Frage an Gesine Meißner von Ines R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Meißner,
in der EU wurden bisher die Bemühungen zur Kennzeichnung von hohen Zuckergehalten in Lebensmitteln zur Unterscheidung von gesünderen Lebensmittel blockiert. Wir Verbraucher haben nicht die Möglichkeit schnell und einfach ungesunde Lebensmittel zu finden, da oft irreführende Werbung geführt wird.
Die EU möchte nun weiter deregulieren und das Nährwertprofil der WHO nicht weiter verfolgen.
Werden Sie sich gegen die Abschaffung der Nährwertprofile in der Health-Claims-Verordnung (gegen Punkt 47 der REFIT-Resolution "Regulatory Fitness and Performance Programme (REFIT): state of play and outlook") einsetzen?
Setzen Sie sich dafür ein das Lebensmittel in Zukunft gut gekennzeichnet werden?
Vielen Dank für Ihre kurze Rückmeldung
Sehr geehrte Frau R.,
Vielen Dank für Ihre Frage. Natürlich ist es wichtig, dass Verbraucher wissen, was in den Produkten ist und entsprechend eine bewusste Kaufentscheidung fällen können. Als Ernährungswissenschaftlerin lege ich darauf auch Wert.
Nun verpflichtet die Lebensmittel-Informationsverordnung (LVIM), welche seit 25. Oktober 2011 unter EU Verordnung Nr. 1169/2011 gilt, Hersteller in der EU zu einheitlichen und klaren Vorgaben zur Kennzeichnung, sodass danach Verbraucher beim Lebensmittelkauf umfassend informiert werden. Die LVIM verpflichtet zur Nährwertkennzeichnung auf einheitlicher Grundlage in der gesamten Europäischen Union, wonach Nährwertinformation, also der Brennwert sowie sechs Nährstoffe – die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz – angegeben werden müssen (s. Artikel 30 Absatz 1). Verbraucher müssen also unter anderem über den Zuckergehalt in Lebensmitteln informiert werden (verbindlich ab Dezember 2016). Diese Kennzeichnungspflicht hat die FDP im Europäischen Parlament stets unterstützt.
Wie in Punkt 47 der REFIT-Resolution angegeben, wurden mit der LVIM Verordnung die Informationen der Verbraucher über Lebensmittel also bereits verwirklicht ("ist der Auffassung, dass die Ziele der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, die beispielsweise darin bestehen, dafür zu sorgen, dass die Angaben über Lebensmittel der Wahrheit entsprechen und dass dezidierte Angaben zu Fett-, Zucker- und Salzgehalt gemacht werden, mittlerweile mit der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel verwirklicht wurden").
Demnach ist eine klare Darstellung der Nährwertinformationen durch die LVIM gewährleistet und es ist dem Verbraucher überlassen, diese Informationen für den individuellen Konsum zu nutzen. Das macht die sogenannten Nährwertprofile und Health Claims, die sich in der Praxis als eher untauglich erwiesen haben, nicht nur aus meiner Sicht überflüssig. Abgesehen davon ziehen die Anforderungen der Nährwertprofile einen hohen Verwaltungsaufwand nach sich, den kleine und mittlere Betriebe (der Bäcker um die Ecke) meist nicht leisten können. Und Innovationen - zB das Kreieren eines neuen besonderen Dinkelbrotes in einer kleinen Bäckerei, das durchaus sehr wertvolle Bestandteile enthalten kann - kommen evtl nicht auf den Markt, wenn für den Betrieb die Beantragung eines Health Claims aus Zeit- oder Kostengründen zu aufwendig ist (was schade wäre).
Mit freundlichen Grüßen,
Gesine Meißner
Mitglied des Europäischen Parlaments