Frage an Gerhard Eck von Maximillian Z. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Eck,
bitte teilen Sie mir mit ab wann in Bayern mit der Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes zu rechnen ist.
Insbesondere würde ich gerne Wissen:
- Ab wann plant die Landesregierung den/die Notfallsanitäter_in im bayerischen Rettungsdienstgesetz zu verankern?
- Auf welchen Rettungsmitteln soll der/die Notfallsanitäter_in zukünftig zum Einsatz kommen (nur RTW oder evtl. auch NEF /RTH)
- Welche Kompetenzen sieht die Landesregierung für die Notfallsanitäter vor? Werden sich diese am "Pyramidenprozess" des "Bundesverbandes Ärztliche Leiter Rettungsdienst" orientieren?
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Maximillian Zoll
Sehr geehrter Herr Zoll,
das Notfallsanitätergesetz (NotSanG) und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung dazu (NotSan-APrV), mit denen die zweijährige Ausbildung von Rettungsassistenten durch eine dreijährige Ausbildung von Notfallsanitätern abgelöst wird, sind am 01.01.2014 in Kraft getreten. Das Rettungsdienstrecht fällt in die Zuständigkeit der Länder, damit auch der Vollzug der vom Bundesgesetzgeber erlassenen Ausbildungsvorschriften für die Notfallsanitäter. Das StMI hat bereits im Herbst 2013 Arbeitsgruppen mit allen betroffenen Stellen in Bayern für eine bayernweit einheitliche Umsetzung der neuen Ausbildung eingerichtet. So konnte für einen zeitnahen Beginn der dreijährigen Regelausbildung von Notfallsanitätern erreicht werden, dass schon im Juli 2014 ein Lehrplanentwurf für das erste Schuljahr zur Verfügung stand, auf dessen Grundlage bereits Anfang Oktober 2014 an zahlreichen Schulen mit der Ausbildung von Notfallsanitätern begonnen wurde. Damit ist die Umsetzung der neuen Ausbildung in Bayern frühzeitig angelaufen.
Überdies wurden auch bereits Überlegungen für den Einsatz der künftigen Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter angestellt:
1. Derzeit müssen gemäß der Besetzungs- und Personalqualifikationsvorschrift des Art. 43 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG) in der Notfallrettung mindestens Rettungsassistenten zur Betreuung des Patienten eingesetzt werden. Daneben müssen auch im Intensivtransport mindestens Rettungsassistenten mit intensivmedizinischer Zusatzqualifikation zur Patientenbetreuung eingesetzt werden, sofern auf Intensivtransportwagen keine Krankenpflegerinnen oder Krankenpfleger mit intensivmedizinischer Zusatzqualifikation zum Einsatz kommen. Die Aufgaben, die derzeit nach dem BayRDG den Rettungsassistenten obliegen, müssen mit einer angemessenen Übergangsfrist auf die Notfallsanitäter übertragen werden. Erste Überlegungen zu einer Änderung des BayRDG gehen daher dahin, dass ab dem 01.01.2024 in der boden- und luftgebundenen Notfallrettung und beim arztbegleiteten Patiententransport einschließlich Intensivtransport mindestens Notfallsanitäter zur Patientenbetreuung eingesetzt werden sollen.
2. Der Bundesverband der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Deutschland e.V. hat für eine bundesweit möglichst einheitliche Umsetzung von § 4 Abs. 2 Nr. 1c) und Nr. 2c) NotSanG (Kompetenzen der Notfallsanitäter) Empfehlungen für invasive/heilkundliche Maßnahmen und Medikamente, deren Durchführung bzw. Gabe Notfallsanitäter im Rahmen ihrer Ausbildung erlernen sollen, erarbeitet. Allerdings muss jedes Land grundsätzlich selbst die Umsetzung regeln. Dabei steht es ihm frei, in die Umsetzung auch Vorschläge von Fach- und Arbeitsgremien oder Verbänden, deren Empfehlungen keinen verbindlichen Charakter haben, einbeziehen. In Bayern sind wir einen entsprechenden Weg gegangen. Der künftig für die Ausbildung von Notfallsanitätern in Bayern geltende Maßnahmen-/Medikamentenkatalog wurde von den bayerischen Ärztlichen Leitern Rettungsdienst in einem aufwändigen Prozess mit wissenschaftlicher Begleitung durch das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement am Klinikum der Universität München (INM) erarbeitet. Dabei wurde der im sog. Pyramidenprozess erarbeitete Katalog berücksichtigt.
Zusammen mit dem Lehrplan haben die künftigen Notfallsanitäter damit die erforderlichen Kompetenzen, um Patienten durch Maßnahmen im Rahmen von § 4 Abs. 2 Nr. 1c) NotSanG zu versorgen. Im Ausbildungsziel in § 4 Abs. 2 Nr. 1c) NotSanG hat der Bundesgesetzgeber vorgesehen, dass die Ausbildung dazu befähigen soll, medizinische Maßnahmen der Erstversorgung bei Patienten im Notfalleinsatz durchzuführen und dabei in der Ausbildung erlernte und beherrschte, auch invasive Maßnahmen anzuwenden, um einer Verschlechterung der Situation der Patienten bis zum Eintreffen des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung vorzubeugen, wenn ein lebensgefährlicher Zustand vorliegt oder wesentlichen Folgeschäden zu erwarten sind. Damit hat der Bundesgesetzgeber im Ausbildungsziel eine Auslegungshilfe für den Umfang und die Grenzen der Tätigkeiten von Notfallsanitätern und damit für Fälle des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) geschaffen, so dass Notfallsanitäter in den genannten Situationen mehr Rechtssicherheit als seinerzeit die Rettungsassistenten bei der Übernahme einer eigentlich heilkundlichen Tätigkeit, die der ärztlichen Behandlung vorbehalten wäre, haben.
Anders sieht es hingegen bei der Umsetzung des in § 4 Abs. 2 Nr. 2c) NotSanG beschriebenen Ausbildungsziels aus. Danach soll die Ausbildung den Notfallsanitäter zum eigenständigen Durchführen von heilkundlichen Maßnahmen, die vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) bei bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbildern und -situationen standardmäßig vorgegeben, überprüft und verantwortet werden, befähigen. Diese vom Bundesgesetzgeber für eine Reduzierung von Notarzteinsätzen vorgesehene regelhafte Delegation einfacher ärztlicher Maßnahmen und Medikamentengaben durch den ÄLRD ist jedoch in der landesrechtlichen Aufgabenbeschreibung des ÄLRD (Art. 11 Bayerisches Rettungsdienstgesetz - BayRDG) nicht vorgesehen. Die ÄLRD in Bayern fordern daher im Interesse der Rechtssicherheit für sich selbst, aber auch für die künftigen Notfallsanitäter eine landesrechtliche Regelung. Bevor diese besteht, lehnen die ÄLRD eine Delegation ärztlicher Maßnahmen im Rettungsdienst ab. Es ist daher angedacht, durch eine Änderung des BayRDG die Aufgaben und Befugnisse des ÄLRD um die Vorgabe und laufende Überprüfung standardisierter heilkundlicher Maßnahmen einschließlich Medikamentengabe für bestimmte notfallmedizinische Zustandsbilder zu ergänzen, die für eine eigenständige Durchführung durch Notfallsanitäter geeignet sind. Durch die Einführung von standardmäßig vorgegebenen heilkundlichen Maßnahmen (im medizinischen Sprachgebrauch als sog. standardisierte Handlungsanweisungen oder Standard Operating Procedures (SOP) bezeichnet) für bestimmte notfallmedizinische Zustandsbilder und -situationen durch den ÄLRD sollen künftig ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder die Gabe von Medikamenten auf den Notfallsanitäter übertragen werden können, ohne dass diese Delegation im konkreten Einzelfall ausgesprochen werden muss.“
Wir gehen derzeit davon aus, dass die zur weiteren Umsetzung des NotSanG notwendigen Änderungen des BayRDG im Jahr 2016 in Kraft treten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Eck MdL