Frage an Gisela Piltz von Martina A. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Piltz,
ich schreibe Ihnen, weil ich mit der derzeitigen Ausübung des Familienrechtes nicht zurechtkomme.
Nach einer Ehescheidung haben in der Regel beide Elternteile das gemeinsame Sorgerecht.
Dies wird aber nicht wie formuliert ausgeübt. Häufig wird durch Umgangsboykott (meistens seitens der Mütter, da Kinder nach der Scheidung meist bei ihnen leben) das Recht der Kinder nicht wahrgenommen.
Durch Gerichtsverfahren, die sich oft über Jahre hinziehen, werden die Kinder somit schon von einem Elternteil (meist dem Vater) entfremdet. Die Kinder müssen Anhörungen durch Richter und Verfahrenspfleger über sich ergehen lassen. Hat ein Vater das Recht auf Umgang zu seinem Kind erreicht, folgt oft der begleitete Umgang mit der Begründung, daß Vater und Kind sich wieder annähern müssen, obwohl beide die Trennung durch Boykott nicht wollten.
Immer wieder zeigt die Realität durch Erfahrungsberichte, daß Väter der Erziehung ihrer Kinder nicht nachkommen dürfen. Die Väter zahlen, den für die Kinder notwendigen Kindesunterhalt, müssen aber zusätzlich noch hohe Verfahrenskosten tragen, während die Kindesmutter meist Prozeßkosten erlangt, egal welche Verleumdung sie in den Raum stellt.
Ein Vater ist heute nicht in der Lage seinem Kind das Recht auf Umgang problemlos zu gewähren. Auch kann er seiner Umgangpflicht kaum nachkommen.
Eine Zweitfamilie ist zur heutigen Zeit schon kaum finanziell tragbar. Nach dem neuen Referenzentwurf zum Unterhaltsrecht sollen die Einkünfte der Zweitfrau unterhaltsrelevant sein, obwohl diese nicht im geringsten für die Erstfamilie in der Verantwortung steht.
Eine Zweitfrau geht auch mit Kleinkind arbeiten um die Familie zu unterstützen, während die Erstfrau das Recht hat bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes von ihrem geschiedenen Ehemann nachehelichen Unterhalt zu bekommen.
Wie sollen Menschen den Mut noch finden eine Zweitfamilie zu gründen?
Mit freundlichen Grüßen
M. Alishiry
Sehr geehrte Frau Alishry,
vielen Dank für Ihre Email zum Familienrecht.
Der Vater ist für ein Kind eine wichtige Bezugsperson. Für die Entwicklung des Kindes ist der Umgang mit dem Vater wichtig und förderungswürdig. Daher tritt die FDP für eine Stärkung der Rechte von Vätern auch bezüglich der Umgangsrechte ein.
Die bisherigen Umgangsregeln im § 1685 BGB a.F. waren nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts insoweit mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar, als der biologische Vater selbst dann nicht in den Kreis der umgangsberechtigten Personen einbezogen wurde, wenn zwischen diesem und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung bestanden hat oder besteht. Artikel 6 GG schützt den leiblichen Vater wie das Kind in dem Interesse am Erhalt einer sozial-familiären Beziehung und damit am Umgang miteinander. Die FDP tritt deswegen für Umgangsrechte ein, wenn diese dem Wohl des Kindes dienen. Dem Kind darf jedoch mit umgangsrechtlichen Regelungen wie z.B. dem so genannten Umgangstourismus nicht geschadet werden.
Das Umgangsrecht wurde – auf Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts – durch das Gesetz zur Änderung des Umgangs- und Anfechtungsrechts der Väter vom 23.4.2004 deutlich zugunsten des leiblichen Vaters geändert. Der biologische Vater gehört nach dieser Änderung zu den so genannten engen Bezugspersonen. Diesen steht damit das Umgangsrecht i.S.d. § 1685 Abs. 2 BGB zu. Der leibliche Vater muss nach der gesetzlichen Änderung folgende Voraussetzungen erfüllen: Er muss als Bezugsperson für das Kind tatsächliche Verantwortung getragen haben oder aktuell tragen und der Umgang muss dem Wohl des Kindes dienen. Das geltende Umgangsrechts setzt damit einen engen Bezug zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater voraus.
Laut BGH ist eine gegenwärtige häusliche Gemeinschaft mit dem Kind keine Voraussetzung für das Umgangsrecht. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist jedenfalls eine vorübergehende Beziehung des biologischen Vaters mit der Mutter mit nur sporadischen Kontakten zum Kind nicht ausreichend.
Diese Ansätze der Rechtsprechung unterstützen die Meinung der FDP. Der Maßstab für die Umgangsbewilligung muss nach Ansicht der FDP stets das Kindeswohl sein. Dem Kindeswohl muss gerade beim Aufwachsen in „unvollständigen“ Familien oder Patchworkfamilien Rechnung getragen werden. Im Interesse des Kindes ist es auch wichtig, den Wunsch der Väter, Kontakt zu ihrem Kind zu haben, zu berücksichtigen. Die FDP tritt dafür ein, dass Väter nicht nur auf ihre Eigenschaft als Zahlväter reduziert werden. Deswegen und auch im Hinblick auf die demographischen Probleme tritt die FDP für eine Stärkung der Väter, die zur Verantwortungsübernahme bereits sind, ein. Wie Umfragen gezeigt haben, liegen die demographischen Probleme nicht nur an den Frauen, die nicht mehr Mutter werden, sondern in noch stärkerem Maße an den Männern, die nicht bereit sind, Vater zu werden und Elternverantwortung zu übernehmen.
Die Vereinfachung und Harmonisierung des Unterhaltsrechts ist für die FDP-Bundestagsfraktion bereits in der jetzigen Wahlperiode ein wichtiges Thema. Das deutsche Unterhaltsrecht wird komplizierter und für die Betroffenen immer undurchsichtiger, auch durch die teilweise uneinheitliche Rechtsprechung. Das geltende Unterhaltsrecht wird den sehr verschiedenen Facetten der Lebensgestaltung und Lebensplanung der heutigen Gesellschaft nicht mehr gerecht. Deswegen hat die FDP-Bundestagsfraktion mit Ihrer Großen Anfrage vom 5. Mai 2004 die Problemfelder im Unterhaltsrecht aufbereitet und der Bundesregierung zur Beantwortung der sich aufdrängenden Fragestellungen aufgefordert. Eine Beantwortung wurde von Seiten der Bundesregierung jedoch leider stets verschoben. Deswegen hat die FDP-Bundestagsfraktion am 8. März 2005 das Positionspapier „Unterhaltsrecht in sozialer Verantwortung“ verabschiedet und am 20. April 2005 den Antrag „Unterhaltsrecht sozial und verantwortungsbewusst gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen“ in den Deutschen Bundestag eingebracht.
Darin fordert die FDP folgende Änderungen im Unterhaltsrecht:
1. Das Unterhaltsrecht ist grundlegend zu vereinfachen. Es muss mit dem Steuer- und dem Sozialrecht in Übereinstimmung gebracht werden. Bestehende Widersprüche, unterschiedliche Wertungen der Lebensumstände und nicht mehr zeitgemäße Privilegierungen sind abzuschaffen.
2. Minderjährige Kinder und Kinder, die sich noch in der Schulausbildung befinden und bei ihren Eltern wohnen, müssen beim Unterhalt unbedingt Vorrang haben. Denn: Nach neuesten Statistiken sind knapp 1 Million Kinder unter 15 Jahren derzeit sozialhilfebedürftig; im Vergleich zu 2003 entspricht dies einer Steigerung um 3,2 %. Durch den Vorrang der Kinder gegenüber denjenigen, die selbst für ihren Unterhalt aufkommen können, kann diesen Kindern aus der Sozialhilfebedürftigkeit geholfen werden.
3. Insbesondere gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder muss die Zahlungsmoral erhöht werden. Sich der bei der Geburt eines Kindes übernommenen Verpflichtung zu entziehen und Unterhaltszahlungen zu verweigern, stellt kein Kavaliersdelikt dar, sondern einen bereits existierenden Straftatbestand. Eine Kriminalisierung der nicht zahlenden Unterhaltsverpflichteten ist der falsche Weg. Ein solches Verhalten sollte gesellschaftlich geächtet werden. Väter dürfen aber auch nicht nur als „Zahlväter“ betrachtet werden!
4. Unterhaltsansprüche müssen grundsätzlich zeitlich befristet werden. Unterhaltsverpflichtungen dürfen nicht mehr zu einer lebenslangen Belastung werden. Auch nach einer Scheidung muss es demjenigen, der Unterhalt zahlen muss, möglich sein, eine neue Partnerschaft einzugehen und eine neue Familie zu gründen. Die Privilegierung der ersten Ehe und die Lebensstandardgarantie werden beendet. Dem unterhaltsberechtigten Partner wird durch die zeitliche Befristung die Chance eröffnet, selbstverantwortlich das Leben zu gestalten und einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen.
5. Für so genannte Altehen, also diejenigen Ehen, die noch nach altem Recht geschlossen wurden, müssen Übergangsregelungen geschaffen werden, da die Ehepartner auf das Recht vertrauen dürfen, das zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung galt.
6. Unterhaltsansprüche von geschiedenen und nichtehelichen Elternteilen müssen einander für die Dauer der Kindererziehung angenähert werden. Nichtehelichen Elternteilen steht bisher in der Regel ein Erziehungsunterhalt bis zu drei Jahren zu. Eine solche straffe zeitliche Beschränkung gilt nicht für geschiedene kinderbetreuende Ehegatten. Eine vollständige Gleichbehandlung wird es aus verfassungsrechtlichen Gründen und im Hinblick auf den Gedanken der fortwirkenden nachehelichen Solidarität nicht geben können.
7. Die so genannte Sandwichgeneration der heute 40 – 60-Jährigen ist zu entlasten. Sie unterstützt ihre Kinder, sorgt für ihr eigenes Alter vor und ist daneben immer häufiger verpflichtet, für den Unterhalt ihrer Eltern zu sorgen. Diese Belastung wird in den kommenden Jahren noch verstärkt werden durch das zunehmende Alter der Bevölkerung, den Ausbau der gesundheitlichen Vorsorge und der Pflegemöglichkeiten sowie die Schwierigkeiten der älteren Generation, die anfallenden Kosten durch die Renten und Ersparnisse zu decken. Dieser ansteigenden Belastung muss frühzeitig entgegen getreten werden.
8. Unterhaltsverfahren müssen vereinfacht werden. Entscheidungen der Gerichte sind häufig nicht vorhersehbar und ergehen mit großer zeitlicher Verzögerung. Die Betroffenen – insbesondere die Kinder – leiden unter der langen Verfahrensdauer und den vielen Verhandlungen. Freiwillige Vereinbarungen wie z.B. das Cochemer Modell sind weiterzuentwickeln.
9. Das Unterhaltsvorschussgesetz ist zu modernisieren. Die Notwendigkeit der vorübergehenden wirtschaftlichen Sicherung endet nicht mit der bisherigen Altersgrenze von zwölf Jahren. Das Alter von bezugsberechtigten Kinder muss bis zum Erreichen ihrer Volljährigkeit verlängert werden. Der vorübergehende Zweck dieser Hilfe muss verdeutlicht werden. Die Bezugsdauer ist von 72 Monaten auf 24 Monate zu verkürzen.
10. Auf rechtlicher Verpflichtung bestehende Unterhaltszahlungen müssen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 12.000 € je Unterhaltsberechtigtem als Sonderausgaben steuerlich abzugsfähig sein. Unterhaltszahlungen sind beim Leistenden steuerlich entlastend, beim Empfänger einkommenserhöhend anzusetzen. Alternativ zum Kindergeld soll ein Kinderfreibetrag von 7.700 € jährlich gewährt werden. Für zusätzliche Pflege- und Betreuungskosten für Kinder oder hilfebedürftige Familienangehörige ist ein Abzug als Sonderausgaben bis zu 12.000 € jährlich vorzusehen. Vorraussetzung ist die Übernahme der Pflege oder Betreuung im Privathaushalt durch eine Person, zu der ein legales Arbeitsverhältnis besteht.
Wie Sie diesen Positionen insgesamt entnehmen können, treten wir für eine deutliche Besserstellung aller Kinder – unabhängig davon, ob Sie einer ersten oder zweiten Ehe entstammen – sowie für die Übernahme von mehr Eigenverantwortung – insbesondere der Ehefrauen - sowohl in der Ehe als auch nach der Scheidung ein. Dies führt in der Konsequenz auch zu einer Entlastung der meist zur Unterhaltszahlung verpflichteten Männer. Die Gründung von neuen Familien wird besser möglich sein. Auch dürfen Väter nicht mehr als reine „Zahlväter“ angesehen werden, sondern müssen in ihrem Wunsch nach der Wahrnehmung ihrer Vaterstellung in allen Lebensbereichen stärker berücksichtigt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Piltz