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Gisela Piltz
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Frage von Ludwig S. •

Frage an Gisela Piltz von Ludwig S. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Piltz,

ich beziehe mich auf den blog von abgeordnetenwatch vom 09.07.12 wie viele andere hier auch.

Zitat: Im April 2009, war die FDP im Zusammenhang mit dem Adresshandel noch als Partei des Daten- und Verbraucherschutzes in Erscheinung getreten. Gisela Piltz, die nun den wirtschaftsfreundlichen Änderungsantrag beim Meldewesen eingebracht hat, warf der damaligen schwarz-roten Bundesregierung vor, “unter dem Druck der Adresshandels-Lobby eingeknickt” zu sein. Zitat Ende

Frage: In wie fern hat es nun mit Daten- und Verbraucherschutz zu tun, daß meine Daten aus Melderegistern zu Zwecken des Adresshandels oder Werbung nur nicht verwendet werden dürfen, wenn ich diesem aktiv widerspreche?

Frage: In wie fern hat es nun mit Daten- und Verbraucherschutz zu tun, daß Unternehmen auch zum aktualisieren Ihrer Daten meine Daten dort abfragen dürfen?

Frage: Warum wurde dieses neue Gesetz u.a. durch Sie befürwortet? Welchen nutzen hat der Verbraucher davon?

Frage: Warum wurde das alte Gesetz nicht einfach so gelassen wie es war?

Frage: Was unterscheidet der Vorwurf Ihrerseits aus 2009 gegebenüber der damaligen Regierung gegenüber der jetzigen bzw. des Entwurfes und Genehmigung des Bundestages von diesem Gesetz?

Frage: In wie weit ist die FDP nun noch Partei des Daten- und Verbraucherschutzes aus Ihrer sicht wenn Sie diesem Gesetz zugestimmt hat?

Ein besorgter Bürger freut sich über Ihre Beantwortung jeder seiner Fragen.

Mit freundlichen Grüßen

Ludwig Schäfer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schäfer,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Vor der Beantwortung Ihrer konkreten Fragen erläutere ich Ihnen zum besseren Verständnis gerne zunächst den Ist-Zustand des Melderechtes:
In den geltenden Landesgesetzen gibt es derzeit (nur) ein Widerspruchsrecht gegen
- Parteienwerbung
- den automatisierten Abruf über das Internet (schriftliche Anfragen sind dann aber immer noch möglich)

Aufgrund der Aussetzung der Wehrpflicht ist zudem ein Widerspruch zulässig gegen die Übermittlung an die Wehrverwaltung.
Auf diese genannten Widerspruchsrechte muss die Verwaltung die Bürger auch hinweisen. Auf der Website des Einwohnermeldeamtes meiner Wahlkreisstadt Düsseldorf zum Beispiel werden daher auch entsprechende Formulare angeboten.
Ein gesetzliches Widerspruchsrecht gegen die Weitergabe zu Werbezwecken oder für Adresshandel besteht nach geltendem Recht nicht. Die Rechtsprechung sagt zwar, dass gegen Direktwerbung ein Widerspruch statthaft ist, auch wenn dies gesetzlich nicht verankert ist, aber auf diese Möglichkeit müssen Sie weder von der Verwaltung hingewiesen werden, noch muss Ihnen die Verwaltung hierfür Formulare zur Verfügung stellen.
Erst recht gibt es derzeit keinen Einwilligungsvorbehalt im geltenden Landesmelderecht.

Vor diesem Hintergrund nun meine Antworten auf Ihre Fragen im Einzelnen:

Frage: In wie fern hat es nun mit Daten- und Verbraucherschutz zu tun, dass meine Daten aus Melderegistern zu Zwecken des Adresshandels oder Werbung nur nicht verwendet werden dürfen, wenn ich diesem aktiv widerspreche?

Ab 2014 gilt bundesweit ein neues einheitliches Melderecht. Bisher gibt es ein Rahmengesetz des Bundes und 16 Landesmeldegesetze. Im neuen Bundesmeldegesetz werden – in Einklang mit dem Bundesdatenschutzgesetz – weiterhin hohe Datenschutzstandards eingehalten.
Für die FDP-Fraktion war dabei wichtig, dass mit dem neuen Recht kein zentrales Melderegister geschaffen wird, wie es in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen worden war, sondern es weiter bei der dezentralen Speicherung in den zuständigen Meldebehörden bleibt.
Für die Bundesjustizministerin und auch die FDP-Fraktion war dabei ebenso wichtig, dass das Gesetz auch im Blick auf den Datenschutz die Bürgerinnen und Bürger nicht schlechter stellt als bisher. Allerdings war eine Mehrheit im Bundestag für die datenschutzrechtlich weitestgehende Einwilligungslösung nicht möglich. Dennoch konnte die FDP-Fraktion sich mit einem neuen gesetzlichen Widerspruchsrecht durchsetzen. Bislang ist ein solches Widerspruchsrecht in den geltenden Landesmeldegesetzen nicht vorgesehen, erst recht sieht kein Landesgesetz eine Einwilligungslösung vor. Mithin konnte die FDP-Fraktion bereits für eine deutliche Verbesserung sorgen. Da sich zwischenzeitlich jedoch die CSU offensichtlich anderweitig entschieden hat und nun doch eine Einwilligungslösung mittragen möchte, steht die FDP-Fraktion hierfür nach wie vor gerne bereit.

Frage: In wie fern hat es nun mit Daten- und Verbraucherschutz zu tun, dass Unternehmen auch zum Aktualisieren Ihrer Daten meine Daten dort abfragen dürfen?

Das Widerspruchsrecht soll in der Tat nicht gelten, wenn schon Daten vorhanden sind. Diese Regelung wurde deshalb aufgenommen, weil in Fällen, in denen ein Unternehmen bereits Daten hat, also etwa aufgrund einer Einwilligung ihres Kunden oder aufgrund anderer Rechtsgrundlagen, die Meldebehörde eigentlich die falsche Adresse für Widersprüche ist.
Der Widerspruch muss sich dann nämlich gegen das Unternehmen richten, so wie es heute schon längst nach dem Datenschutzrecht ist. Ein Umzug ist kein Widerruf der Einwilligung, die nach dem Bundesdatenschutzgesetz erteilt wurde. Zugleich kann das Melderecht nicht Verstöße gegen das Datenschutzrecht heilen. Sollte ein Unternehmen unter Verstoß gegen das Datenschutzrecht Ihre Daten haben, ist dies rechtswidrig. Für die Verfolgung solcher Vorfälle sind die Datenschutzaufsichtsbehörden zuständig. Die Meldeämter sind auch hier die falsche Adresse. Es liegt hier jedoch keine Verschlechterung gegenüber geltendem Recht vor, sondern es gilt nach wie vor das Bundesdatenschutzgesetz.

Frage: Warum wurde dieses neue Gesetz u.a. durch Sie befürwortet? Welchen Nutzen hat der Verbraucher davon?

Dazu erläutere ich Ihnen gerne, was sich in dem aktuell vorliegenden Gesetz ändert und wie Ihr neues gesetzliches Widerspruchsrecht Ihre Daten schützt:
Das neue Bundesmeldegesetz ändert auch an den Möglichkeiten, Daten bei Meldebehörden abzufragen, grundsätzlich nichts. Weiterhin bestehen wie schon in den geltenden Landesmeldegesetzen die Möglichkeiten, einfache Melderegisterauskünfte zu bereits namentlich bekannten Personen voraussetzungslos abzufragen, ebenso bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses erweiterte Melderegisterauskünfte zu verlangen. Bei der einfachen Melderegisterauskunft werden Vor- und Nachname sowie aktuelle Anschrift übermittelt. Dies ist sowohl im Bezug auf eine einzelne Person wie auch auf Gruppen zulässig, sofern die Person namentlich benannt wird. Hingegen ist bei der erweiterten Melderegisterauskunft, bei der zu Name und Anschrift weitere Daten wie etwa Geburtsdatum oder frühere Anschriften hinzukommen, notwendig, ein berechtigtes Interesse, etwa eine vertragliche Forderung, glaubhaft zu machen, also der Behörde durch geeignete Beweise darzulegen.
Darüber hinaus besteht bereits heute die Möglichkeit, Listenauskünfte zu verlangen, bei denen Daten nicht namentlich bekannter Personen nach bestimmten Kriterien übermittelt werden, also etwa Wohnort und Alter. Diese Auskunft richtet sich nach den Regelung für die Gruppenauskunft sowie nach den Beschränkungen des Bundesdatenschutzgesetzes. Künftig bleiben diese Möglichkeiten bestehen und werden in Bundesrecht überführt.
Allerdings wird im über das geltende Recht hinaus der Datenschutz verbessert. Denn künftig muss bei Melderegisterauskünften zum Zwecke von Werbung oder Adresshandel der Zweck angegeben werden. Die Daten dürfen dann nur zu diesem Zweck verwendet werden, eine Zweckentfremdung ist bußgeldbewehrt. Die geltende Rechtslage sieht eine solche weite Widerspruchslösung nicht vor. Nach dem geltenden Recht ist erst recht keine Einwilligung für Adresshandel oder Werbung erforderlich, sondern nur für Adressbuchverlage.
Jeder Bürger muss künftig bei der Anmeldung von seinem zuständigen Meldeamt darauf hingewiesen werden, dass er dieser Weitergabe – auch mit Wirkung für die Zukunft – widersprechen kann. Ein Widerspruch ist jedoch jederzeit, also auch nach der Anmeldung noch möglich. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit bestand bislang nur für Parteienwerbung. Die neue Regelung im Bundesmeldegesetz erweitert die Möglichkeit jedes Einzelnen, Herr seiner Daten zu bleiben. Durch die Pflicht zur Zweckangabe wird darüber hinaus die Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger gesteigert, da sie wie schon heute auch weiterhin selbstverständlich bei der Meldebehörde Auskunft darüber verlangen können, wie mit ihren Daten umgegangen wurde.
Die Nutzung der so erlangten Daten unterliegt im Übrigen selbstverständlich weiterhin dem Bundesdatenschutzgesetz. Damit besteht nach den Regeln des Bundesdatenschutzgesetzes ein Anspruch des Betroffenen, gegenüber einem Unternehmen Auskunft, Berichtigung und Löschung seiner Daten zu verlangen.

Frage: Warum wurde das alte Gesetz nicht einfach so gelassen wie es war?

Bei der Föderalismusreform 2006 wurde vereinbart, das Meldewesen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes zu überführen. Mit der Schaffung des Bundesmeldegesetzes wird nunmehr von der neu geschaffenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes Gebrauch gemacht. Damit soll gewährleistet werden, dass einheitliche Standards bei den Melderegistern eingeführt werden und mithin in einer mobiler werdenden Gesellschaft Bürokratie abgebaut und zudem den Bedürfnissen der Informationsgesellschaft auch in der öffentlichen Verwaltung entsprochen wird.
Daher war Ziel des Gesetzgebungsverfahrens, das geltende Recht quasi auf einen Nenner zu bringen und in Bundesrecht zu überführen. Das neue Melderecht bildet daher das geltende Recht aus den derzeit bestehenden Landesmeldegesetzen ab. Unberührt bleibt zudem die Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes, welches selbstverständlich nach wie vor auf die Datenverarbeitung in den Meldebehörden umfassend Anwendung findet.

Frage: Was unterscheidet der Vorwurf Ihrerseits aus 2009 gegenüber der damaligen Regierung gegenüber der jetzigen bzw. des Entwurfes und Genehmigung des Bundestages von diesem Gesetz?

Es freut mich, dass Sie sich an das Gesetzgebungsverfahren der letzten Legislaturperiode erinnern, damals noch unter der sog. Großen Koalition, mit dem eine Einwilligungslösung für die listenmäßige Abfrage von Adressdaten verankert werden sollte. Dies scheiterte damals am Widerstand der Unionsfraktion. Die FDP-Fraktion, die damals in der Opposition war, wurde hingegen für ihren Einsatz für eine Einwilligung seitens der Werbewirtschaft und der Adresshändler scharf kritisiert, was aber an der Haltung der Liberalen nichts änderte. Auch dieses Mal hat die FDP sich für eine Einwilligungslösung eingesetzt. Politik heißt in einer Koalition jedoch auch, einen Konsens herstellen zu können. Dabei kommen nicht immer die von dem einen oder anderen Koalitionspartner geforderten Maximallösungen heraus. Das hat mit der Einflussnahme von Lobbyisten, wie dies gemutmaßt wurde, nichts zu tun. Die FDP-Fraktion konnte aber schließlich einen Kompromiss dahingehend erzielen, dass ein neues gesetzliches Widerspruchsrecht gegen Werbung und Adresshandel verankert wird. Dieses wird voraussetzungslos gewährt, d.h. der Bürger muss nicht begründen, warum er will, dass seine Daten nicht weitergegeben werden. Damit wurde bereits eine Verbesserung für den Datenschutz erzielt, auch wenn sich die FDP in der Koalition mit ihrer Maximalforderung nicht durchsetzen konnte.
Zudem wurde in dem neuen Gesetz verankert, dass eine strikte Zweckbindung mit Bußgeldbewehrung eingeführt wird.
Frage: In wie weit ist die FDP nun noch Partei des Daten- und Verbraucherschutzes aus Ihrer Sicht wenn Sie diesem Gesetz zugestimmt hat?
Die FDP-Fraktion hat stets für mehr „FDP“ und damit für auch für mehr Daten- und Verbraucherschutz in allen Gesetzen kämpft. Mit dem Bundesmeldegesetz ist dank unseres Einsatzes ein Stück mehr Datenschutz verankert worden.
Die FDP-Fraktion erwartet nun von den Ländern, sich im Sinne einer Stärkung des Datenschutzes im Melderecht nicht nur im Bundesrat zu verhalten, sondern auch in ihren eigenen Ländern entsprechend zu handeln. Es ist insbesondere von den Regierungen unter SPD-Beteiligung scheinheilig, Einwilligungen zu fordern, in den eigenen Landesgesetzen aber keine vorzusehen.
Einem Vorschlag des Vermittlungsausschusses für den Einwilligungsvorbehalt wird die FDP-Fraktion, die sich damit mit ihrer ureigensten Position endlich vollständig durchsetzen könnte, im Bundestag gerne zustimmen.
Weitere Informationen finden Sie im Flugblatt der Bundespartei: http://www.fdp.de/files/1463/Melderecht.pdf
Ebenso steht Ihnen ein Liberales Argument der FDP-Bundestagsfraktion zur Verfügung: http://www.fdp-fraktion.de/files/252/29-Datenschutz_im_Melderecht.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Gisela Piltz