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Gabriele Groneberg
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Frage von Claus S. •

Frage an Gabriele Groneberg von Claus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Groneberg,

als Bürger und Wähler aus dem Wahlkreis, in dem Sie kandidieren, stelle ich folgende Frage:
Unterstellt, ich wollte die/den SPD-Kandidatin/-en wählen. Weil durch die real existierenden Mehrheitsverhältnisse im Wahlkries und die Auswahl zwischen den Kandidaten meine Wahl nicht auf Sie fiele, ich aber dennoch gerne der gebeutelten SPD mit meiner Zweitstimme helfen würde, frage ich Sie, wer oder was legitimiert Sie als Zweitstimmenkandidatin? Warum ist es dem Wähler verwährt, auf den zur Wahl stehenden Parteilisten nicht auswählen zu dürfen? Wie kann ein Wähler wählen, der gerne der SPD seine Zweitstimme geben würde, die Listenkandidatin aber nicht wählen will?
Hat die SPD Ideen, wie dieses Dilemma alsbald aufgelöst werden kann, oder sind auch Sie ganz zufrieden damit, dass in Hinterzimmern "verdiente Parteigänger/-innen" auf Listenplätzen "oben" platziert werden?
Was, Frau Groneberg, hielten Sie vom Mehrheitswahlrecht? Für meinen Teil hielte ich dies für wünschenswert, weil der Wähler bei seiner Stimmabgabe wüsste, was er gewählt hat, unterstellt sein Kandidat hätte die Mehrheit der Stimmen errreicht.
clausschlaack

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schlaack,

sicher haben Sie recht damit, dass das Wahlsystem nicht perfekt ist, um den politischen Willen exakt abzubilden. Aber dennoch halte ich das bestehende Wahlsystem der sogenannten "personalisierten Verhältniswahl" für recht ausgewogen, weil es sowohl Elemente der Verhältniswahl als auch der Mehrheitswahl enthält.

Mit der Erststimme entscheiden Sie über den Wahlkreiskandidaten - nach dem Prinzip der Mehrheitswahl. Mit der Zweitstimme entscheiden Sie über die prozentuale Vergabe der Mandate einer bestimmten Partei. Die Verteilung erfolgt hier im Sinne der Verhältniswahl.

Sie sprechen vom Begriff "Zweitstimmenkandidatin", der in diesem Zusammenhang etwas missverständlich ist. Mit der Zweitstimme entscheiden Sie sich für eine Partei und drücken damit auch Ihr Vertrauen gegenüber dieser Partei aus. Dieses Vertrauen erstreckt sich insofern auch auf die Erstellung der so genannten Landeslisten.
Sie kritisieren nun, dass es dem Wähler verwehrt ist, auf den zur Wahl stehenden Kandidaten der Landeslisten der Parteien Einfluss nehmen zu können. Ich kann diese Kritik durchaus nachvollziehen.

Es handelt sich hier in der Tat um eine Privilegierung der Parteien, denn nur die Parteien sind nach § 2 Absatz 1 des Parteiengesetzes für Landeslisten vorschlagberechtigt. Die herausgehobene Stellung innerhalb des politischen Systems haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes den Parteien mit Absicht eingeräumt. Dieser besonderen Rolle der Parteien wird im Grundgesetz Rechnung getragen, indem die Stellung der Parteien durch Art. 21 I des Grundgesetzes (GG) festgelegt ist: "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Durch diese Bestimmung erhalten die Parteien verfassungsrechtliche Bedeutung und zugleich ist die Rolle der Parteien für die deutsche Demokratie festgeschrieben.

Möglichkeiten der Einflussnahme auf die zur Wahl stehenden Kandidaten gibt es bisher nur bei Kommunalwahlen. Das Kommunalwahlrecht erlaubt eine personenbezogene Wahl, ist aber kompliziert: Bei den Gemeinde- und Stadtratswahlen dürfen mehrere Stimmen frei verteilt werden. Im einfachsten Fall kann eine einzige Liste angekreuzt werden. Es können aber auch Kandidaten gestrichen oder ihnen bis zu drei Stimmen gegeben (kumulieren) oder Stimmen auf Bewerber verschiedener Parteien verteilt werden (panaschieren). Möglicherweise könnte auch das Wahlrecht auf Bundesebene sich in diese Richtung entwickeln. Das Verfahren ist allerdings sehr kompliziert und anfällig für Fehler und deshalb nicht unbedingt für Landtags- und Bundestagswahlen geeignet.

Unser bisheriges Wahlsystem ist bereits sehr kompliziert, um möglichst gerecht zu sein. Perfekt ist es allerdings nicht. Es gilt zu prüfen, welche Instrumente in der Lage sind, unser durchaus gut funktionierendes und ausgewogenes Wahlsystem tatsächlich zu verbessern. Ich bin mir sicher, dass uns die Diskussion um eine Veränderung des Wahlrechts in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Groneberg