Frage an Gerlinde Schermer von Friederike K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Schermer,
ich wohne seit 9 Jahren in Friedrichshain und finde es sehr schade, dass der Wohnraum im Kiez immer teurer und damit fast unbezahlbar wird - gleichzeitig aber die Wohnqualität nicht steigt und teilweise rückläufig ist. Das Wachstum des Tourismus in unserem Bezirk ist hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit sehr positiv und es freut mich auch, dass so viele von Außerhalb dort Urlaub machen, wo wir leben. Was mich aber verärgert sind der Lärm der Betrunkenen und der Müll, den sie hinterlassen. Auch das Urinieren an Hauswände und -türen gehört dazu.
Was für Ideen und Pläne haben Sie konkret um das Leben in Friedrichshain bezahlbar und hinsichtlich der Lebensqualität angenehm zu machen?
Mit freundlichen Grüßen
Friederike Kramer
P.S.: Leider habe ich die Veranstaltung in der Theaterkapelle verpasst, sonst hätte ich die Frage dort persönlich gestellt.
Sehr geehrte Frau Kramer,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage. Schade, dass Sie nicht an unserer Mietenveranstaltung teilnehmen konnten. Wir haben dort, allerdings nur am Rande, auch über das Thema Tourismus diskutiert. Gerne beantworte ich nun Ihre Frage hierzu.
Sie haben völlig recht, der Tourismus in unserem Kiez spielt nicht nur, wie in vielen anderen Innenstadtvierteln auch, für Einzelhändler und Gewerbetreibende eine große Rolle. Der Friedrichshain hat immer auch davon profitiert, dass Menschen von überall herkommen, um ihn ein Stück vielfältiger und bunter zu machen. Das war schon 1987 so, als ich aus Erfurt in die Warschauer Straße gezogen bin. Das ständige Kommen und Gehen gehört zu unserem Kiez wie die Türme am Frankfurter Tor.
Natürlich hat aber auch Tourismus seine Nebenwirkungen. Aus diesem Grund hat die SPD mit Stadtrat Dr.Peter Beckers dafür gesorgt, dass im Tourismus Konzept der Senatswirtschaftsverwaltung die Forderung aufgenommen wurde, dass die Entwicklung im Einklang mit den Einwohnerinteressen zu erfolgen hat.
Wo sich mehr Menschen aufhalten gibt es mehr Lärm und natürlich auch mehr Müll. Ich finde es wichtig, diese Entwicklung nicht nur den Touristen anzukreiden. Auch andere Berlinerinnen und Berliner sowie Leute aus dem Berliner Umland kommen gerne zum Ausgehen und Feiern in unseren Bezirk. Da fällt es schwer festzustellen, wer am Ende an die Hauswand uriniert hat: ein Tourist, ein Reinickendorfer, oder vielleicht doch nur ein betrunkener Friedrichshainer? Trotzdem - die Einnahmen der Stadt Berlin aus dem wachsenden Tourismus sollen v.a. den Vierteln zu Gute kommen, die am meisten vom Tourismus "betroffen" sind. Die Berliner SPD möchte eine sog. "City-Tax" für Berlinbesucher einführen. Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg und auch ich wollen, dass dieses Geld dann besonders zur Stärkung der bezirklichen Kulturlandschaft verwendet wird. Ein Tourismusfonds soll dazu dienen, die negativen Seiten des Tourismus einzudämmen.
Was ich mir ganz grundsätzlich für die Zukunft wünsche, ist ein stärkeres Verantwortungsgefühl der Menschen für ihren Kiez, egal, ob sie dort nur zu Besuch sind oder wohnen. Dass man sich zuständig fühlt für die Grünfläche um die Ecke, den Kinderspielplatz, den Gehsteig auf dem Weg zur Arbeit oder zum Club. Und sich entsprechend rücksichtsvoll verhält. Da man sich darauf aber nicht allein verlassen wird können, könnte man über die Aufstellung neuer, vielleicht größerer Mülleimer in den vielbesuchten Ecken unseres Stadtteils nachdenken. Bei Lärmbelästigung ist nach meiner Kenntnis die Berliner Polizei schnell erreichbar und auch zur Stelle. Damit sich ein negativer Eindruck eines Viertels gar nicht erst in den Köpfen der Menschen festsetzen kann, muss sich schneller als bisher um verwahrloste Ecken gekümmert werden. In dieser Frage müssen wir die bezirklichen Ordnungsämter auch personell stärken.
Was das Thema Mietentwicklung und Tourismus anbelangt, habe ich auf der Mietenveranstaltung angekündigt, mich für ein Zweckentfremdungsverbotsgesetz einzusetzen. Dies würde in Zukunft die Nutzung von Wohnraum zu gewerblichen Zwecken von einer Genehmigung abhängig machen. Die wilde Vermietung von Mietwohnungen als Ferienwohnungen könnte man damit erst einmal stoppen.
Meine weiteren wohnungs- und mietenpolitischen Forderungen haben nicht unmittelbar etwas mit dem Thema Tourismus zu tun. Hier verweise ich Sie gerne auf meine Homepage, auf der diese Forderungen zusammengefasst sind; es sind dies v.a. eine sozialere Wohnungspolitik der städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die Ermöglichung städtischen (sozialen) Wohnungsneubaus durch eine andere Liegenschaftspolitik und eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer sowie eine Umwandlungsverordnung zur Verbesserung des Kündigungsschutzes von Mieterinnen und Mietern bei Eigentümerwechsel: http://www.gerlinde-schermer.de/politik/wohnen/
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerlinde Schermer