Frage an Gerlinde Schermer von Ursula B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schermer, Sie haben das Berliner Volksbegehren zur Offenlegung der geheimen Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe maßgeblich mitinitiiert. Wie soll es Ihrer Meinung nach nun weitergehen? Gehören Sie noch dem Berliner Wassertisch an? Welche Zielsetzung verfolgt dieser nun? Oder arbeiten Sie jetzt bei dem Verein "Gib" - Gemeingut in Bürgerhand - mit? Werden Sie, wenn Sie SPD-Mitglied des Abgeordnetenhauses sind, Ihre Partei und Fraktion auffordern, die Verträge wegen offenkundiger Sittenwidrigkeit gerichtlich anzufechten? Was halten Sie von einem weiteren Volksbegehren zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe? Wenn ja, wenn nein: bitte begründen. Die derzeitigen Akteure des Berliner Wassertisches sind sich über den weiteren Weg ja offensichtlich nicht so einig.
Ursula Brümann
Sehr geehrte Frau Brümann,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Fragen.
Seit der Berliner Senat unter dem Druck des Volksbegehrens „Wir Berliner wollen unser Wasser zurück!“ und dem nachfolgenden Volksentscheid die Wasser-Verträge im Netz veröffentlicht hat, befasst sich der Berliner Wassertisch intensiv mit den Inhalten dieser Verträge, auch mit Beschlüssen und Nebenabreden, die nach dem am 13.3.2011 in Kraft getretenen „Volksgesetz“ ebenfalls veröffentlicht werden müssen. Dafür hat sich eine spezielle Arbeitsgruppe des Wassertisches, in der auch ich mitarbeite, unter dem Namen „Klärwerk“ gebildet. Es werden Flugblätter erarbeitet, die die Öffentlichkeit in allgemein verständlicher Weise über die politisch und rechtlich anstößigen Vorgänge bei der Teilprivatisierung des Berliner Wassers informieren sollen; ebenso beschäftigt sich die Gruppe mit Hinweisen auf bisher immer noch nicht veröffentlichte Dokumente.
Es finden auch öffentliche Sitzungen der Arbeitsgruppe statt, bei denen die bisherigen Untersuchungsergebnisse vorgestellt werden. Ich möchte Sie dazu herzlich einladen: Zeit- und Ortsangaben finden Sie auf der Internetseite des Berliner Wassertisches. Termin für die nächste Sitzung wird - noch vor den Wahlen - Anfang September sein.
Ich setze mich seit mehr als 12 Jahren gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums ein und bin bei verschiedenen entsprechenden Organisationen und Initiativen aktiv, die ich zum Teil auch mitgegründet habe.
Es handelt sich bei meinem Engagement also nicht um ein „Entweder - Oder“, sondern um soviel Einsatz, wie meine Zeit und meine Kräfte zulassen, um demokratische Verhältnisse, öffentliches Eigentum, Gemeinwohlorientierung zu erhalten oder zurück zu gewinnen.
Für den Fall, dass meine jetzige Kandidatur als Direktkandidatin zum Abgeordnetenhaus erfolgreich sein sollte, kann ich Ihnen versichern, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, das zu einer Rückabwicklung der jetzt endlich - auf Druck des Berliner Wassertisches! - veröffentlichten Verträge führen kann. Das ist mein dringendstes politisches Anliegen, seit mehr als einem Jahrzehnt, in dem ich nicht resigniert, sondern mich gegen Widerstände stets weiter engagiert habe.
Zu Ihrer weiteren Frage:
Nach dem gewonnenen Volksentscheid sieht sich der Berliner Wassertisch nun erst einmal in der Pflicht, die Umsetzung des so verabschiedeten Gesetzes gegen immer noch bestehende Widerstände von Senat und Parlament durchzusetzen: dazu wurden mit den bisherigen Fraktionen Gespräche geführt.
Im Falle meines Wahlerfolges sehe auch gerade ich - als Mitinitiatorin des Wassertisches und eines in Berlin erstmalig erfolgreichen Volksgesetzgebungsverfahrens - dies als selbstverständliche Verpflichtung an. Und das schließt für mich alle politisch sinnvollen und rechtlich möglichen Schritte ein.
Mit freundlichen Grüßen
Gerlinde Schermer