Frage an Gerd Lippold von Lutz W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Lippold,
Der vom Flugverkehr, insbesondere Frachtflugverkehr verursachte Klimaschaden ist zu anderen Verkehrsträgern überdurchschnittlich hoch.
• Am Flughafen Leipzig- Halle (Frachtfluganteil 82,4%) ist der durch Starts/ Landungen entstandene CO2 Ausstoß (LTO- Zyklus) von 2008 zu 2018 von 88.090 Tonnen auf 129.825 Tonnen gestiegen (47,3%)
• Mit 1,77 Tonnen CO2 pro Start/ Landung hat der FLH die höchsten LTO- CO2 Ausstoß aller deutschen Flughäfen. Zum Vergleich am Flughafen Dresden liegt der CO2- Ausstoß pro S/L bei 0,75 Tonnen.
• Der vom FLH, auf Basis von Vergleichsrechnungen mit anderem deutschem Flughafen, ausgehende Klimaschaden liegt bei c. 150 Mio.€. *
Die sächsische Landeregierung will in den nächsten Jahren den FLH zu einem europäischen Frachtdrehkreuz ausbauen. Dafür sollen in den nächsten Jahren 500 Mio. € (siehe LVZ vom 5.6.19, u.a. aus dem Kohleausstiegsprogramm, investiert werden. Die vorbereitenden Erschließungsarbeiten haben bereits begonnen. Die Folge dieses Ausbaus wäre eine Vervielfachung des CO2- Ausstoßes, insbesondere im direktem Umfeld des Flughafens.
Meine Fragen:
1. Sind Ihnen diese Fakten bekannt?
2. Was werden Sie, im Falle eines Landtagsmandates, persönlich gegen diese Ausbaupläne und den damit verbundenen CO2- Anstieg unternehmen?
Mit freundlichen Grüßen
L. W.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ja, diese Fakten um die CO2-Emissionen im Luftverkehr die in der Luft, aber auch am Boden in den Start/Landezyklen entstehen, sind mir bekannt. Die Emissionen in großen Höhen sind besonders kritisch, da dort jede emittierte Tonne eine wesentlich höhere Klimawirksamkeit hat. Aber auch am Boden stellt die Luftfahrt einen bedeutenden Emittenten dar. Dabei ist es egal, wo konkret diese Emission erfolgt, den CO2 verteilt sich global und wirkt global. Den Luftverkehr nur von einem Standort an andere Standorte zu verlagern, bringt deshalb keine entscheidenden Einsparungen. Es kommt darauf an, Lufttransport durch faire Einpreisung der tatsächlich volkswirtschaftlich entstehenden Schäden insgesamt zurückzufahren. Da in unserer globalisierten Welt die Verfügbarkeit schnellen Luftverkehrs ganz sicher nicht völlig verzichtbar wird, muss auch verstärkt an der Dekarbonisierung des Luftverkehrs gearbeitet werden. CO2-neutrale Kraftstoffe, elektrische Antriebe für kurze Strecken, autonome, elektrische Lufttransportsysteme für dringende Güter sind da Wege, zu denen sich heute schon erste Lösungen abzeichnen.
Auch wenn die Emissionen im Luftverkehr sicher eine wichtige Baustelle für die Dekarbonisierung sind, die ganz großen Einsparungen sind heute in Sachsen woanders zu holen: Sie. Herr W., geben die CO2-Emissionen aus den LTO-Zyklen am Flugplatz Halle-Leipzig mit knapp 130.000 Tonnen pro Jahr an. Das Kraftwerk Lippendorf, ca. 30 km südlich, stößt dieselbe CO2-Menge bei Vollastbetrieb in 5 Tagen aus! Es emittiert also allein so viel wie 85 Flugplätze Halle-Leipzig. Durch raschen Ausbau sauberer Energien lassen sich davon 100% einsparen. Ein Rieseneffekt, der außerdem noch für Sachsen eine Investition in einer dauerhaft sichere Stromversorgung darstellt. Ich bin dafür, dass wir die großen, leicht zu reduzierende Emissionsquellen auch prioritär angehen. Denn wir brauchen angesichts der knappen verbleibenden CO2-Budgets rasche und große Einsparungen, damit wir Zeit gewinnen, um in anderen, sehr viel schwieriger zu dekarbonisierenden Bereichen die nötigen Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Am Flughafen Leipzig-Halle gibt es jedoch ein spezifisches Problem, dass aus meiner Sicht kurzfristig gelöst werden muss: die Lärmemission. Hier müssen etwa durch Einschränkung bei An- und Abflugrouten sowie der Betriebszeiten und durch Stopp nächtlicher Triebwerksprobeläufe alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Belastung für tausende Anwohner zu reduzieren. Ein "weiter so" oder gar eine Ausweitung des derzeitigen Frachtflugverkehrs ohne solche Maßnahmen sind inakzeptabel. Meine Fraktion hat dazu in der zurückliegenden Wahlperiode Anträge im Sächsischen Landtag eingebracht und Expertenanhörungen initiiert. Wir bleiben auch in den nächsten Jahren dran. Sachsens Wettbewerbsvorteile müssen aus Innovation, Bildung und zukunftsfähigen Geschäftsmodellen erwachsen, nicht aus Dumpingstrategien im Bereich der Standards für Umwelt- und Gesundheitsschutz oder bei Löhnen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Lippold