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Gerhard Botz
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Frage von Frank B. •

Frage an Gerhard Botz von Frank B. bezüglich Gesundheit

Ich möchte, dass sie sich für die sogg. "Ampel" in der Kennzeichnung von Lebensmitteln einsetzen, da ich im Interesse der Verbraucher, es nicht für sinnvoll halte die Verpackung nur mit Zahlenwerten zu versehen, die keiner beurteilen oder lesen kann.
Wie ist Ihre Meinung dazu und was werden Sie in dieser Sache tuen?

Es grüßt freundlich

Frank Bock

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bock,

bei Übergewicht und Adipositas und deren zunehmender Verbreitung spielen genetische, physiologische, sozial- und individualpsychologische Ursachen eine Rolle. Klar ist, dass auch die Ernährungsgewohnheiten, insbesondere Art und Menge der verzehrten Nahrungsmittel, einen Einfluss haben. Neben Maßnahmen, die das Ernährungswissen und die Bewegung fördern, sind deshalb Aktivitäten nötig, die die Verbraucherinnen und Verbraucher über den tatsächlichen Nährwert der zum Verkauf stehenden Lebensmittel in geeigneter Weise informieren.

Wie sich viele Menschen über ihren eigenen Nährstoffbedarf ebenso im Unklaren sind wie über den Nährwertgehalt insbesondere zusammengesetzter und verarbeiteter Lebensmittel, kommt es darauf an, dass die Nährwertkennzeichnung einfach, unmittelbar verständlich, auf einen Blick zu erfassen und bewertend ist. Die in Großbritannien von der staatlichen Food Standard Agency auf wissenschaftlicher Grundlage und mit wissenschaftlicher Begleitung auf freiwilliger Basis eingeführte Ampelkennzeichnung erfüllt diese Anforderungen.

Erste Evaluationsergebnisse der britischen Kennzeichnung zeigen: Die farbliche Kennzeichnung wird von allen Verbraucherinnen und Verbrauchern und auch von Kindern richtig verstanden. Nicht gute oder schlechte Lebensmittel, sondern solche, die man unbedenklich häufig essen kann, und andere, die man nur gelegentlich verzehren sollte, werden hier kenntlich gemacht. Der einheitliche Bezugsrahmen von 100g/100ml stellt eine unmittelbare Vergleichbarkeit zwischen Lebensmitteln einer Produktgruppe her. Es ist deshalb leicht, aus einem größeren Angebot die gesündere Alternative zu wählen und die Konsumenten tun dies. Die Ampelkennzeichnung hat einige Hersteller veranlasst, die Zusammensetzung ihrer Produkte so zu verändern, dass weniger rot und mehr grün und gelb auf der Packung erscheint. Diese Entwicklung nützt sogar Verbrauchern, die auf keinerlei Kennzeichnung achten.

Vergleichbarkeit und damit Wahlfreiheit für den Verbraucher ist nur gewährleistet bei einer verpflichtenden Kennzeichnung. Nur wenn alle zusammengesetzten und verarbeiteten Lebensmittel aller Hersteller gekennzeichnet sind können Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich bewusst auswählen. Diese Auswahl muss beim täglichen Einkauf in Sekundenschnelle möglich sein. Dies ist nur mit farblicher Darstellung und ohne Umrechnungserfordernis zu gewährleisten.

Die von der Lebensmittelindustrie forcierte Kennzeichnung auf Basis empfohlener Tagesmengen ist dagegen gänzlich ungeeignet, Verbraucherinnen und Verbraucher bei einer ausgewogenen Ernährung zu unterstützen. Die Angaben beziehen sich auf eine durchschnittliche Tageszufuhr von 2000 Kilokalorien (kcal). Der Energiebedarf eines Menschen variiert jedoch stark nach Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und Lebensumständen. Die Nutzbarkeit setzt zudem voraus, dass die Menschen ihren Nährstoffbedarf kennen und aus der Angabe errechnen. Das ist nicht einfach, verständlich und auf einen Blick zu erfassen, sondern verwirrend.

Ich bin daher für eine Wahlfreiheit durch die "Ampelkennzeichnung" anstelle von Rätselraten auf Basis einer empfohlenen Tageszufuhr, um Verbraucherinnen und Verbraucher bei einer ausgewogenen Ernährung zu unterstützen. Gute Informationen sind keine Konsumentenbevormundung! Bedauerlicherweise nimmt die EU-Kommission bei der Reformierung der Nährwertkennzeichnung Bezug auf eine durchschnittliche Tageszufuhr von 2000 kcal und will portionsbezogene Angaben zulassen. Die SPD-Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, der auch ich angehöre, fordert aus diesen Gründen die Bundesregierung auf, auf Basis der britischen Ampelkennzeichnung die Nährwertkennzeichnung in Deutschland zu ändern und sich auf EU-Ebene gegen eine Kennzeichnung auf Basis empfohlener Tageszufuhr einzusetzen. Wir erarbeiten mit dem Koalitionspartner dazu einen Entschließungsantrag.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gerhard Botz