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Gisela Piltz
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Frage von Richard M. •

Frage an Gisela Piltz von Richard M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr verehrte Frau Piltz,

sie haben mit entscheidend das Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft, dass im März diesen Jahres vom Bundestag verabschiedet wurde, geprägt.

Dazu habe ich folgende Frage an Sie:
Wodurch begründen sie die im Gesetz festgeschriebene Notwendigkeit, dass selbst bei einfachen Ordnungswidrigkeiten (falsches Parken) die Bestandsdaten der Internetnutzung durch die Polizei ohne richterlichen Beschluss abgefragt werden können?

mit freundlichem Gruß

Richard Möbus

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Möbus,

bereits nach dem derzeit noch geltenden § 113Telekommunikationsgesetz (TKG), welcher von Rot-Grün eingeführt wurde, war die Nutzung von Bestandsdaten für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten (OWi) erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken hiergegen bestehen.

Bestandsdaten sind gerade keine Verkehrsdaten, die ein umfassendes Bild einer Persönlichkeit zulassen, erst recht keine Inhaltsdaten. Es handelt sich um einfache Bestandsdaten, etwas den Inhaber einer Telefonnummer, die Bestandsdaten bei der Zuordnung einer dynamischen IP zu einer bestimmten Person zu einem bestimmten Zeitpunkt, der jeweils im Einzelfall benannt sein muss, und schließlich die Bestandsdaten in Form von Zugangssicherungscodes, sofern diese unverschlüsselt beim Provider vorliegen.

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Voraussetzungen für den Zugriff auf Bestandsdaten nicht allein im Telekommunikationsgesetz geregelt sein dürfen, sondern in den jeweiligen Gesetzen der zu Abfrage befugten Behörden eigene Abfragenormen enthalten sein müssen. In den jeweiligen Fachgesetzen auf Bundesebene (z.B. im Bundespolizeigesetz oder in der Strafprozessordnung) werden mit den neuen Befugnisnormen strikte Eingrenzungen vorgenommen und rechtsstaatliche Hürden neu eingeführt, während diese bislang bei der Bestandsdatenabfrage fehlten.

So wurde neben der bereits im TKG verankerten Zweckbestimmung, die die Übermittlung nur erlaubt, wenn die abfragende Behörde einen Anfangsverdacht hat oder eine konkrete Gefahr besteht, in allen Bundesgesetzen, nach denen Bestandsdatenabfragen möglich sind, neue Benachrichtigungspflichten sowie ein Richtervorbehalt eingeführt.

Zudem wurde festgeschrieben, dass die Abfrage von Zugangssicherungdaten - wie vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Bestandsdaten verlangt - nur dann erfolgen darf, wenn auch die Voraussetzungen für ihre Nutzung erfüllt sind. Schließlich wurde für alle Abfragen von Zugangssicherungdaten ein Richtervorbehalt eingeführt.

Ordnungswidrigkeiten sind Verstöße gegen die Rechtsordnung, die zum Teil mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden können, so z.B. im Datenschutzrecht, im Umweltrecht oder auch im Lebensmittelrecht. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten stehen Polizei und zuständigen Verwaltungsbehörden grundsätzlich dieselben Befugnisse zu wie bei der Verfolgung von Straftaten (§ 46, § 53 OWiG), so dass z.B. Beschlagnahme oder Durchsuchung im OWi-Verfahren selbstverständlich ebenso möglich sind und auch sein müssen, wie etwa die Ermittlung der personenbezogenen Daten (Name, Anschrift oder eben auch Telekommunikationsbestandsdaten) des Betroffenen. Sofern etwa im Internet personenbezogene Daten ohne Einwilligung verbreitet würden, liegt darin eine Ordnungswidrigkeit nach dem Bundesdatenschutzgesetz. Damit die zuständigen Behörden diese ahnden können, ist gerade im Internet häufig die Bestandsdatenabfrage erforderlich, um an den hinter einer IP-Adressse stehenden Betroffenen zu kommen.

Eine Abfrage von Daten ist dabei selbstverständlich immer nur dann rechtmäßig, wenn sie auch erforderlich ist. Das gilt für die Bestandsdatenauskunft wie überall sonst im Polizeirecht oder in der Strafprozessordnung. Die Tatsache, dass ein gesetzlicher Tatbestand die Möglichkeit zur Abfrage bestimmter Daten eröffnet, bedeutet daher keinesfalls, dass bei jeder Ermittlung von allen Befugnissen zur Datenerhebung Gebrauch gemacht werden kann. Insofern ist ganz selbstverständlich auch eine Datenerhebung in Form einer Bestandsdatenabfrage immer nur dann rechtmäßig, wenn diese im konkreten Fall erforderlich ist und ebenso die übrigen rechtlichen Voraussetzungen, die gerade im Bereich der Bestandsdaten mit dem aktuellen Gesetz mit erheblichen rechtstaatlichen Hürden versehen wurden, erfüllt sind. Sollte ein solches Datum also in einem konkreten Einzelfall für die Verfolgung einer bestimmten Ordnungswidrigkeit nicht benötigt werden, wie etwa bei der Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit, wo regelmäßig im Wege der Halterabfrage anhand des Kfz-Kennzeichens die erforderlichen Daten erhoben werden, werden besteht weder die rechtliche noch die tatsächliche Notwendigkeit der Erhebung von Bestandsdaten.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Piltz