Frage an Gerold Otten von Jan H. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Hr. Otten,
was halten Sie von der von der Autolobby geforderten Abwrackprämie? Wäre nicht eine Mobilitätsprämie für alle sinnvoller und nachhaltiger?
Gruß
J. H.
Sehr geehrter Herr Heller,
leider konnte ich Ihnen nicht fristgemäß antworten. Mittlerweile ist von der Bundesregierung eine Richtungsentscheidung gefällt worden, die eine Neubewertung nötig macht.
Ich stehe der Idee, mit Steuergeldern Nachfrage künstlich anzuregen, ablehnend gegenüber. Meiner Meinung nach dürfte erst dann zu diesem Mittel gegriffen werden, wenn sich zuvor alle anderen Maßnahmen als unzweckmäßig erwiesen haben. Bei der zunächst diskutierten sog. Abwrackprämie ging es bekanntlich darum, der Autoindustrie und den auf sie angewiesenen Zuliefererbetrieben eine Konjunkturspritze zu geben. Damit verband sich die Hoffnung, die daran interessierten Unternehmen und deren Arbeitnehmer möglichst unbeschadet durch die Krise zu bringen.
Der jetzige Vorschlag, eine Prämie nur für den Kauf von E-Autos zu gewähren, wird den eben aufgezeigten Hoffnungen noch weniger gerecht als eine allgemeine Abwrackprämie. Daher glaube ich, dass der ökonomische Effekt minimal sein wird. Das eigentliche Ziel, der Erhalt von tausenden Arbeitsplätzen, kann auf diese Weise nicht sichergestellt werden.
Gleiches gilt auch für den ökologischen Effekt. Der Lockdown hat gezeigt, dass die Schadstoffemissionen von Verbrennungsfahrzeugen massiv überschätzt wurden. Diese Erkenntnis sollte auf der Ebene Deutschlands und der EU zu einem Umdenken führen. Nunmehr müssten die EU-Strafen für den Flottenverbrauch ausgesetzt und die CO2-Grenzwerte für PKW auf maximal 130 Gramm CO2 pro Kilometer festgelegt werden.
Sie haben statt einer Abwrackprämie eine Mobilitätsprämie vorgeschlagen. Ich gehe davon aus, dass Sie unter der Mobilitätsprämie eine gewisse finanzielle Förderung bei der Anschaffung von Fahrrädern, E-Bikes, ÖPNV-Tickets, Bahnfahrten u.v.m. verstehen. Das ist sicher vorteilhaft für Personen, die in urbanen Räumen wohnen und auf die Flexibilität, die ein Kfz möglich macht, nicht angewiesen sind. Allerdings denke ich, dass die Mehrzahl der Personen, die die Möglichkeiten haben, auf diese Fortbewegungsmittel zurückgreifen zu können, dies ohnehin bereits in überwiegender Anzahl tun. Der ländliche Raum könnte davon kaum profitieren – selbst wenn der ÖPNV intensiviert würde.
Ich vermute also, dass der ökologische Vorteil, der daraus erwüchse, minimal wäre. Vielmehr stünde ein nicht messbarer ökologischer Effekt in keinem Verhältnis zu den finanziellen Belastungen, die daraus für das Gemeinwesen erwachsen.
Unter den gegebenen Umständen scheint es mir geboten, die Vor- und Nachteile aneinander abzuwägen. Ich würde einer allgemeinen Abwrackprämie, trotz erheblicher Vorbehalte, einen Vorzug vor einer E-Autoprämie oder einer Mobilitätsprämie geben.
Mit freundlichem Gruß
Gerold Otten