Frage an Gesine Multhaupt von Erhard S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Multhaupt,
vorab eines, damit nicht irgendwelche eventuellen Scheuklappen an der Antwort hindern: Ich bin nicht von der Linkspartei (auch nicht von der SPD) und übe einen wirtschaftsnahen Beruf aus und bin auch nicht unbedingt ein strikter Befürworter von Mindestlöhnen, weil ich auch die Kontra-Positionen kenne. Aber wogegen ich etwas habe: dass man im Stadtteil anders redet als im Bundestag. Davon habe nämlich nicht nur ich die Schnauze voll, und das ist der Grund, warum die Beteiligung bei Wahlen immer mehr in den Keller rauscht.
Heute bin ich erneut am SPD-Schaukasten in der Cloppenburger Straße vorbei gekommen und habe das Plakat gegen Dumpinglöhne gesehen, das ja auch Unternehmer abbildet.
Im Bundestag hat diese Woche Ihre Fraktion mehrheitlich gegen den Antrag gestimmt, der angeblich genau dem SPD-Aufruf für Mindestlöhne entsprochen haben soll.
Bitte erläutern Sie Ihr Abstimmungsverhalten und die Gründe hierfür.
Freundliche Grüße
Erhard Stammberger
Sehr geehrter Herr Stammberger,
Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Anfrage, die Ich für sehr berechtigt halte. Gerne möchte Ich Ihnen meine Antwort hierzu mitteilen.
Für mich sind Mindestlöhne ein unerlässliches Instrument, um in Deutschland Armutslöhne zu verhindern und ein Existenz sicherndes Einkommen zu eröffnen.
Trotzdem haben meine Kollegen der SPD-Fraktion und Ich bei dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit Nein gestimmt. In dem Antrag wurden bewusst Forderungen zum Mindestlohn von der SPD vom März 2007 übernommen, in dem Bewusstsein, dass diese Maßnahme zu nichts weiter als einer Provokation führen würde. Effektive Politik ist nur mit Besonnenheit und Vernunft zu führen. Dazu gehört selbstverständlich nicht, auf die Brüskierungen der Linken einzugehen, indem Wir als Fraktion den vereinbarten Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU durch die Abkehr von einem einheitlichen Abstimmungsverhalten brechen. Nur in der Koalition und durch ein gemeinsames Vorgehen – trotz zahlreicher unterschiedlicher Vorstellungen in Sachfragen, unter anderem auch beim Mindestlohn – ist es uns möglich, unsere sozialdemokratischen Ziele durchzusetzen.
Wir haben in dieser Koalition Kontinuität bewiesen und wichtigen Reformen eine sozialdemokratische Handschrift gegeben, wie beispielsweise dem Elterngeld, der Unternehmenssteuerreform und der Gesundheitsreform. Auch die Beibehaltung des Atomausstiegs, der Erhalt des Kündigungsschutzes und die bessere Förderung von Handwerkern sind sozialdemokratische Erfolge, die nur durch eine stabile Mehrheit zustande kommen konnten. Diese brauchen Wir auch weiterhin für jene Reformen, die Wir noch vor der nächsten Bundestagswahl angehen wollen.
Ich bin sehr zufrieden mit der Arbeit meiner Partei innerhalb der Regierungskoalition. Das Thema Mindestlohn ist für uns noch lange nicht vom Tisch. Weil Wir davon überzeugt sind, dass diejenigen, die Vollzeit arbeiten auch davon leben können müssen, werden Wir weiterhin für die Einführung eines generellen Mindestlohns in Deutschland kämpfen. Jedoch nicht auf dem Niveau, welches uns die Partei DIE LINKE aufzudrücken versucht, sondern mit Besonnenheit, Vertragstreue und stabilen Mehrheiten.
Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses von letzter Woche zeigen, dass Wir damit den richtigen Weg gehen. Wir haben bei einigen unserer Forderungen Einigkeit erzielt, zum Beispiel was die Öffnung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes betrifft. Dies ist ein wichtiger Schritt, zumal sich die Union spürbar in unsere Richtung bewegt hat. Uns stehen harte Verhandlungen bevor, aber dennoch möchte Ich mich der Prognose von Bundesminister Franz Müntefering anschließen und sagen, der Mindestlohn wird kommen.
Ich hoffe, Ihnen mit meinem Schreiben eine befriedigende Antwort gegeben zu haben.
Sollten Sie noch Fragen haben, stehen Wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Gesine Multhaupt