Frage an Gesine Multhaupt von Ralf S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Multhaupt!
Was wird Ihre Partei tun, um endlich dafür zu sorgen, das das Kindschaftsrecht reformiert wird?
Werden Sie Gesetze geschaffen, die den Erziehenden verpflichten, den Umgang mit dem Kind, notfalls unter Durchführung von Strafen, zu ermöglichen?
Bitte um Stellungnahme!
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Schmidt
Die noch nicht veröffentlichten Ergebnisse der Begleitforschung zur Umsetzung der Kindschaftsrechtsreform in der Praxis belegen - soweit sie uns bekannt sind - eindeutig, dass die Kindschaftsrechtsreform von 1998 ein Erfolg war. Rund 75% der Eltern leben heute nach einer Trennung mit ihren minderjährigen kindern im gemeinsamen Sorge-Modell. Eine große Reform der Kindschaftsrechtsreform von 1998 halten wir daher nicht für notwendig.
Dies schließt nicht aus, dass in Teilbereichen Änderungen erforderlich sind. Zu prüfen ist beispielsweise, ob das Umgangsrecht besser durchgesetzt werden kann. Unserer Meinung nach ist das A und O jedoch die Verständigung zwischen den Eltern der Kinder, alles andere sind abgeleitete Probleme, die sich ergeben, wenn Konflikte da sind. Daher halten wir es für sinnvoll, dass Eltern in Trennungsphasen und auch danach Beratungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen, auch Mediation hat sich als sinnvolles Instrument erwiesen.
Wenn die Eltern sich hinsichtlich des Umgangs mit dem gemeinsamen Kind nicht einigen können, kann das Familiengericht gemäß § 1684 Abs. 3 BGB über Art, Dauer und Häufigkeit des Umgangs entscheiden. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass zum Wohl des Kindes der Umgang mit beiden Eltern gehört. Diese gesetzliche Vermutung ist für den das Umgangsrecht begehrenden Elternteil vorteilhaft, da er nicht darzulegen hat, dass sein Umgang dem Wohl des Kindes dient. Im Gegenteil: Der Umgang kann nur ausgeschlossen oder ausgesetzt werden, wenn er dem Kindeswohl schadet.
Aus der vom Gericht getroffenen Regelung muss deutlich werden, welche Rechte und Pflichten jeder Umgangsbeteiligte hat. Wenn der betreuende Elternteil den Umgang verweigert, kann die Umgangsregelung auf Antrag des anderen Elternteils vollstreckt werden. § 33 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) sieht bei Verstoß gegen die Umgangsregelung zunächst die Verhängung eines Zwangsgeldes vor. Es handelt sich hierbei um Beugemittel, welches immer wieder verhängt werden kann. Die Verhängung eines Zwangsgeldes ist wirkungslos, wenn der Umgangsverweigernde Elternteil kein Geld hat, sie ist möglicherweise wirkungslos, wenn er ausreichend viel Geld hat. Im ersten Fall geht die Vollstreckung des Zwangsgeldes ins Leere, im zweiten Fall zahlt er vielleicht lieber Zwangsgeld als den Umgang zu gewähren.
§ 33 Abs. 1 FGG sieht zudem die Zwangshaft vor. Die Gerichte üben bei der Anordnung von Zwangshaft jedoch Zurückhaltung, da die Inhaftierung des betreuenden Elternteils nicht im Interesse des Kindes sein kann.
Es gibt einen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) aus dem Juni 2005, der sich der Problematik der Umgangsverweigerung der mangelhaften Effektivität der Vollstreckung angenommen hat. Die Erfolgsaussichten des Entwurfs hängen jedoch vom Ausgang der Bundestagswahl ab.
Der Entwurf sieht vor, dass zukünftig zur Zwangsweisen Durchsetzung von Herausgabe- und Umgangsanordnungen im Regelfall ein Ordnungsgeld (in Höhe von maximal 25.000 Euro) und im Falle mangelnder Erfolgsaussicht Ordnungshaft anzuordnen ist. Damit soll die Vollstreckung effektiver werden. Anders als Zwangsmittel dienen Ordnungsmittel nicht ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person, sondern haben daneben Sanktionscharakter. Deshalb können sie auch dann noch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels soll nach dem Entwurf nur dann unterbleiben, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Er hat die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Vollstreckung darstellen, im Einzelnen darzutun. Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommen ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder eine nachträgliche Aufhebung nicht in Betracht. Beruft sich ein Elternteil auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, muss er im Einzelnen darlegen, wie er auf das Kind eingewirkt hat und alles in seiner Macht stehende getan hat, um das Kind zum Umgang zu bewegen.
Nach geltendem Recht besteht zudem die Möglichkeit, bei schwerwiegenden Umgangskonflikten einen Umgangspfleger zu bestellen. Dem Umgangsverweigernden Elternteil wird die elterliche Sorge für den Bereich des Umgangs nach § 1666 BGB entzogen und dafür ein Ergänzungspfleger eingesetzt. Der Referentenentwurf zum FGG-Reformgesetz will diese sog. Umgangspflegschaft nun ausdrücklich gesetzlich regeln. Eine Umgangspflegschaft soll bei einer dauerhaften oder wiederholt erheblichen Beeinträchtigung der in § 1684 Abs. 2 BGB estgeschriebenen Wohlverhaltenspflicht angeordnet werden können. Sie soll zwar auf Fälle beschränkt sein, in denen der betreuende Elternteil das Umgangsrecht des getrennt lebenden Elternteils in erheblicher Weise vereitelt. Die bisher hohe Schwelle der Kindeswohlgefährdung müsste jedoch nach dem Entwurf zukünftig nicht mehr erreicht werden.
Alle Verbesserungsbemühungen des Gesetzgebers sind jedoch von der Einsicht getragen, dass keine noch so gute gesetzliche Regelung eine am Wohl des Kindes orientierte einvernehmliche Regelung beider Elternteile ersetzen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Constanze Clodius, Mitarbeiterin