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Gisela Piltz
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Frage von stefan p. •

Frage an Gisela Piltz von stefan p. bezüglich Wirtschaft

Hallo Frau Piltz,

150 seriöse Wirtschaftswissenschaftler warnen vor der Bankenrettung im EU-Raum und
die Bundespolitik schweigt dazu.
Haben Sie keine Angst das dieses Thema von intelligenten Rechten (und nicht diesen
Idioten von NPD usw) aufgegriffen wird?
Eins muß doch jedem klar sein:
Die Zukunft unserer Wirtschaft hängt nicht von Griechenland,Italien oder Spanien ab,
sondern von Amerika,Asien und dem "nördlichen"Europa
Ich würde einer solchen Partei direckt meine Stimme geben und denke ca 35 Prozent
der übrigen Wähler auch.
Hier wird der Deutsch Nationalismus regelrecht heraufbeschwört den es geht um unser
Geld und da hört die Freundschaft bekanntlich auf.
denke Sie mal drüber nach,

mfG
Stefan Pohle

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Pohle,

lassen Sie mich auf Ihre Frage etwas umfangreicher antworten, zumal Sie darin grundlegende Fragen der Eurostabilisierung ansprechen.

Der jüngst beschlossene Kredit an Spanien zur Rekapitalisierung von spanischen Finanzinstituten hat folgenden Hintergrund: In der Tat ist die Stützung des nationalen Bankensystems zuerst die Aufgabe der Mitgliedstaaten selber. Der spanische Staat hat jedoch aufgrund seines immobilienkrisenbedingten, nationalen Bankenproblems derzeit enorme Schwierigkeiten, die für eine Restrukturierung der nationalen Finanzinstitute notwendigen Finanzmittel am Kapitalmarkt aufzunehmen, bzw. sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Damit handelt es sich zwar vordergründig um ein Bankenproblem, jedoch in dessen direkter Folge um ein staatliches Finanzierungsproblem. Hierdurch wiederum drohte Spanien als viertgrößte Volkswirtschaft Europas bei seiner Refinanzierung selber in Gefahr zu geraten, was entsprechende Ansteckungsgefahren auf die Eurozone insgesamt impliziert. Dementsprechend haben die EZB, die EU-Kommission, die EBA und der IWF die Unabweisbarkeit des Stabilisierungsprogramms bestätigt.

Damit ist diese Maßnahme, wie alle bisherigen Eurostabilisierungsmaßnahmen zuvor auch, unerlässlich zur Erhaltung der Stabilität in der Eurozone.

Man muss sich aber auch die (Ihre) Frage stellen, was denn die konkrete Alternative zu den Stabilisierungsmaßnahmen und Vorhaben der christlich-liberalen Koalition in ihrer Konsequenz bedeuten würde. Und ich bin der Ansicht, dass diese Maßnahmen keinesfalls alternativlos sind, man muss sich nur die Mühe machen, die Alternativen auch in ihren konkreten Konsequenzen zu durchdenken.

Die erste Folge einer ungeordneten Insolvenz eines Mitgliedsstaates wäre, dass Inhaber der entsprechenden Staatsanleihen diese Papiere abschreiben müssten. Dies würde Banken, Versicherungen, Rentenfonds und damit fast jeden Privatanleger insbesondere bei Fragen der Altersvorsorge treffen.

Die zweite Folge wäre, dass der Kapitalmarkt einen negativen Lerneffekt erzielt und fortan bei bestimmten Staaten Kredite nur noch gegen erhebliche Zinsaufschläge zur Kompensation des Ausfallrisikos gewährt. Hierdurch würden andere schwächere Staaten aufgrund immer höherer Refinanzierungskosten gewissermaßen einen Insolvenzbeschleuniger erfahren. Die Folge könnte eine Kaskade wirtschaftlich zusammenbrechender Staaten sein, die aus dem Euroraum aussteigen, ihre eigene Währung einführen und diese erheblich abwerten müssten. Eine solche Kaskade würde wiederum die Banken, Versicherungen, Rentenfonds und damit hauptsächlich Privatanleger treffen, da die Anleihen trotz eines Währungswechsels noch immer in Euro dotiert sind und entsprechend kaum zum halbwegs akzeptablen Wert abgelöst werden dürften.

In der Folge droht der Zusammenbruch eines ganzen Wirtschaftsraums, der insbesondere die hauptsächlich am Export orientierte, deutsche Volkswirtschaft treffen würde. In der Konsequenz eines derartigen Szenarios wäre mit starker Inflation und Massenarbeitslosigkeit auch hierzulande zu rechnen. Wer dann am langen Ende der Leidtragende dieser Entwicklung sein dürfe, ahnen Sie sicher bereits- der Steuerzahler in Deutschland!

Vor diesem Hintergrund erscheint der ernsthafte Versuch, einen in Schwierigkeiten geratenen Mitgliedsstaat zunächst zu stützen und ihm gleichzeitig eine Sanierungskur zur Erreichung gesunder Strukturen und damit dauerhafter eigener Stabilität angedeihen zu lassen, weitaus weniger risikoreich für unsere deutschen Interessen. Daher müssen wir mit geeigneten Institutionen und Regeln vorsorgen, die eine Kettenreaktion vermeiden und den Zusammenbruch des Wirtschaftsraums gar nicht erst zulassen.

Solidarität ist jedoch keine Einbahnstraße! „Conditio sine qua non“, also absolute Bedingung jedweder Hilfeleistungen muss ein tragfähiges und zukunftsweisendes Anpassungsprogramm für den hilfesuchenden Mitgliedstaat sein, das ihm rasch zu eigener Kreditwürdigkeit am Kapitalmarkt verhilft. Im Falle Spaniens ist dies ein umfangreiches sektorales Restrukturierungsprogramm für deren Bankensystem, dass unter dem Eindruck der dortigen Immobilienkrise einen erheblichen Korrektur- und Bereinigungsbedarf hat.

Wer Hilfe beansprucht, weil er seine strukturellen Hausaufgaben in der Vergangenheit liegen ließ, kann auf Solidarität anderer Staaten nur hoffen, wenn er seinerseits Solidität bei seinem Sanierungsprogramm zeigt. Deshalb haben wir als FDP durchgesetzt, dass vor jedweder Hilfsmaßnahme immer ein zwischen dem Mitgliedstaat und IWF, der Kommission und der EZB einvernehmlich ausgehandeltes Sanierungsprogramm stehen muss.

Aus meiner Sicht muss aber klar sein, dass es nicht fortgesetzte Hilfen für ein Land geben darf, falls sich herausstellen sollte, dass dieses seine Schulden nicht aus eigener Kraft wird zurückzahlen können. Es darf nicht dazu kommen, dass ein insolventes Land dauerhaft von der internationalen Gemeinschaft finanziell unterhalten wird. Hier kommt der Schuldentragfähigkeitsanalyse des Internationalen Währungsfonds eine entscheidende Bedeutung zu.

Für die FDP-Bundestagsfraktion ist ferner die Wahrung der Parlamentsrechte besonders wichtig. Das Recht, über Einnahmen und Ausgaben des Staates zu entscheiden, ist das Königsrecht des Parlaments. Es ergibt sich direkt aus dem Demokratiegebot, welches in Art. 20 Grundgesetz verankert ist.

Bei der Einrichtung der vorübergehenden EFSF aber auch des dauerhaften Euro-Stabilisierungsmechanismus „ESM“ hat die FDP-Bundestagsfraktion, auch vor dem Hintergrund der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, ein Maximum an parlamentarischer Entscheidung durchgesetzt.

Alle Entscheidungen der EFSF aber auch später des ESM, die das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages berühren, müssen durch einen strikten Parlamentsvorbehalt abgesichert und damit demokratisch legitimiert werden.

Lassen Sie mich aber auch darauf eingehen, wie die Opposition die Euroschuldenkrise meistern möchte. Hierbei sei erwähnt, dass SPD und Grüne übrigens maßgeblich selber zu dieser Verschuldungskrise beigetragen haben, indem sie die Aufnahme Griechenlands in die Eurozone ohne wirkliche Überprüfung der Erfüllung von Aufnahmebedingungen trotz berechtigter Zweifel und Warnungen seinerzeit aus falsch verstandener Solidarität geschehen ließen und den Stabilitäts- und Wachstumspakt in ihrer Regierungszeit aufgrund eigener haushaltspolitischer Inkompetenz in fataler Weise aufgeweicht haben.

Führende Vertreter von SPD und Grüne gerieren sich nun aber als große Lehrmeister und fordern die Einführung von Eurobonds, eines Schuldentilgungsfonds, eine Banklizenz für den ESM und größeren Hilfsprogrammen zu günstigeren Konditionen für die Schuldnerländer. Sie beklagen das schlechte Image der Deutschen bei einzelnen Ländern im Mittelmeerraum und würden gerne noch umfangreichere Kredite, jedoch am besten ohne harte Sanierungsbedingungen, an andere Länder vergeben. Wären sie an der Regierung beteiligt gewesen, hätten wir schon heute eine Haftungsgemeinschaft in der Eurozone für alle Schulden und damit dauernde, erhebliche Transfers des deutschen Steuerzahlers in andere Euro-Länder.

Deutschland hat seine strukturellen Hausaufgaben, nicht zuletzt mit der Agenda 2010, die die FDP konstruktiv als damalige Opposition begleitet hat, zu einem wesentlichen Teil, unter schmerzhaften Entbehrungen, bereits gemacht. Diesen anstrengenden Gesundungsprozess nun anderen Staaten ersparen zu wollen, wie SPD und Grüne es ganz offensichtlich vorhaben, indem sie aus falsch verstandener Solidarität bedingungslose Geldgeschenke machen wollen, ist nicht nur unehrlich gegenüber dem hilfebedürftigen Mitgliedsstaat, sondern vor allem ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler in Deutschland!

Die FDP-Bundestagsfraktion hingegen pocht bei diesem Balanceakt auf die bestmögliche Wahrung der Interessen der Steuerzahler in Deutschland. Bei den Maßnahmen zur Stabilisierung der Eurozone finden sich wesentliche, von der FDP immer wieder geforderte, Strukturmerkmale wieder. So haben wir erreicht,

• dass Hilfskredite nur unter strengen Sanierungsauflagen gewährt werden dürfen,

• dass der Internationale Währungsfonds mit seiner unabhängigen Expertise und seinen strenge Kriterien beteiligt wird,

• dass Hilfsmaßnahmen nur einstimmig ausgelöst werden dürfen, d.h. dass der Deutsche Bundestag ein Vetorecht bei allen neuen Programmen oder Kapitalerhöhungen hat,

• dass über die Einführung besonderer Abstimmungsregeln (sog. Collective Action Clauses) eine angemessene Gläubigerbeteiligung im Rahmen des ESM möglich bleibt.

Die FDP hat ferner verhindern können, dass sog. „Eurobonds“ oder ein Schuldentilgungsfonds beschlossen werden, die eine gesamtschuldnerische Haftung der Staaten der Eurozone für Schulden anderer Eurostaaten vorsehen.

Es war keineswegs selbstverständlich, dass sich ein kleinerer Koalitionspartner in einem von 27 EU-Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene soweit durchsetzen konnte.

Die FDP wird sich als Europapartei auch weiterhin mit aller Energie dafür einsetzen, dass die der Verschuldungskrise zugrundeliegenden Probleme gelöst und nicht auf die nächste Generation verschoben werden. Denn es ist keineswegs derjenige der bessere Europäer, der mit immer neuen Hilfsprogrammen die Solidarität der solider wirtschaftenden Länder überfordert und damit auch diese in den Abgrund der Überschuldung treibt, bis die Eurozone daran zerbricht.

Daher haben wir auf europäischer Ebene mit dem Fiskalvertrag die damals von Rot-Grün betriebene Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes wieder beseitigt und ein in sich widerstandfähigen Stabilitätsmechanismus in Europa durchgesetzt und damit eine völlig neue und solide Stabilitätsarchitektur geschaffen.

Wir werden auch weiterhin dafür kämpfen, dass die Steuerzahler trotz der Verschuldungskrise so wenig wie möglich belastet werden.

Die FDP ist und bleibt die Partei der Europäischen Integration und der Wirtschaftskompetenz. Gemeinsame Konzepte für stabilitätsorientierte Haushalts- und Wirtschaftspolitiken im Euro-Währungsgebiet sind die Grundlage dafür, Verschuldungskrisen einzudämmen und künftig zu vermeiden. Nur so können wir Europa gemeinsam erfolgreich gestalten, die Europäische Integration fortsetzen und verfestigen.

Weitere Fragen, die uns wichtig sind, können Sie den beigefügten Beschlüssen des Deutschen Bundestages vom 17.03.2011, vom 10.06.2011 und vom 27.02.2012 (BT-Drs. 17/4880, 17/6163 und 17/8739) und dem Beschluss des FDP Bundesparteitags vom 15.05.2011 entnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Piltz