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Gesine Multhaupt
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Frage von Wolfgang T. •

Frage an Gesine Multhaupt von Wolfgang T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Multhaupt,

wie ich in der NWZ lesen musste möchte die Koalition die Diäten der Parlamentarier des Bundestages um rund 10 % bis Ende 2009 erhöhen. Wie meinen Sie diese Steigerung unter folgenden Gesichtspunkten rechtfertigen zu können:
-Zu meiner Person: Ich bin Bundesbeamter bei der Telekom (Telekom-Beamter) und werde mit einer Kürzung meiner Einkünfte um 8 % leben müssen. Sie als Regierungs-Koalition tragen die Kürzung der Telekom-Beamten maßgeblich mit, denn alle zu unserer Verschlechertung anstehenden Reformen haben Sie zugestimmt. Ferner möchten Sie meine Pensionen kürzen, denn seit ich Beamter bin (1991) ist die für die volle Pension notwenige Dienstzeit von 35 auf 40 Jahre erhöht worden und Sie planen eine weitere Erhöhung auf 45 Jahre. Selbst die 40 Dienstjahre werde ich nie erreichen können. Fazit: Sie planen die Absenkung meiner Pensionsansprüche und habe mir eine Gehaltskürzung zugemutet.
-Die Höhe Ihrer Diäten-Steigerung entspr. in etwa der Summe die einem Hartz IV-Empfänger im Monat zur Verfügung steht (Hartz IV samt Mietzuschuß etc.). Das bedeutet Sie stecken die Summe zusätzlich ein wovon andere Menschen überleben müssen.
-Viele Menschen in diesem Land können von dem Lohn ihres Ganztags-Jobs nicht mehr leben weil der Verdienst zu gering ist. Und täglich werden es mehr, die Koalition spricht sich jedoch gegen die Einführung vom Mindestlohn aus.
Auf Ihre Antwort bin ich gespannt.

Mit feundlichen Grüßen Wolfgang Thoben

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Thoben,

ich bedanke mich für Ihre Frage und möchte sie hiermit beantworten. Sie kritisieren die steigenden Einkommen der Bundestagsabgeordneten. Gerne möchte ich Ihnen meine Meinung zur Höhe der Abgeordnetenentschädigung, den Diäten, mitteilen. Abgeordnete haben nach Artikel 48 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz und der ständigen Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung und eine entsprechende Altersentschädigung, die der Besoldung erfolgt. Beide wurden zuletzt am 1.1.2003 angehoben.
Es war richtig, dass die Abgeordneten wegen der in den letzten Jahren angespannten wirtschaftlichen Lage die Entschädigung und die Altersentschädigung seit dem Jahre 2003 nicht angehoben haben. Jetzt wächst die Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit sinkt. Löhne und Gehälter steigen allmählich wieder, was die jüngsten Tarifabschlüsse in der Metallindustrie, der Chemiebranche und dem Baugewerbe zeigen. Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist auch eine Anhebung der Entschädigung vertretbar. Deshalb hat der Bundestag am 16.11. dem Gesetzentwurf zur Änderdung des Abgeordnetengesetzes zugestimmt. Mein Eindruck ist, dass in der Öffentlichkeit die Höhe der Abgeordnetenentschädigung letztlich weit überwiegend akzeptiert wird – wenn auch natürlich nicht von allen.
Wie auch öffentlich stark kritisiert wird, ist es unglücklich, dass die Abgeordneten selbst über die Höhe von Entschädigung und Altersentschädigung entscheiden. Im Rahmen des geltenden Grundgesetzes ist es nicht möglich, die Entscheidung über die Höhe der Diät auf andere zu übertragen. Der Deutsche Bundestag muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst über jede Erhöhung der Entschädigung vor den Augen der Öffentlichkeit durch Gesetz entscheiden. Als Orientierungsgröße für die Abgeordnetenentschädigung soll aber künftig nur noch das monatliche Grundgehalt der kommunalen Wahlbeamten (Bürgermeister) und Bundesrichter ohne die anteiligen Sonderzahlungen gelten. Es besteht die Hoffnung, dass wenn in Zukunft die Abgeordnetenentschädigung dauerhaft den Vergütungen der Bürgermeister von Städten und von Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern und der Bundesrichter folgt, die für die parlamentarische Demokratie notwendige Akzeptanz für die konkrete Höhe der Entschädigung der Abgeordneten allmählich wächst und deutlich wird, dass die Gesetze des Bundestages zur Entschädigung der Abgeordneten nicht als „Selbstbedienung“ beschrieben werden können.

Mit freundlichen Grüßen,

Gesine Multhaupt