Frage an Gabriela Schimmer-Göresz von Birgit W. bezüglich Gesundheit
1.Wie wird es eine Regierung mit ÖDP Mitwirkung schaffen die MRSA Keime in den Krankenhäusern einzudämmen?
2.Wie steht die ÖDP zu der Hebammenproblematik (Hebammenmangel im Kreißsaal, Schließung der Kreißsäale) ?
Sehr geehrte Frau Wack,
vielen Dank. Gerne beantworte ich Ihre beiden Fragen:
1. Wie wird es eine Regierung mit ÖDP Mitwirkung schaffen die MRSA Keime in den Krankenhäusern einzudämmen?
Ich möchte hier kurz aus der Kampagne des ÖDP-EU-Abgeordneten Prof. D. Dr. Klaus Buchner „Klaus graust’s“ zitieren.
„Durch wiederholten, breiten und falsch indizierten Einsatz von Antibiotika, vor allem bei der Massentierhaltung, (jedoch auch in der Humanmedizin) werden resistente Bakterien geradezu gezüchtet. Wenn dann bei einer ernsten Infektion ein Antibiotikum eingesetzt wird, überleben die resistenten Bakterien und vermehren sich, die nichtresistenten Bakterien sterben. Die resistenten Bakterien können ihre genetische Information auch an andere Bakterien weitergeben, mit der Folge, dass diese auch resistent werden. Bei diesen sog. Multiresistenzen wirkt dann kein Antibiotikum mehr und führt zum Tode.
In der Massentierhaltung werden sehr große Mengen Antibiotika zur Bekämpfung von Infektionen vor allem vorbeugend (!) verabreicht. Diese sehr hohen Dosen von Antibiotika führen zunehmend bei den Tieren zu resistenten Keimen, welche dann auf das Fleisch gelangen. Durch die Gülle gelangen außerdem die resistenten Killerbakterien auf die Felder und damit auf Obst und Gemüse, als auch ins Grundwasser. Auf Menschen, die in der Massentierhaltung tätig sind, werden die Keime ebenfalls übertragen und gelangen über Kontakte wieder zu anderen Menschen. Das heißt, die resistenten Keime aus der Massentierhaltung gelangen so über mehrere Wege zu immer mehr Menschen. Ein MRSA-Träger, d.h. ein Mensch, welcher mit dem Keim besiedelt ist, zeigt in der Regel keine Krankheitssymptome und ist „gesund“. überträgt er jedoch diesen Keim auf einen kranken, geschwächten, verletzten oder operierten Patienten, führt dies (vorwiegend im Krankenhaus oder anderen medizinischen Einrichtungen) immer häufiger zu unbehandelbaren Infektionen mit Multiorganversagen und Todesfolge. Da diese Menschen sich in der Regel im Krankenhaus befinden, spricht man allgemein von „Krankenhauskeimen“. Soweit Prof. Dr. Dr. Klaus Buchner.
Hier ist, wie bei vielen anderen Thematiken angezeigt, an der Wurzel des Problems anzusetzen. U.a. fordert die ÖDP bzw. würde sich eine ÖDP mit Regierungsbeteiligung für ein Verbot der industriellen Intensiv-Tierhaltung einsetzen, weil diese u.a. auch durch Missbrauch von Antibiotika zur Entstehung und Ausbreitung resistenter Keime beiträgt.
Viele Fleischprodukte in unserer Gesellschaft, die angeboten werden, kommen aus industrieller Intensiv-Tierhaltung. Deshalb sind sie so billig und deshalb essen die meisten Menschen so viel Fleisch. Hier ist ein Umdenken dringend notwendig. Die ÖDP hält quälerische Massentierhaltung für unethisch und auf vielfältige Weise für schädlich und gefährlich. Die industrielle Intensiv-Tierhaltung
- ist Raubbau an der Natur, weil durch sie Landschaften zerstört und Urwälder unwiederbringlich vernichtet werden.
- ist schädlich für die Umwelt, weil Boden und Grundwasser durch Gülle und Gifte belastet werden.
- ist nachteilig für das Klima, weil ein erheblicher Anteil der von den Menschen verursachten schädlichen Gase (CO2, Methan, Lachgas usw.) Folge der intensiven Tierhaltung in der Landwirtschaft ist.
- ist qualvoll für die Tiere, weil diese in engen Boxen oder Käfigen dahinvegetieren müssen.
- ist gefährlich für unsere Gesundheit, weil wir zu übermäßigem Fleischkonsum verführt werden.
- birgt gesundheitliche Risiken, weil sie Brutstätte für Infektionserreger und Seuchen ist und – wie bereits gesagt,
- zum Missbrauch von Antibiotika und damit zur Entstehung und Ausbreitung resistenter Keime führt.
Aus all diesen Gründen lehnt die ÖDP Massentierhaltung strikt ab. Sie tritt für eine zukunftsfähige und nachhaltige Nutztierhaltung auf bäuerlichen Betrieben ein und somit gegen Agrarfabriken. Die ÖDP schließt sich den Forderungen des Netzwerks „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ an: Agrarsubventionen müssen strikt an Leistungen für den Tier- und Umweltschutz gekoppelt werden. Die Tierschutzstandards sind anzuheben. Die Tierhaltungsformen müssen auf allen Lebensmitteln gut sichtbar angegeben werden entsprechend dem Vorbild der Eierkennzeichnung. Die regionale Futtermittelerzeugung muss gestärkt und heimische Futtermittel müssen ohne Gentechnik produziert werden. Importierte tierische Lebensmittel, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln erzeugt wurden, sind verbindlich zu kennzeichnen.
2. Wie steht die ÖDP zu der Hebammenproblematik (Hebammenmangel im Kreißsaal, Schließung der Kreißsäle)?
Die ÖDP fordert das Recht auf eine natürliche und selbstbestimmte Geburt.
Der Schutz des Lebens umfasst originär den Bereich Geburt und ist untrennbar auch mit dem Berufsstand der freien Hebamme verbunden. Gerade hier unterstreicht die ÖDP ihre Grundeinstellung der Achtung und Wertschätzung gegenüber allem Leben, insbesondere von Mutter und Kind. Dies zu gewährleisten, ist ureigene Aufgabe der Hebamme. Diese bietet Frauen und Familien eine gute medizinische, soziale und achtsame Betreuung vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit an.
Durch kompetente und einfühlsame Beratung in allen Fragen hinsichtlich Schwangerschaft und Geburt weist die Hebamme die von ihr betreuten Familien in das Geburtsgeschehen ein und schafft somit die Grundlage für eine von der Frau selbst bestimmte Geburt. Die Bestärkung der Frau hinsichtlich ihrer Gebärfähigkeit und die einfühlsame Betreuung durch „ihre“ Hebamme sind die beste Voraussetzung für einen komplikationslosen, sicheren Geburtsablauf für Mutter und Kind.
Ein selbstbestimmt erlebtes Geburtsgeschehen, das so genannte „Gebären aus eigener Kraft“, wirkt sich umfassend positiv auf die Mutter-Eltern-Kind-Bindung und die Bildung der Familie als kleinste Einheit unserer Gesellschaft aus. „Es ist nicht egal, wie wir geboren werden“ (Michel Odent).
Um dies allen Müttern und ihren Kindern zu ermöglichen, ist eine Betreuungsintensität von 1:1 (eine Hebamme betreut eine Frau) anzustreben (Cochrane-Analyse), wie sie derzeit nur in der außerklinischen Geburtshilfe geleistet wird. Gegenüber der normalen Geburt stellt der Kaiserschnitt in der Regel das größere gesundheitliche Risiko für Mutter und Kind dar. Die steigende Kaiserschnittrate ist oft auf Wirtschaftlichkeitsberechnungen von konzerngeführten Kliniken zurückzuführen.
Die ÖDP setzt sich für eine langfristige Lösung der Haftpflichtproblematik ein, um den Berufsstand der Hebamme dauerhaft zu sichern. Deren Leistungen sind ein gesellschaftlich relevanter Beitrag zur Frauen-und Familiengesundheit.
Wir fordern Rahmenbedingungen, die die Möglichkeit der natürlichen und selbstbestimmten Geburt unterstützen:
- Zeit und Transparenz im Umgang mit den Frauen während der Geburt, sodass ihre Würde und ihr Recht auf Selbstbestimmung in jeglicher Weise respektiert werden kann
- Umstrukturierung der Honorarordnungen dahingehend, dass Kaiserschnitte und andere invasive geburtshilfliche Maßnahmen gegenüber der natürlichen Geburtshilfe nicht unverhältnismäßig hoch vergütet werden.
- Kalkulation der Leistungen von Hebammen durch die Krankenkassen (GKV) nach Kosten und Verantwortungskompetenz und entsprechende Anhebung der Vergütungen.
- Sicherstellung der gesetzlich geregelten Wahlfreiheit (SGB V, § 24 f.) des Geburtsortes (wohnortnah) sowie die flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe.
- Schaffung von alternativen Haftpflichtstrukturen:
- Einrichtung eines staatlichen Haftungsfonds mit/ohne Definition einer Haftungsobergrenze oder
- Neuordnung der gesamten Berufshaftpflichtstrukturen im Gesundheitsbereich (DGUV)
Ich hoffe, dass ich Ihre beiden Fragen erschöpfend und zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte. Alles Gute.
Gabriela Schimmer-Göresz