Frage an Georg Gafus von René M. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Dr. Gafus,
als erstes darf ich Sie beglückwünschen, dazu, dass Sie der Einzigste in meinem neuen Wahlkreis sind, der sich auch zu den an Ihn gestellten Fragen äußert. Vielen Dank dafür.
Derzeit beschäftigt mich insbesondere das Thema der Familienpolitik in Bezug darauf, was für Eltern geleistet werden soll.
Meine derzeitige Situation ist so, dass ich in einer Partnerschaft mit meiner Verlobten lebe und wir beide mittlerweile in gut bezahlten Positionen tätig sind. Auf Grund meines Studiums und der sich daran anschließenden Arbeitslosigkeit, ist es mir bisher nicht möglich gewesen, alle Förderungen, die ich durch den Staat erhalten habe (Bafög und Ausbildungskredit), zurückzuzahlen. Ich arbeite derzeit als technischer Designer in Raubling und habe somit einen Fahrtweg von ca. 100 km, einfach.
Da wir derzeit darüber nachdenken eine Familie zu gründen, würde das uns zur Verfügung stehende Geld immens sinken, denn das Gehalt meiner Verlobten würde für einen bestimmten Zeitraum wegfallen.
Wie stellen sich Bündnis 90/ Die Grünen die bessere Unterstützung der Familie?
Immerhin würden wir trotz des wegfallenden Gehaltes meiner Verlobten wahrscheinlich oberhalb der Grenze für das Erziehungsgeld liegen und mit dem Kindergeld kann man das nicht wirklich ausgleichen. Dieses Geld sollte ja außerdem wirklich als Kindergeld betrachtet werden.
Was ist mit dem Ansatz der SPD ein Elterngeld in Höhe des ALG1 einzuführen? Wie steht Ihre Partei dem gegenüber? Würden Sie sich der Gesetzesvorlage anschließen? Welche Bedingungen knüpfen Sie daran?
Es wird ja gern davon gesprochen kinderfreundlicher zu werden, allerdings sehe ich das nicht wirklich!!
Die derzeitige Förderung für Kinder ist ja eher so angelegt, dass für durchschnittlich verdienende Paare ein immenser Aufwand an Zusatzkosten anfällt wohingegen, ein Paar mit zwei ALG 2 Empfängern zu einem Einnahmenplus gelangt. Bitte verstehen Sie diese Anmerkung nicht als Kritik an der Familienförderung bei ALG 2 -Empfängern, sondern als Kritik an der Förderung der Familien im Rest der Gesellschaft.
Dennoch interessiert es mich warum in diesem Bereich ein Ausbau ihrerseits geplant wird und das "Durchschnittspaar" nicht gefördert wird?
Wenn mir noch eine Frage außerhalb des Themas erlaubt ist:
Was soll laut Meinung der Grünen aus der Pendlerpauschale werden? Kürzung um wie viel? Kappung der Entfernung? Warum sollen Pendler zukünftig schlechter gestellt werden, obwohl gerade sie Flexibilität beweisen? Wie ist diese Beschneidung bei einer Arbeitslosenquote von mehr als 10 % durchsetzbar?
Mit freundlichen Grüßen René Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
auf eine Frage zu antworten, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich bitte allerdings aufgrund meiner beruflichen und persönlichen Verpflichtungen um Verständnis, dass es manchmal einige Zeit dauern kann.
Leider ist gerade heute morgen, wo ich Ihnen antworten möchte, der Server unserer Parteizentrale nicht erreichbar. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich Ihre Fragen im Augenblick nur teilweise beantworten kann.
Ihre und Ihrer Verlobten Absicht, eine Familie zu gründen, freut mich jedoch sehr und ich kann Sie dazu nur ermutigen - allen damit immer noch verbundenen finanziellen Nachteilen zum Trotz. Für meine Frau und mich war die Gründung einer Familie finanziell nicht so gravierend, weil wir bisher immer mit einem Einkommen auskommen mussten - zum Ende meines Studiums noch mit dem meiner Frau, nachdem ich eine Stelle hatte und unser erster Sohn unterwegs war, mit dem meinen.
Aber gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten finde ich es grundsätzlich wichtig, dass der Staat junge Menschen unterstützt, die bereit sind ein Stück weit gegen den Strom zu schwimmen und Kindern einen Platz in ihrem Leben zu geben. Kinder sind unglaublich bereichernd, trotz aller Sorgen und Ängste, die man ihretwegen auch auszustehen hat. Manchen ist die Erfüllung dieses Wunsches ja auch aus anderen Gründen verwehrt.
B90/Grüne engagieren sich grundsätzlich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die freie Entscheidung von Mann und Frau, sich Zeit für die Kinder zu nehmen; durch die Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen und familienfreundlichen Arbeitsplätzen sollen Mütter und Väter die Chance haben, sich sowohl beruflich als auch familiär entwickeln zu können. Weil Kinder bis heute immer noch ein Armutsrisiko sind, besonders für alleinerziehende Frauen, ist die Politik hier besonders gefordert. Im Sinne der Chancengereichtigkeit für die spätere Zukunft finde ich es durchaus sinnvoll, dass hier auch ALG-II Empfängerinnen und Frauen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, mit ihren Kindern besonders gefördert werden.
Was die Rückzahlung von Bafög- und Ausbildungsförderung anbelangt, kenne ich die Belastung aus eigener Erfahrung. Nach einigen Jahren der Ratenzahlung ergab sich jedoch die Möglichkeit einer Gesamttilgung bei reduziertem Endbetrag. Ich weiß nicht, ob Sie in Miete wohnen oder Wohneigentum nutzen können. Sollte ersteres der Fall sein, empfiehlt sich angesichts der derzeit niedrigen Zinsen die Überlegung, Wohneigentum zu erwerben. Das ist ein Stück Alterssicherung und Einsparpotential zugleich, auch wenn die Eigenheimzulage gestrichen wird. Vor zehn Jahren gab es auch staatliche Förderungprogramme für junge Familien, da müssten Sie sich nach der aktuellen Situation erkundigen - aber wahrscheinlich fahren sie im Augenblick bankfinanziert
besser, und das ohne einschränkende Auflagen.
Zum Elterngeld der SPD und der Stellung der Grünen auf Bundesebene dazu kann ich im Moment nichts sagen. Da müsste ich mich intensiver damit auseinandersetzen und weiter informieren. Von der Idee her finde ich den Vorschlag von Renate Schmidt nicht schlecht. Wenn das halbwegs vernünftig finanzierbar ist (in skandinavischen Ländern müssen da schon gute Erfahrungen gemacht worden sein), würde ich das persönlich durchaus begrüßen. Gerade in Ihrer Situation kann ich mir das als zusätzliche
Ermutigung vorstellen, wenn z.B. das Gehalt Ihrer Frau für das erste Jahr (oder auch Ihres) während der Kindererziehung weitergezahlt würde.
Für "Durchschnittspaare" im Vergleich zu ALG-/Sozialhilfeempfängern soll vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Bereitschaft zu Kindern fördern, der Ausbau hier soll vor allem den Kindern aus der Armutsfalle helfen. Darum ist den Grünen der Ausbau einer sozialen Grundsicherung wichtig.
Die Kürzung oder gar Streichung der Pendlerpauschale trifft Sie mit einer 100-Kilometer-Anfahrt nach Raubling besonders. Mir geht es mit der Fahrt nach München (ab September bis Gräfelfing) nicht besser. Allerdings kann ich mit dem Zug fahren und habe dadurch weniger Ausgaben als Sie mit dem Pkw (als MdB könnte ich sogar bis Berlin gratis fahren, aber das braucht halt noch mehr Zeit!). Trotzdem halte ich diese Kürzung grundsätzlich für sinnvoll. Flexibilität ist in der Tat wichtig, aber derart lange tägliche
Anfahrtswege sind auch eine Verschwendung an Zeit und ökologischen und ökonomischen Ressourcen. Die sinnvollere Alternative bestände darin, Arbeits- und Wohnorte näher zusammenzubringen. Also die Arbeit zu den Leuten (BMW nach Niederbayern oder Ihre Firma in den Wahlkreis) oder die Leute zur Arbeit (für Sie: Umzug Richtung Raubling oder ein Arbeitsplatz näher am derzeitigen Wohnort). Mir gelingt das ja selbst zur Zeit nicht (früher war ich drei Jahre lang an der Berufsschule Altötting), aber anzustreben bleibt es trotzdem. Der Wegfall der Pendlerpauschale ist da im Einzelfall
schmerzhaft (auch für mich), kann aber vielleicht auch heilsam sein. Und dann mehr Zeit für die Familie bringen.
Soviel vorerst für heute, konkreteres zu den offenen Fragen ein andermal, wenn unser Server wieder arbeitet.
Ihnen und Ihrer Verlobten einen schönen Sonntag!
MfG Georg Gafus