Frage an Gerald Häfner von Volker Z. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr gehrter Herr Häfner,
Ihnen ist die gegenwärtige Diskussion zum Thema Wasserwirtschaft sicher bekannt. Dazu meine Frage:
In einer Pressemitteilung der EU (IP/12/5470 vom 14.4.2012) ist die Rede von einer geplanten Innovationspartnerschaft zur Lösung von Wasserproblemen. In der Pressemitteilung wird nur sehr vage auf die Probleme bei der Wasserversorgung hingewiesen; auf die Absicht, konkrete ´Lösungen für bestimmte Wasserprobleme´ zu erarbeiten; Innovationshemmnisse zu beseitigen usw. Diese Aufzählung erweckt den Eindruck einer katasrophalen Wasserversorgung in der EU, und damit u.a. auch in Deutschland, die es m.E. nicht gibt.
Desweiteren wird als Hintergrund des Plans auf das Potential des globalen Wassermarktes verwiesen, gepaart mit den (zwischenzeitlich) üblichen Hinweis auf mögliche Schaffung von Arbeitsplätzen und einigem mehr. Hier wird Wasser also zur Handelsware mit goldenen Renditechancen erhoben.
Wasser soll ein Lebensmittel bleiben, und kein Produkt mit wirtschaftlichem Potential. Im Übrigen, wirtschaftliches Potential für wen? Die EU, die EU-Staaten, oder die Prvatwirtschaft?
Wasser (z.B. Zugang, Verfügbarkeit) soll ein Grundrecht für jeden Menschen sein, frei von privatwirtschaftlichen Eingriffsmöglichkeiten.
Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen aus Augsburg
Volker Zepf
Sehr geehrter Herr Zepf
Sicher haben Sie von der aktuellen Debatte zur Konzessionsrichtlinie gehört. Viele Bürger sind besorgt: unser Wasser soll nicht privatisiert werden. Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (IMCO) hat Ende Januar für die Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen gestimmt. Die Fraktion der Grünen im Europaparlament lehnte den Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung von Dienstleistungskonzessionen jedoch ab und stimmte dagegen ( http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/925 ). Wir haben in mehreren Ausschüssen Anträge gestellt, den Vorschlag abzulehnen bzw. ersatzweise wenigstens Wasser und Sozialdienstleistungen auszunehmen. Diese Anträge werden auch von einzelnen Mitgliedern anderer Fraktionen unterstützt, leider aber nicht von der Mehrheit des Europäischen Parlamentes. Wir werden uns dennoch dafür einsetzen, dass auch nach der Abstimmung im Ausschuss das gesamte Parlament darüber abstimmt.
Was bringt diese Richtlinie: die Richtlinie verlangt nicht die Privatisierung des Wassers, dazu hätte die EU auch gar keine Regelungskompetenz (allerdings macht sie es dennoch durch die Hintertür in Staaten, die finanzielle Unterstützung durch den ESM bekommen. So hat die EU-Kommission im Rahmen der Empfehlungen der Troika für Portugal und Griechenland die Privatisierung des Wassersektors verlangt - siehe http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/917 ), die vorgeschlagene Richtlinie erschwert aber erheblich die Bedingungen für Stadtwerke und kommunale Zweckverbände und schafft eine komplexe und unsichere Rechtslage für den öffentlichen Sektor. Man erzeugt damit Druck, mit dem Ergebnis, dass viele Kommunen um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen und keinen langwierigen Rechtsstreit zu provozieren, erwägen werden, ihre Wasserkonzessionen künftig europaweit auszuschreiben. Dann kann sich zwar auch das Stadtwerk bewerben, aber eben genauso große europaweit-tätige private Konzerne.
Außerdem verschärft man die Bedingungen für die Kommunen, die aus Finanznot - und weil ihnen das in der Vergangenheit von allen Seiten so empfohlen wurde - Private mit ins Boot geholt haben. Häufig fehlt nun das Geld für den Rückkauf und die Kommune wird gezwungen - obwohl die Bürgerinnen und Bürger das mehrheitlich nicht wollen - vollständig zu privatisieren.
Das wesentliche Gegenargument gegen diese Richtlinie ist aber, dass sie völlig die Bedingungen ausklammert, unter denen heute Dienste der Daseinsvorsorge wie das Wasser erbracht werden müssen. Angesichts der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, einer hohen und wachsenden Staatsverschuldung, angesichts drohender Konsequenzen von Klimawandel und demographischer Entwicklung braucht der öffentliche Sektor Spielräume für Modernisierung und Effektivierung. In vielen Bereichen stehen hohe Investitionen an, die eine Kommune allein nicht bewältigen kann, dafür bedarf es der Kooperation mit anderen Kommunen. Nach einer Studie der Kommission können durch kommunale Kooperationen bis zu 30 % der Kosten gespart werden. Diese hohen Synergieeffekte werden nun durch diese Richtlinie beschnitten und der öffentliche Sektor gezielt schlechter gestellt als der Private.
Wir werden weiterhin uns dafür einsetzen, diese Richtlinie zu verhindern. Wir hoffen, dass eine breite Unterstützung für die Europäische Bürgerinitiative "Wasser als Menschenrecht" - siehe http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/895 und http://www.right2water.eu/de dazu beitragen kann den Druck zu verstärken und bitten Sie diese Initiative zu unterzeichen. Weitere Informationen können Sie der Homepage unserer verantwortlichen Abgeordneten Heide Rühle http://www.heide-ruehle.de und die der Europagroupe Grüne http://www.gruene-europa.de/eu-regeln-fuer-dienstleistungskonzessionen-gefaehrden-kommunale-daseinsvorsorge-9019.html entnehmen.
Mit freundlichen Grüssen
Gerald Häfner