Portrait von Gisela Piltz
Gisela Piltz
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gisela Piltz zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Tim G. •

Frage an Gisela Piltz von Tim G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Piltz,

ich habe Ihre Rede am 19.04.2013 zum Thema Informationsfreiheit und die gesamte Debatte sehr genau verfolgt. Sie sagten, die Grün-Rote Koalition in Baden-Württemberg habe die Einfürhung eines Informationsfreiheitsgesetzes "sofort" im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dort heißt es dazu wörtlich: "In einem umfassenden Informationsfreiheitsgesetz werden wir gesetzliche Regelungen treffen, damit Bürgerinnen und Bürger unter Beachtung des Datenschutzes grundsätzlich freien Zugang zu den bei den öffentlichen Verwaltungen vorhandenen Informationen haben. Wir werden unser Regierungshandeln daran orientieren, die zugrunde liegenden Daten und Dokumente weitestmöglich öffentlich zugänglich zu machen. Hier orientieren wir uns am Grundsatz ´Open Data´."
http://www.gruene-bw.de/fileadmin/gruenebw/dateien/Koalitionsvertrag-web.pdf
Wo haben Sie etwas von "sofort" gelesen?
In welchem Bundesland hat die FDP in Regierungsverantwort ein Informationsfreiheitsgesetz zu Wege gebracht? In Niedersachsen war Ihre Partei zehn Jahre an der Regierung beteiligt. In Bayern, in Sachsen, ich habe nirgends bemerken können, dass es Ihre Parteifreunde auch nur versucht hätten, ein IFG in die Koalitionsverhandlungen einzubringen. Warum?
Es geht auch mit der CDU, siehe Hamburg.
Warum hat die FDP in Schleswig-Holstein das Informationszugangsrecht eingeschränkt (Stichwort Regierungstätigkeit)? Warum hat die FDP dort, als sie noch in der Koalition mit der CDU an der Regierung war, eine Debatte im Innenausschuss des Landtages über den sehr liberalen Entwurf des SSW verhindert?
Warum hat die FDP in Baden-Württemberg (BW) als Gesetzentwurf lediglich das vielkritisierte Bundes-IFG eingebracht und keine Verbesserungen vorgeschlagen? Warum hat die FDP kein Transparenzgesetz nach dem Vorbild Hamburgs vorgeschlagen?
Warum kritisierten Sie in Ihrer Rede die Veröffentlichung von Protokollen des BMI, die nach Auffassung des BMI nach dem IFG zugänglich sind?

Portrait von Gisela Piltz
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gerber,

das IFG des Bundes, welches von der damaligen rot-grünen Koalition als Fraktionsentwurf in den Bundestag eingebracht wurde, konnte mit der Unterstützung der FDP-Fraktion im Bundestag und vor allem nur aufgrund der Unterstützung der FDP-mitregierten Länder im Bundesrat überhaupt beschlossen werden. Die FDP in den Ländern verhinderte damals eine gegenläufige Mehrheit im Bundesrat.

Es ist jedoch eine Sache, in einer Koalitionsregierung im Land die "Koalitionskarte" zu ziehen, wenn es um eine Abstimmung im Bundesrat geht - und eine andere, mit einem Koalitionspartner, der in diesem Punkt eine in den betreffenden Ländern gänzlich andere Haltung hat, eigene Initiativen zu vereinbaren.

Welche Punkte die FDP oder andere Parteien in welche Koalitionsverhandlungen eingebracht haben, können Sie nicht wissen. Ihre Behauptung, die FDP in den Ländern habe oder habe nicht einen bestimmten Punkt in die Verhandlungen eingebracht, ist insofern allenfalls eine Mutmaßung. An derartigen Spekulationen beteilige ich mich nicht.

Welche Schwerpunkte in einer Koalition gesetzt werden und wo die jeweiligen Koalitionspartner gemeinsam vereinbaren, gesetzliche Initiativen voranzubringen, ist immer in der Gesamtschau zu betrachten. Was oder was nicht mit der CDU in bestimmten Bundesländern im Bereich des Möglichen liegt, ist weder pauschal zu beantworten noch bin ich die richtige Ansprechpartnerin, um die Interessen der CDU in diesem Bereich zu beantworten. Im Übrigen gehört zur Koalitionsvereinbarung immer, keine Oppositionsanliegen gegen den Koalitionspartner zu unterstützen, weshalb Ihre Frage zur Unterstützung einer SSW-Initiative im Grunde lautet, warum an einem Informationsfreiheitsgesetz nicht eine Koalition hätte platzen können. Unbeschadet inhaltlicher Auseinandersetzung mit dem von Ihnen erwähnten Gesetzentwurf, können Sie sich Ihre Frage vor diesem Hintergrund sicherlich selbst beantworten.

Noch während der Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg wurde seinerzeit vollmundig von den dortigen Grünen verkündet, diesen Punkt umgehend umsetzen zu wollen. Da diese Aussagen inzwischen zwei Jahre zurückliegen, kann hiervon wohl kaum die Rede sein.

Schon das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass es einen "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" gibt, "der einen [...] grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt" (BVerfGE 100, 130 ff). Dieser ist selbst dem parlamentarischen Fragerecht und sogar den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen entzogen, obwohl es hier Vorkehrungen für die Gewährleistung von Geheimhaltung gibt. Erst recht gilt diese Ausnahme entsprechend für den Anspruch auf Aktenherausgabe nach dem Informationsfreiheitsrecht. Es muss einen geschützten Bereich der Verwaltung geben, in dem diese ihre Haltung finden können muss, etwa bei schwierigen Auslegungsentscheidungen o.ä. Im IFG des Bundes ist diese Ausnahme von Rot-Grün damals zu recht aufgenommen worden. Nach allgemeiner Auffassung besteht diese Schranke jedoch auch ungeschrieben. Allerdings ist es für den Bürger transparenter, wenn die Ausnahmen, die es gibt, auch im Gesetz erwähnt sind. Insofern kann ich Ihre Kritik an der Entscheidung des schleswig-holsteinischen Landtags nicht nachvollziehen.

Wenn Sie, wie Sie schreiben, der Debatte aufmerksam gefolgt sind, ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass ich nicht - wie Sie jetzt aber behaupten - kritisiert habe, dass grundsätzlich die Information zu Auslegungsentscheidungen zum IFG des Bundes der ressortübergreifenden IFG-Arbeitsgruppe der Bundesregierung öffentlich zugänglich sein kann, sondern, dass versucht wird, diese zur Skandalisierung zu nutzen. Die veröffentlichten Dokumente wurden ja eben gerade nicht über eine IFG-Anfrage mit der entsprechenden Prüfung zur Veröffentlichung gebracht. Zudem habe ich dargelegt, dass sicherlich die Vermerke, wären diese als öffentliche Handreichung geplant gewesen, anders geschrieben worden wären.

Wenn Sie ernsthaft an den Argumenten der baden-württembergischen Landtagsfraktion zu deren Gesetzentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz des Landes Baden-Württemberg interessiert sind, stehen Ihnen die dortigen Kollegen sicherlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Piltz