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Frage von Dietrich S. •

Frage an Gabriele Frechen von Dietrich S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen,

Ihre Antwort an Herrn Jürgen Velten v. 23.3.2007 provoziert bei mir Nachfragen zu Nebentätigkeiten der Abgeordneten.
Zuerst zur Alterssicherung von Abgeordneten: Was ist eine Unabhängigkeit sichernde Entschädigung der Abgeordneten? Hat das etwas mit Pensionen zu tun?
Sie weisen auf Versteuerung hin und schreiben, anders als die Rente. Sie wissen doch, die Rente unterliegt steigend der Besteuerung. Das Fernziel ist eine Rente von 43%. Mit Nullrunden, Nachhaltigkeitsfaktor, Arbeits- losen, und Erhöhung der Sozialabgaben ist die Beraubung per Gesetz elegant zu schaffen. Ergebnis: Altersarmut.
Einem Abgeordneten müsste es doch möglich sein, aus seinen Diäten und reichlichen Zulagen eine Alterssicherung für die Zeit einzurichten, für die er Volksvertreter sein will.
Wenn das Rentenalter von 67 auch für Abgeordnete keine Frage für Sie ist, dann ergibt sich die Frage, ob Sie an der Gleichbehandlung schon arbeiten. Falls nicht, warum nicht?
Zu den Nebeneinkünften: Wenn sich ein Abgeordneter seine Entschädigung und Pension über die Zeit verdient, dann hat jede bezahlte Nebenätigkeit zu unterbleiben. Entweder er ist mit Haut und Haar Volksvertreter und dient dem Volk und keinem anderen, oder er lässt es sein und widmet sich seiner bisherigen existenzsichernden Tätigkeit.
Aus der fehlenden Garantie der Rückkehr in den alten Beruf kann doch kein Anspruch auf bezahlte Nebentätigkeit abgeleitet werden. Dass Sie dem Wähler die Überwachung über bezahlte Nebentätigkeiten zuschieben, klingt sehr höhnisch.
Im Übrigen ist es doch so, dass die Abgeordneten entgegen dem GG, nicht nach ihrem Gewissen urteilen. Entscheidungen werden von den Gruppenleitern der Parteien verkündet und sind durchzuwinken. Die Ergebnisse sind dann anders als Sie auf Ihren Wahlplakaten verkünden. Man nennt so etwas Dummenfang.
Ich bitte um Ihre Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Dietrich Scholz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Scholz,

vielen Dank für Ihre Nachfragen, auf die ich gerne eingehe. Sie fragen mich, was ich in meiner Antwort an Herrn Velten unter einer Alterssicherung verstehe, die eine die „Unabhängigkeit sichernde Entschädigung für Abgeordnete“ sein soll. Damit meine ich, dass die materielle Absicherung der Abgeordneten die politische Unabhängigkeit und damit auch die Freiheit des Gewissens gewährleisten soll. Dazu gehören sowohl die Diäten als auch die Pensionen für Abgeordnete. Kein Abgeordneter oder Abgeordnete soll gezwungen sein, zur Ausübung seines Mandates einer weiteren Erwerbstätigkeit nachgehen zu müssen. Jetzt werden Sie einwenden, dass sehr wohl viele Abgeordnete Nebentätigkeiten nachgehen. Das machen sie aber entweder auf freiwilliger Basis oder weil sie wegen einer möglichen Berufstätigkeit nach ihrer Abgeordnetentätigkeit ein Standbein benötigen. Aber dazu an späterer Stelle mehr.

Zuerst möchte ich noch auf Ihre Bemerkung zur Besteuerung der Renten antworten. Ich bitte Sie meine Antwort an Herrn Velten genau zu lesen, denn ich habe geschrieben: „Die Altersentschädigung ist – anders als noch die Rente - voll zu versteuern.“ Das Wörtchen „noch“ bitte ich zu beachten. Mir ist schon klar, dass mit dem Alterseinkünftegesetz die nachgelagerte Besteuerung der Renten eingeführt wurde. Die nachgelagerte Besteuerung der Renten führt aber ganz Gewiss nicht zu Altersarmut, denn Fakt ist: Die große Mehrheit der Rentnerinnen und Rentner, die bereits heute Rente beziehen, müssen auch künftig auf ihre Rente keine Steuern bezahlen. So sind seit 2005 für alle Alleinstehenden, die bereits eine Rente beziehen oder im Jahr 2005 in Rente gegangen sind, rund 19.000 Euro pro Jahr (rund 1.583 Euro pro Monat) steuerfrei, wenn keine weiteren Einkünfte vorliegen. Bei Verheirateten verdoppeln sich diese Beträge. Seit 2005 unterliegen Alterseinkünfte oberhalb dieses Freibetrags zu 50 Prozent der Besteuerung. Dies gilt für alle Bestandsrenten sowie die in 2005 erstmals gezahlten Renten. Der zu versteuernde Anteil der Rente wird für jeden neu hinzukommenden Rentnerjahrgang bis zum Jahr 2020 in Schritten von zwei Prozentpunkten auf 80 Prozent und anschließend in Schritten von einem Prozentpunkt bis zum Jahr 2040 auf 100 Prozent angehoben. Dafür werden im Gegenzug die während der Erwerbsphase in die Altersvorsorge eingezahlten Beiträge für jeden Erwerbstätigen über die Jahre allmählich von der Einkommensteuer freigestellt. Erwerbstätige erhalten damit für die private Altersvorsorge finanziellen Spielraum, um das geringere Bruttorentenniveau von 43% im Jahre 2030 auffangen zu können. Denn eins muss für die Zukunft allen klar sein: Aufgrund der demografischen Entwicklung müssen sich künftige Rentnerinnen und Rentner neben der gesetzlichen Rentenversicherung auch ein Standbein in der privaten oder betrieblichen Rentenversicherung aufbauen.

Sie werden mir wahrscheinlich zustimmen, dass nicht die Höhe der Diäten von derzeit 7.009 Euro im Monat im Mittelpunkt der Kritik stehen, sondern die Regelungen zur Altersentschädigung für Abgeordnete. Ich kann mir durchaus vorstellen, die Altersentschädigung und die Diäten nach dem Vorbild von NRW zu regeln. Dort wurden die Diäten erheblich erhöht, im Gegenzug müssen die Abgeordneten aber für ihre Altersvorsorge selber sorgen.

Sie fordern, dass Abgeordnete keine bezahlten Nebentätigkeiten nachgehen sollen, damit sie sich ganz auf ihre Abgeordnetentätigkeit konzentrieren können. Leider ist die Sache nicht ganz so einfach. Ich bin der Auffassung, dass der Bundestag nach Möglichkeit ein Spiegelbild der Gesellschaft sein sollte, in dem möglichst viele Berufsgruppen vertreten sind. Sie wissen bestimmt um den großen Anteil der Abgeordneten (je nach Wahlperiode zwischen 30 und 40%), die ihren beruflichen Hintergrund im Öffentlichen Dienst haben. Das hat auch seinen Grund: Wer vor seiner Abgeordnetenlaufbahn im Öffentlichen Dienst tätig war, hat im Falle eines Mandatsverlustes die Möglichkeit, an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Diese Möglichkeit haben Abgeordnete, die vorher selbständig waren oder in Freien Berufen gearbeitet haben, nur bedingt. Für sie ist es wichtig, dass sie auch während ihrer Abgeordnetenzeit einer Nebentätigkeit nachgehen können, um im Falle des Mandatsverlustes wieder in einen Beruf zurückkehren zu können. Wäre diese Möglichkeit nicht gegeben, wäre die Zahl der Abgeordneten mit einem selbständigen Berufshintergrund sicher geringer als heute. Nebenbei sei noch erwähnt, dass es keinen Anspruch auf eine bezahlte Nebentätigkeit gibt, wie Sie schreiben.

Meine Aussage, dass für den Wähler die Möglichkeit bestehen muss, sich über die Nebentätigkeiten der Abgeordneten zu informieren, empfinde ich nicht als höhnisch. Immerhin müssen die Bürger selber entscheiden, ob sie den Kandidaten oder die Kandidatin wählen wollen oder nicht. Außerdem stehen die politischen Parteien im Wettbewerb. Falls eine Nebentätigkeit die Zeit eines Abgeordneten übermaßen beansprucht, wird der politische Gegner die Öffentlichkeit sicher darauf aufmerksam machen.

Sehr wohl entscheiden die Abgeordneten nach ihrem Gewissen. Wer behauptet, Abgeordnete würden einfach so abstimmen, wie es ihre Vorsitzenden in Partei und Fraktion vorgeben, kennt Politik nur aus dem Fernsehen, war selber aber noch nie politisch tätig. Denn sonst wüsste er, dass in Fraktionssitzungen oder auf Parteiversammlungen sehr wohl heftig gestritten und diskutiert wird. Auch wird selten ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung ohne Änderungen beschlossen. Wenn Sie aufmerksam die Nachrichten verfolgen, dürfte Ihnen auch nicht entgangen sein, dass sich gerade in der Großen Koalition immer wieder Abgeordnete bei Abstimmungen sich nicht der Mehrheitsmeinung anschließen und gegen Gesetze der eigenen Regierung stimmen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen auf Ihre Fragen eine zufriedenstellende Antwort geben konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Gabi Frechen MdB