Frage an Georg Eisenreich von Bence S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Eisenreich,
ich hätte folgende Fragen an Sie:
1. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile des dreigliedrigen Schulsystems gegenüber anderer Modelle?
2. Braucht Bayern wirklich Studiengebühren? Wozu?
3. Könnten Familien mit Kindern nicht durch die Abschaffung der Gebühren für Kindergärten und Krippen finanziell unterstützt werden?
Mit freundlichem Gruß
Bence Szaszkó
Sehr geehrter Herr Szaszkó,
herzlichen Dank für Ihre Fragen zur Bildungs- und Sozialpolitik in Bayern. Wie aus Ihren Fragen schon hervorgeht, besteht ein enger Zusammenhang zwischen beiden Politikfeldern. Unser Ansatz ist es, den Menschen die bestmöglichen Chancen zu eröffnen, damit sie ihr Leben eigenverantwortlich und erfolgreich bestreiten können. Dazu gehört ein erfolgreiches Bildungssystem. Damit komme ich zu Ihrer ersten Frage.
1. Für uns stehen die Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt. Kinder und Jugendliche haben unterschiedliche Begabungen und Talente. Bayern bietet daher mit dem begabungsgerechten gegliederten Schulsystem vielfältige Bildungswege für vielfältige Begabungen. Die PISA-Studie hat bestätigt, dass Bayern im Vergleich mit den anderen Bundesländern in allen untersuchten Kompetenzbereichen den 1. Platz belegt. Die PISA-Studie hat auch nachgewiesen, dass von allen Bundesländern in Bayern der Kompetenzerwerb der Schüler am wenigsten von der sozialen Herkunft abhängt.
Wir haben in den letzten Jahren die Durchlässigkeit des bayerischen Schulsystems erhöht. Unser Ziel heißt „kein Schulabschluss ohne Anschluss“. Damit kann jeder auf einen einmal erreichten Abschluss aufbauen, wenn er das möchte. Ein Beleg für die Durchlässigkeit ist, dass in Bayern 43% der Hochschulzugangsberechtigungen nicht über das Gymnasium, sondern über die berufliche Bildung erworben werden. So können z.B. seit diesem Jahr alle beruflich Qualifizierten, wie Meister und Techniker, ohne weitere Prüfung ein fachbezogenes Fachhochschulstudium aufnehmen. Wir wollen daher keine Gesamt- oder Einheitsschule. Dadurch würde nur ein Einheitssystem übergestülpt werden, das viele Talente unzureichend fördert und entwickelt. Das zeigen Studien wie etwa die ELEMENT-Studie des Bildungsforschers Prof. Lehmann. Es wäre daher geradezu widersinnig, der Ideologie einer Gesamtschule nachzugeben und diese Schulsysteme, die in anderen Bundesländern weit weniger erfolgreich waren, nach Bayern zu importieren. Das Vertrauen von Eltern und Schülern in das öffentliche Schulsystem würde schwinden. Wer es sich leisten kann, würde in Privatschulen ausweichen. Wir wollen aber nicht, dass Bildung wie in Großbritannien und den USA vom Geldbeutel der Eltern abhängt. SPD und Grüne fordern eine längere gemeinsame Schulzeit. Das würde dazu führen, dass das Gymnasium auf sechs bzw. drei Jahre verkürzt wird. Die Mehrheit der Eltern will aber weder eine Abschaffung bzw. Verkürzung der Realschule noch eine Verstümmelung des achtjährigen Gymnasiums. Die CSU will die Realschule und das achtjährige Gymnasium erhalten.
2. In Bayern haben wir zum Jahr 2007 Studienbeiträge eingeführt. Wir brauchen diese Beiträge, die direkt den Studierenden zugute kommen, um ein international konkurrenzfähiges Niveau in der akademischen Lehre aufrecht erhalten zu können. Pro Jahr sind das ca. 150 Mio. Euro, mit denen Lehrbedingungen vor Ort verbessert werden können, etwa durch mehr Kleingruppenveranstaltungen und Tutorien, intensivere Studienberatung und eine Ausweitung des Angebots der Hochschulbibliotheken. Zudem stellen wir damit auch ein Stück Gerechtigkeit gegenüber beruflichen Abschlüssen her: Handwerker müssen die Kosten der Ausbildung zum Meister selbst tragen, Akademiker haben im Durchschnitt ein geringeres Arbeitsplatzrisiko und höhere Verdienstmöglichkeiten, waren an den Kosten für ihre Ausbildung bislang aber nicht beteiligt. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen haben wir sichergestellt, dass die Studienbeiträge sozial verträglich ausgestaltet sind: Beitragsdarlehen werden ohne Sicherheiten, ohne Bonitätsprüfung und ohne Abschlussgebühr gewährt. Zudem gibt es zahlreiche Befreiungsmöglichkeiten aus sozialen Gründen: Keine Beitragspflicht besteht für Studierende, deren Eltern für mindestens drei Kinder Kindergeld erhalten, für Studierende, die ein Kind unter 10 Jahren oder ein behindertes Kind erziehen und für Studierende, für die die Beitragserhebung trotz des Studienbeitragsdarlehens eine unzumutbare Härte darstellen würde. Hierüber kann die Hochschule im Einzelfall entscheiden. Damit ist sichergestellt, dass niemand durch die Studienbeiträge an der Aufnahme eines Studiums gehindert wird.
3. In Bayern machen die gesamten Leistungen für Familien mit derzeit über 860 Millionen Euro ein Drittel des Sozialhaushalts aus. Als eines von nur vier Bundesländern zahlen wir ein Landeserziehungsgeld. Damit unterstützen wir die Wahlfreiheit der Eltern. Die Schaffung eines ausreichenden Angebots an Kindergarten- und Krippenplätzen ist ein wichtiges Ziel für die CSU. Die Betriebskosten der Kindergärten werden in etwa zu 40 % vom Freistaat Bayern, zu 40 % von den Kommunen und zu 20 % von den Eltern getragen. Die Kindergartengebühren werden von den Kommunen festgelegt. Das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr ist eine wichtige Forderung, die die CSU München im Rahmen des Leitantrags "Schule in der Großstadt - alle Talente fördern!" beschlossen und auch der CSU-Parteivorstand in seinen Beschluss "Politik für Kinder" mit aufgenommen hat.
Leisten können wir uns die weiteren Investitionen in die Bildung und die Verbesserung der Unterstützung für Familien nur, weil wir rechtzeitig auf eine solide Haushaltspolitik gesetzt haben und nicht wie andere Bundesländer Haushaltslöcher stopfen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Eisenreich, MdL