Frage an Gabriele Bischoff von Tim G. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrte Frau Bischoff,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort auf meine Fragen zu Ungarn. Das Sie darain ausdrücklich für Rückfragen zur Verfügung stehen, sind mir solche gewiss erlaubt.
Was die fehlende Ungarische Fassung der gegen die ungarische Regierung gerichteten Petition anbelangt, verweisen Sie auf deren Initiatoren. Wer ist das denn? Wissen Sie das? Und finden Sie es jedenfalls sinnvoll, eine Petiton, die Vorgänge in einem Land der EU zum Gegenstand hat, in verschiedensten Sprachen zu veröffentlichen, aber nicht in der Sprache des betroffenen Landes?
Setzen Sie sich als Parlamentarierin in Brüssel nicht dafür ein, dass möglichst alle Sprachen der Union göeichberechtigt berücksichtigt werden, ganz besonders wenn es um so wichtige Debatten wie Demokratie und Grundwerte geht?
Sie schreiben, dass die Regierung Orbán einen faktisch unbegrenzten Notstand "eingeführt" habe. Kennen Sie denn Artikel 53 der ungarischen Verfassung? Ist der dort beschriebene Notstand, nicht genau der, den die ungarische Regierung aufgrund der Corona-Ausbreitug ausgerufen hat? Inwiefern kann es sich dann um einen "Einführung" eines solchen Notstandes handeln?
Trifft es zu, dass das ungarische Parlament weiterhin arbeitet und uneingeschränkt seine von der ungarischen Verfassung vorgesehenen Befugnisse ausüben kann? Gehört zu diesen Befugnissen nicht auch ausdrücklich, den Notstand und die zugehörigen Dekrete der Regierung jederzeit zu beenden?
Was genau ist falsch an den diesbezüglichen Darstellungen der ungarischen Justizministerin? Haben Sie sich selbst einmal die Mühe gemacht, die ungarische Verfassung und den darauf bezogegen Text des jetzigen Parlamentsbeschlusses nachzulesen und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Was sollte man aus Ihrer Sicht denn daran anders, besser machen? Haben Sie sich den Text (den es neben Ungarisch auch auf Englisch gibt) denn ins Deutsche übersetzen lassen? Existiert in den EU-Organen eine Übersetzung des Textes und der Ung. Verfassung ins Deutsche, auf welche Sie als Abgeordnete zugreifen können? Haben Sie die Möglichkeit, auf die diesbezügliche Expertiese des Juristischen Dienstes zuzugreifen oder auf vergleichbare Expertiese, wie sie etwa Bundestagsabgeordneten mit dem dortigen Wissenschaftlichen Dienst zur Verfügung steht? Gibt es parlamentarische Anfragen an die Kommission zu dem Thema oder haben Sie eine solche initiiert?
Haben Sie mit Ungarn darüber gesprochen, zum Beispiel mit ihren fünf Kollegen in der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten? Was sagen die denn dazu? Sehen die das wie Sie? Haben die auch die Petition unterzeichnet? Wenn Sie es noch nicht getan haben, halten Sie es nicht für notwendig und vordringlich, mit Ihren Ungarischen Fraktionskollegen darüber zu sprechen, die ja als Sozialdemokraten bestimmt keine Anhänger von Orbán sind?
Finden Sie es nicht vielleicht wichtiger, den Dialog mit den Ungarn, Gegnern wie Anhängern ihrer Regierung, zu führen, als Petitionen über sie zu fördern?
Sehr geehrter Herr Gerber,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Gern verweise ich Sie hinsichtlich Ihrer inhaltlichen Fragen auf meine vorhergehenden Antworten. Gleichzeitig lade ich Sie für weitere Fragen herzlich ein, sich an meine Kollegin Dr. Katharina Barley zu wenden. Sie ist in der SPD-Delegation für Fragen zur Rechtsstaatlichkeit zuständig.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende!
Mit besten Grüßen
Gaby Bischoff