Frage an Gesine Meißner von Hartmut Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Meißner,
die Kommunen erwarten für 2016 733 000 Asyleinwanderer: http://www.mainpost.de/ueberregional/politik/zeitgeschehen/730-000-Fluechtlinge-im-Jahr-2016-erwartet;art16698,9282730 Kürzlich wurde bekannt, dass die CSU auf Obergrenzen für Asyleinwanderer verzichten möchte: http://www.n-tv.de/politik/CSU-Vize-findet-Obergrenze-ueberfluessig-article18160116.html Wie passt das zusammen?
Ständig wird darüber gesprochen, dass mehr gebaut werden soll. Aber ich kenne viele, die seit Jahren keine adäquate Wohnung bekommen. In meiner Selbsthilfegruppe gibt es Patienten, die seit Monaten auf Arzttermine warten. Aus meiner Sicht sind die Schulen, die Ämter usw. mit den Zuwanderungszahlen weiterhin überfordert.
2014 kamen 1,46 Mio. Menschen ins Land: http://www.sat1.de/news/politik/deutschland-hoechste-zuwanderung-seit-1992-103242
2015 über 2 Mllionen: http://www.focus.de/politik/videos/die-rekorde-taeuschen-2-millionen-zuwanderer-sind-ein-rekord-doch-die-echten-zahlen-liegen-noch-hoeher_id_5375405.html
Mutßmalich wurden 500 000 Asyleinwanderer in 2015 nicht registriert: http://www.wiwo.de/politik/deutschland/deutschland-bis-zu-500-000-unregistrierte-fluechtlinge/13403228.html
Aus meiner Sicht ist der Grund für die schlechtere Stimmung, für Pegida und für die AfD Wahlerfolge leicht zu erklären: Die Zuwanderung überfordert die Menschen, sie sind unterschiedlich davon betroffen, einem Beamten mit einem sicheren Job, mit einem abbezahlten Haus, mit Kindern die einen guten Beruf erlernt haben und eine sichere Arbeit haben, mit einem festen Hausarzt, wird das wenig stören. Aber es gibt auch Menschen die aus meiner Sicht negativ von diesen Umständen betroffen sind. Stimmen sie dem zu und was tun Sie dagegen?
Gruß M.
Sehr geehrter Herr M.,
Herzlichen Dank für Ihre Anfrage und das Interesse an der Flüchtlingspolitk der FDP.
Zunächst muss festgehalten werden, dass die Integration hunderttausender Flüchtlinge eine gewaltige Aufgabe für Politik und Gesellschaft darstellt. Dennoch dürfen wir dieser Herausforderung nicht mit Angst begegnen, sondern müsse sie annehmen und mit vereinten Kräften zum Positiven wenden.
Die Rückkehr zur Rechtstaatlichkeit und das Bewusstsein, dass diese Probleme nur mit unseren europäischen Partner gemeinsam gelöst werden können, sind wichtig. Deutschland ist laut Grundgesetz und Genfer Konventionen verpflichtet, Verfolgte und Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen Asyl zu gewähren. Die FDP fordert einerseits die Aufnahme der in der EU ankommenden Verfolgten und Flüchtlingen, andererseits aber die Abschiebung der weder asyl- noch schutzbedürftigen Menschen.
Wir wollen Kriegsflüchtlingen vorübergehenden humanitären Schutz in Deutschland gewähren. Das bietet zwei Vorteile: Die Verwaltung wird durch den Wegfall tausendfacher Einzelfallprüfungen entlastet. Zweitens, Flüchtlingen müssen nicht - teils monatelang - auf Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen warten, sodass sie schnell Arbeit finden, sich damit sinnvoll eingliedern können und die Gesellschaft entlastet wird.
Es darf nicht beim vereinfachten Asylverfahren aufhören. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Bildungssystem muss ebenfalls schneller und effizienter werden. Ideal wäre eine europäische Regelung, die es auch Migranten ermöglicht, bei Vorlage eines Arbeitsvertrages dauerhaft in der EU zu bleiben.
Trotzdem kann nicht jeder in Deutschland bleiben, der nach Deutschland kommt. Dauerhaft muss das Ziel sein, die angekommenen Flüchtlinge in unsere Gesellschaft zu integrieren und zu Selbstständigkeit zu verhelfen. Aus diesem Grund soll nach ein zweiter Mechanismus greifen. Jeder anerkannte Flüchtling muss die Kriterien des - zu diesem Zweck neu zu schaffenden - Einwanderungsgesetzes erfüllen, um dann ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten. Dabei kommt es vor allem auf den Fortschritt der Integration in Deutschland an. Die FDP setzt sich für diesen Weg ein, mit dem die Kontrolle über die Zuwanderung nach Deutschland wiedererlangt werden kann.
Es muss in Zukunft europäische Antworten auf die Migration nach Europa geben. Alle Mitgliedstaaten der EU müssen sich an Verteilungsquoten halten, denen sie im Mai zugestimmt haben. Diejenigen, die es nicht tun, müssen zumindest finanzielle Unterstützung leisten. Gerade deswegen wäre es wünschenswert, wenn Asylanträge in Zukunft bei der EU gestellt werden könnten.
Darüber hinaus muss gesagt werden, dass die von Ihnen beschriebenen Probleme nicht nur Ursprung in der Ankunft von Flüchtlingen haben und noch auf weiteren Wegen gelöst werden müssen. Sichere Jobs, gute Bildung, ausreichend Ärzte und eine sichere Zukunft hängen vor allem von der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands und einer modernen Bildungspolitik ab. Wie wir das erreichen wollen, finden Sie unter folgendem Link: https://www.fdp.de/position/bildung und https://www.fdp.de/position/wirtschaft
Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Meißner
Mitglied des Europäischen Parlaments