Frage an Gisela Piltz von Dominik S. bezüglich Recht
Ein Thema, welches durch §44 Bundesmeldegesetz völlig untergegangen ist:
Wieso wurden beim Thema Soldaten weder der Wehrbeauftragte, noch Vertreter der Soldaten noch der Verteidigungsausschuss angehört? Warum wurde von einer Partei der Freiheit und einer Partei gegen Bürokratie der aktuelle Gesetzesentwurf unterstützt? Ist ihnen bekannt, dass dadurch einem unverheirateten Zeitsoldaten der sich politisch engagieren möchte, vorgeschrieben wird, wo er das zu tun hat? Das durch das ständige Um- und Abmelden unheimliche kosten und Arbeit auf jeden betroffenen Soldaten zu kommen? Wieso wird von der FDP dem Soldaten eine Gesetz aufgedrängt, dass vorschreibt, wo er absofort seinen Lebensmittelpunkt zu haben hat? Dass dadurch noch zusätzliche finanzielle Einbußen beim ohne hin nicht gerade gut angesehenen Beruf des Soldaten eintreten, ist hierbei noch nicht mit eingerechnet. Sie sind davon nicht betroffen. Haben sie sich in die Lage der Soldaten mal versetzt? Haben sie sich überlegt, wie das ein Soldat seiner Freundin erklären kann, dass die gemeinsame Wohnung aufgelöst werden muss, weil er für ein Jahr versetzt wird, und sich deshalb ummelden muss, dass dadurch keine Ausgleichsgelder (Trennungsgeld, Familienheimfahrten) ihm zur Verfügung stehen, er durch die Versetzung sich die zusätzliche Steuer für einen 2. Wohnsitz nicht leisten kann und durch die finanziellen Einbußen eben nicht jedes Wochenende sich auf die Autobahn begeben kann und quer durch die ganze Republik fährt?
Wie kann es sein, dass die FDP hier ein Gesetz verabschiedet, über das ALLE Vertreter der Bundeswehr nur noch den Kopf schüttel können, weil es fern ab der Realität beschlossen wurde?
Ich hoffe auf eine ausführliche Antwort zu einem sehr wichtigen aber leider untergegangenen Thema.
Mit freundlichen Grüßen
Dominik Seitz
Sehr geehrter Herr Seitz,
gerne antworte ich auf Ihr Schreiben zum Bundesmeldegesetz, in dem Sie Ihre Besorgnis bezüglich der Meldepflicht für Soldatinnen und Soldaten, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, darlegen.
Bislang ist das Melderecht in 16 Landesmeldegesetzen geregelt. Durch die Föderalismusreform wurde das Meldewesen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes überführt, so dass nun ein einheitliches Bundesmelderecht geschaffen wurde.
Ziel des Gesetzgebungsverfahrens war keine grundlegende Änderung des geltenden Rechts, sondern die Erfüllung der Zielvorgabe der Förderalismusreform. Immer mehr Menschen sind aus privaten oder beruflichen Gründen heute viel mobiler als früher, zudem ist in der modernen Verwaltung die Standardisierung von Daten für eine schnelle und unbürokratische Bearbeitung von Bürgeranliegen erforderlich. Beiden Zielvorgaben wird das vorgesehene Melderecht gerecht.
Das neue Bundesmelderecht, welches ab 2014 gilt, betrifft Sie wie jeden anderen Einwohner unseres Landes. Dabei wurden wie bereits in den heute geltenden Landesmeldegesetzen unterschiedliche Fallgruppen gebildet, für die besondere melderechtliche Regelungen gelten. Für Soldatinnen und Soldaten wird dabei die in der überwiegenden Zahl der heutigen Landesmeldegesetze bestimmt, dass bei Stationierung in Gemeinschaftsunterkünften für eine Zeitdauer von unter als sechs Monaten ausnahmsweise keine Meldepflicht am Ort der Unterbringung entsteht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei Stationierung für einen längeren Zeitraum als ein halbes Jahr die üblichen Regeln anzuwenden sind, wonach dort, wo ein steter und dauerhafter Aufenthalt begründet wird, eine Meldepflicht besteht.
Dabei ist eine Meldepflicht nicht zu verwechseln mit der Frage, wo der Erst- und ggf. ein Zweitwohnsitz besteht. Verheiratete Soldaten etwa müssen nicht etwa ihren Erstwohnsitz aufgrund der Vorschrift verlegen, da wie bei allen Einwohnern nach § 22 des neuen Gesetzes die Familienverhältnisse zu berücksichtigen sind. Insoweit ändert sich auch hier nichts an der geltenden Rechtslage.
Bereit in den Beratungen im Bundesrat war darauf hingewiesen worden, dass die Kommunen, die Bundeswehrstandorte haben, an der Meldepflicht festhalten wollen. Ein Wegfall der Meldepflicht – und mithin ein entsprechendes Absinken der Einwohnerzahl – hätte zur Folge, dass die Kommunen beim Finanzausgleich, der sich auch an der Einwohnerzahl orientiert, mit erheblichen Einbußen zu rechnen gehabt hätten, während sie zugleich nach wie vor in der Pflicht gewesen wären, die nötige Infrastruktur wie etwa eine ÖPNV-Anbindung bis zum Kasernentor oder auch Freizeitangebote wie Schwimmbäder oder öffentliche Bibliotheken für die dann jedoch nicht in der Kommune gemeldeten Soldatinnen und Soldaten vorzuhalten.
Darüber hinaus gilt für Soldatinnen und Soldaten, die aus dienstlichen Gründen versetzt werden, aber nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind, ohnehin die übliche Meldepflicht, so dass diese sich umgehend nach Umzug in der neuen Kommune melden müssen. Nach wie vor werden im Vergleich dazu Soldatinnen und Soldaten in Gemeinschaftsunterkünften durch die sechsmonatige Ausnahmeregelung privilegiert.
Für Sie bietet die Beibehaltung der Anmeldung am Ort der Gemeinschaftsunterkunft den Vorteil, dass Sie notwendige Behördengänge wie etwa die Beantragung eines neuen Personalausweises oder Passes am Ort Ihrer Stationierung vornehmen können. Gerade für die vielen Soldatinnen und Soldaten, die nur am Wochenende den Stationierungsort verlassen, wären Behördengänge ansonsten erheblich erschwert.
Sorgen über Ansprüche in ihrer ursprünglichen Heimatkommune, etwas im Bezug auf einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz oder die Einschulung Ihrer Kinder, müssen Sie sich nicht machen. Nicht nur ist, wie bereits oben ausgeführt, die Frage der Meldepflicht nicht gleichzusetzen mit der Festlegung von Erst- und Zweitwohnsitz, sondern gerade bei Ansprüchen auf soziale Leistungen der Heimatkommune ist der Wohnsitz der Kinder selbstverständlich ein entscheidendes Kriterium.
Schließlich ist auch über die Frage des kommunalen Wahlrechts eine Aussage allein aufgrund der Meldepflicht nicht getroffen. Auch dies hängt davon ab, wo Ihr Erst- und wo der Zweitwohnsitz angemeldet ist.
Das neue bundeseinheitliche Meldegesetz führt das geltende Recht in Bundeskompetenz fort. Änderungen im Vergleich zu geltenden Rechtslage ergeben sich daraus im Hinblick auf Soldatinnen und Soldaten nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Piltz