Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Gabriela Heinrich
SPD
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Frage von Uwe C. •

Frage an Gabriela Heinrich von Uwe C. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Frau Heinrich,

danke für Ihre Antwort an mich vom 7.11.19.
Dort führten Sie unter Anderem sinngemäß aus, dass Sie den militärischen Einmarsch der Türkei zwar verurteilen, aber doch gewisse Rücksichten auf die Türkei nehmen müssen, da Deutschland mit der Türkei in der NATO verbündet ist.

Bedeutet das, dass dieser völkerrechtswidrige Einmarsch der Türkei in ein anderes Land, für Sie nicht vergleichbar ist mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Rußland?

Ich kann mich noch entsinnen wie die Bundesregierung lauthals gegen Rußland protestiert hat und Sanktionen gefordert und verhängt hat. Zu Recht nach meiner Meinung. Nur vermisse ich hier die gleiche Konsequenz der Bundesregierung gegenüber der Türkei. Die Tornados fliegen weiterhin Aufklärungseinsätze, für wen eigentlich, diese Frage haben Sie bisher noch nicht beantwortet.

Deutschland liefert weiter Waffen in die Türkei, einem Aggressor also, und nach Saudi-Arabien, deren Regierung einen Mord an einen Jurnalisten in einem anderem Land ausführen lassen hat. Wie vereinbart sich dies mit Ihrem Rechtsbewußtsein?

Kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, dass Sie Aggressoren wie die Türkei oder Länder wie die USA, die illegale Gefängnisse im Ausland unterhalten und dort Menschen foltern, also die Menschenrechte verletzen (Siehe Irak) zwar kritisieren, aber aus Bündnisgründen nichts weiter unternehmen, wie zum Beispiel gegen Rußland?

Ich habe nichts gegen Israel und die Juden. Ich beschwere mich aber über die jahrelange Siedlungspolitik der Israelis. Denken Sie nur an das Westjordanland. Das ist für mich auch eine Aggression und Annexion eines anderen Landes. Bin ich wegen dieser Meinung ein Antisemit?

Warum sind Sie in dieser Sache so ruhig?

Jetzt bitte nicht, dass wir eine besondere Verantwortung aus der Geschichte gegenüber Israel haben. Das ist richtig, aber dann müssen wir das auch gegenüber Rußland so eingestehen mit seinen etwa 20 Millionen Toten im zweiten Weltkrieg.

MfG
U. C.

Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre erneute E-Mail und die weiteren Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte.

Zu Recht haben Sie die Frage von Rüstungsexporten angesprochen. In der letzten Legislaturperiode wurde auf Betreiben der SPD in diesem Bereich für mehr Transparenz gesorgt und für Verschärfungen bei dem Export von Kleinwaffen. Im Juni dieses Jahres haben wir dafür gesorgt, dass die politischen Grundsätze der Bundesregierung weiter verschärft wurden und bestehen darauf, dass diese Regelungen nun auch konsequent angewendet werden.

Dies reicht uns jedoch nicht aus. Deswegen hat die SPD-Bundestagsfraktion vor einem Monat ein Positionspapier beschlossen, das einen Paradigmenwechsel in der Rüstungsexportpolitik einläutet. Die Produktion und der Export von Rüstungsgütern sind kein Mittel der Wirtschaftspolitik, sondern eine Frage der Sicherheits- und Außenpolitik, die eng einhergehen muss mit einem stärkeren Engagement für internationale Abrüstung und Verteidigung der Menschenrechte. Sie sind kein strategisches Instrument, mit dem Wirtschaftswachstum und Wohlstand in Deutschland und der EU geschaffen werden sollen. Deswegen soll für Staaten, die weder Mitglied der EU noch der NATO oder ihnen gleichgestellt sind, eine Ratifizierung des ATT (Arms Trade Treaty, Internationales Waffenhandelsabkommen) und dessen konsequente Umsetzung zwingende Voraussetzung für jede Form der Rüstungskooperation sein. Davon kann es im begründeten Einzelfall absolute Ausnahmen geben. Das Positionspapier finden Sie hier: https://www.spdfraktion.de/themen/spd-fraktion-will-ruestungsexporte-deutlich-einschraenken

Sie haben auch den Einsatz der Tornado-Aufklärungsjets am Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak angesprochen. Hier haben wir durchgesetzt, dass dieser Teil des Mandates der Bundeswehr nur noch bis zum 31. März 2020 läuft.

Die Türkei hat keinen Zugriff auf die Aufklärungsergebnisse, die bei deutschen Aufklärungsflügen über Syrien gewonnen werden. Seit dem 9. Oktober 2019 werden die deutschen Aufklärungsergebnisse nur noch in den Informationsraum „Framework Nations“ eingestellt, zu dem die Türkei nicht gehört. Bei den Daten handelt es sich ohnehin ausschließlich um solche zur Aufklärung und zur Bekämpfung des IS. Der Einsatz selbst ist eine Unterstützung der internationalen Anti-IS-Koalition.

Zu Ihren Nachfragen zur Türkei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Bundesaußenminister Heiko Maas den Einmarsch klar als völkerrechtswidrig verurteilt und die Türkei zur Umkehr aufgefordert hat. Darüber hinaus sind im Konflikt einsetzbare Rüstungsexporte in die Türkei gestoppt worden.

Schließlich haben Sie auch den Nahost-Konflikt angesprochen. Für mich als Sozialdemokratin ist klar: Nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann den Nahostkonflikt nachhaltig befrieden und den legitimen Ansprüchen beider Seiten gerecht werden. Gleichzeitig teile ich wie die überwältigende Mehrheit der internationalen Gemeinschaft die Einschätzung, dass der Siedlungsbau gegen das Völkerrecht verstößt und eine Friedenslösung zunehmend schwieriger macht. Dennoch: Es gibt keine politische Alternative zu einer Zwei-Staaten-Lösung, die den demokratischen Charakter Israels bewahrt und das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser respektieren könnte.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriela Heinrich

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