Frage an Gesine Meißner von Axel F. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Frau Meißner,
in der Online-Ausgabe des Magazins Stern erschien am 21.10.2010 ein Artikel über eine Lobbyveranstaltung des Bundesverbands der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), der zu einem knapp dreitägigen so genannten Luftverkehrsseminar vom 8. bis 11.Oktober 2010 auf Baleareninsel Mallorca eingeladen hatte. Laut Artikel haben Sie an dieser Veranstaltung teilgenommen, ließen sich nach Aussage des Artikels die Reise nach eigenen Angaben als Dienstreise genehmigen - was mit eingeschlossen habe, dass die Fraktion oder EU-Parlament Flug und Hotel übernahmen. Ist dies so richtig?
Compliance ist derzeit in aller Munde. In jedem großen deutschen Unternehmen "wachen" Compliance-Einheiten darüber, dass gesetzliche, aufsichtsrechtliche und interne Vorschriften durch die Mitarbeiter eingehalten werden. Unzählige Unternehmen haben Vorschriften oder Anweisungen erlassen, wie und unter welchen Umständen Ihre Mitarbeiter Geschenke annehmen dürfen, um nicht in den Anschein der Bestechlichkeit zu kommen. Wie sieht es hier im EU-Parlament aus? Oder gibt es so etwas auch seitens Ihrer Partei / Fraktion?
Die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft ist sinnvoll, wenn nichts sogar nötig. ber muss es denn ein Seminar auf Mallorca sein? Hier ist der Anschein der "Lustreise" mehr als ein "G‘schmäckle". Denn laut o.g. Artikel sah das Programm vor, dass der Samstag un der Sonntag keine konkreten Semnartermin beinhaltete.
Weiter heißt es in dem Artikel, dass andere Politiker nicht mitgeflogen sind. Würden alle eingeladenen Politiker dieser Reise eine Absage erteilen, würde der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) vielleicht sein nächstes Seminar in Berlin ausrichten. Solche Aktionen rufen im Bürger die Politikverdrossenheit vor und lässt Ihre Arbeit in einem schlechten Licht erscheinen.
Vielen Dank für eine Stellungnahme
Sehr geehrter Herr Fischer,
zu Ihren Fragen vom 23. Januar 2011 nehme ich wie folgt Stellung:
Am Samstag, 9. Oktober 2010 bin ich morgens nach Mallorca geflogen, am Sonntag 10.10. wieder zurück nach Deutschland. Ich habe also von Samstag Mittag bis Sonntag Nachmittag an dem Luftverkehrsseminar teilgenommen. In der Zeit haben wir im Seminarraum im Untergeschoss des Hotels folgende Themenpräsentationen diskutiert:
1) Fiskalische Abgaben und regulatorische Belastungen für den Luftverkehr am Standort Deutschland / Internationaler Standortvergleich und Perspektiven für 2011
2) Abgabenbelastung des Luftverkehrs - Struktur und Entwicklung
3) How to keep German Airlines competitive - Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Luftverkehrsstandort Deutschland (inklusive der Emissionsproblematik)
4) Sicherheit an Airports und im Luftverkehr
Am Sonntag Vormittag haben wir in einem Regierungsgebäude 2 Stunden den Ministerpräsidenten der Balearen und die Tourismusministerin getroffen, um uns über die geplante Konzeptänderung des Angebots auf Mallorca auszutauschen (Zeitungsberichte dazu finden Sie auf meiner homepage).
Meine Hauptzuständigkeit im Europaparlament ist die der Koordinatorin (entspricht der Obmannfunktion im Bundestag) der ALDE-Fraktion für Verkehr und Tourismus. Alle in dem Seminar diskutierten Themen betreffen direkt meine Arbeit. Dienstreisen - in unserem Fall auch innerhalb der EU - sind fester Bestandteil unserer parlamentarischen Arbeit. Ich habe diese Reise an meinem sonst freien Wochenende aus inhaltlichen Gründen angetreten. Um die Reisekosten niedrig zu halten, bin ich mit Billigairlines geflogen.
Diese Fakten waren dem Redakteur von Spiegel-online bekannt. Das, was er daraus gemacht hat, ist unseriöser Journalismus. Das schadet dem Image der Politik und schürt Politikverdrossenheit, nicht mein Verhalten. Eins meiner erklärten Ziele als Parlamentarierin ist es, der Politikverdrossenheit durch transparentes und gewissenhaftes Handeln entgegenzuwirken. Gegen unsaubere Sensations-Berichte sind wir machtlos.
Das Seminar hätte übrigens in der Form nicht in Berlin stattfinden können, da wir dann die für deutsche Flugreisen wichtige Veränderung des Tourismuskonzeptes auf Mallorca nicht mit den dort verantwortlichen Personen hätten diskutieren können.
Mit freundlichen Grüßen
Gesine Meißner