissen.

Wie sie richtig feststellen, gibt die Lesen-Rechtschreiben-Rechnen-Verordnung Brandenburgs (LRSRV) keine Regelungen zu Dyskalkulie nach der 10. Jahrgangsstufe vor. Allerdings können sich Schülerinnen und Schüler mit einer Dyskalkulie auf die Möglichkeiten in den §§ 11 Abs. 5 (Prüfungen) und 15, Abs. 2 (Abiturprüfungen) der Gymnasiale-Oberstufe-Verordnung (GOSTV) beziehen. Dort ist festgelegt, dass Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufen mit einer nachgewiesenen physischen oder psychischen Beeinträchtigung oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf demnach angemessene Erleichterungen gewährt werden können, um Nachteile auszugleichen, die sich aus der Art und dem Umfang der jeweiligen Beeinträchtigung oder des sonderpädagogischen Förderbedarfs ergeben. Das kann z.B. eine angemessene Verlängerung der Arbeitszeit (auch in Klausuren) oder die Zulassung besonderer Hilfsmittel bedeuten. Die Bereitstellung von Hilfsmitteln soll von der Schule unterstützt werden. Die Entscheidung trifft für die Einführungs- und Qualifikationsphase die Schulleitung (Grundsätze der Leistungsbewertung - §11 Absatz 5) bzw. die oder der Prüfungsvorsitzende (Prüfungsbestimmungen - §15 Absatz 2) für die Abiturprüfungen.

Der Grund, warum Schülerinnen und Schüler mit einer Dyskalkulie sich auf diese Regelungen in der GOSTV beziehen können, liegt in der entsprechenden Klassifizierung der Rechenstörung als Form der psychischen Beeinträchtigung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der sogenannten medizinischen Klassifikationsliste ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems).

In Hinblick auf die Thematik, die hinter den Forderungen in der Online-Petition "Dyskalkulie: Chancengleichheit, jetzt!" steht, waren bzw. sind die 16 Bundesländer regelmäßig im Austausch (z.B. im Rahmen des 420. Schulausschusses im September 2020). Allerdings hat keines der Länder bislang den Bedarf einer Überarbeitung der bisherigen Grundsätze angemeldet.

Ich werde Ihre Anfrage zum Anlass nehmen, um die aufgeworfene Problematik noch einmal genauer mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren und die Thematik weiterzuverfolgen.

Ich hoffe, Ihnen mit den genannten Informationen weitergeholfen zu haben und freue mich über weitere Hinweise und Anregungen für meine Arbeit.

Mit freundlichen Grüßen

Gordon Hoffmann

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