Frage an Gabi Rolland von Bernhard B. bezüglich Verkehr
Allen sollte doch bekannt sein, dass wir die Klima- und Verkehrswende und den Umweltschutz überall nur mit viel viel größeren Anstrengungen erreichen können.
Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass die SPD das nicht zu 100% priorisiert und stattdessen immer "pragmatisch" unterwegs ist.
Selbst die Grünen machen bei diesen dringenden Zukunftsthemen zu wenig, aber die SPD ist da ziemlich hinten dran (leider nicht nur im Land). Umweltschutz betrifft ganz wesentlich auch die Frage der sozialen Gerechtigkeit. Die massive stille Subvention des Autoverkehrs (kostenlose oder billige Parkplätze usw.), der hohe Flächenverbrauch und die hohen sozialen Kosten der Autos sind gegenüber all denjenigen massiv ungerecht, die kein Auto haben (Menschen mit schmalem Budget, ältere Menschen, Kinder + Jugendliche, behinderte Menschen, umweltbewusste, nachhaltige Menschen, Fußgänger + Radfahrer usw.). Und auch ungerecht gegenüber dem Klima, der Umwelt usw.
Menschen mit schmalem Budget, die vielleicht ein Auto benötigen, sollte man nicht unter dem Deckmäntelchen der sozialen Gerechtigkeit beim schädlichen Autofahren unterstützen, sondern vielmehr bei den vielen anderen, aber gesunden Aspekten des Lebens!
Warum hat die SPD da nicht den Blick für das unverhandelbar Notwendige und die eigentlichen sozialen Ungerechtigkeiten?
Sehr geehrter Herr B.,
gerne nehme ich, besonders als umweltpolitische Sprecherin der SPD Landtagsfraktion zu Ihrer Mail Stellung.
Es mag sein, dass Klima- und Umweltschutz nicht die allererste Priorität bei unseren Themen hat. Dennoch meine ich, dass wir sehr gut aufgestellt sind. Ich bin davon überzeugt, dass der Klimawandel eine soziale Frage zwischen dem globalen Norden und Süden ist, aber auch zwischen den Generationen und den vermögenden Menschen und den weniger Vermögenden.
Wir haben uns bereits am 13. November in unserem Wahlprogramm zur 1,5 Grad Grenze bekannt und das Restbudget von 350-400 Mio Tonnen CO2 aufgenommen. Leider konnten sich die Grünen im neuen Klimaschutzgesetz nicht dazu durchringen. Auch die Maßnahmen und Instrumente bleiben erheblich hinter den Möglichkeiten Baden-Württembergs. Deshalb braucht es die SPD in der Regierung, um hier weiter zu kommen.
Wir haben in unser Wahlprogramm aufgenommen, dass wir CO2 einsparen wollen im Bereich der Beschaffung der öffentlichen Haushalte, wie auch in den Produktionsprozessen. Dringend erforderlich ist die Überprüfung der Genehmigungsverfahren – heute braucht eine Windkraftanlage von der Antragstellung bis zur Genehmigung 56 Monate – das ist deutlich zu lang. Es ist mir ein Rätsel, warum die grüngeführten Ministerien, die hierfür zuständig sind, dies nicht beschleunigen können.
Ferner sind wir der Auffassung, dass wir im Land für das Verwaltungshandeln Schattenpreise einführen sollte. Sobald klimaschädliches Verhalten einen Preis bekommt, ändert es sich. Darüber hinaus sind wir auch der Auffassung, dass Kompensationsmaßnahmen in anderen Ländern geprüft werden sollten – allerdings ohne Anrechnung auf die eigenen Anstrengungen.
Wir brauchen für die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes ein Kontrollsystem, das verbindlich ist und entsprechendes Handeln nach sich zieht. Um die 1,5 Grad Grenze einhalten zu können, brauchen wir eine 75% Stromerzeugung durch die Erneuerbaren, insbesondere der Windkraft bis 2030. Das ist sehr ambitioniert, aber machbar. Wir wollen die dezentrale Energieversorgung, insbesondere durch Bürgerkraftwerke unterstützen. In der Gebäudesanierung liegt hohes Potenzial, das es zu heben gilt. Solaranlagen sollten überall dort Pflicht sein, wo es möglich ist. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Agrar-Photovoltaik erst am Anfang steht. Insbesondere in unserer Region, wo wir viel Sonderkulturanbau haben (Obst, Wein, etc.) hat dies auch für die Landbewirtschafter großen Nutzen. Wir meinen auch, dass geprüft werden sollte, wo Eine Überbauung von Infratrukturanlagen, wie Autobahnen oder Bundestraßen mit PV-Anlagen möglich ist. In Freiburg haben wir eine Projekt aus der Taufe gehoben; Dreisun entlang der B 31.
Die Wasserstofftechnologie braucht mehr finanzielle Unterstützung und die Tiefengeothermie darf nicht nur schlecht geredet werden, sondern sollte sachlich geprüft werden, insbesondere im Oberrheingraben.
Ein hohes Potenzial liegt in der Nah- und Fernwärmeversorgung. Ich bin aktuell mit den größten Städten Baden-Württembergs im Austausch, wie dies schnell auf den Weg gebracht werden kann.
Ich bin davon überzeugt, dass es mit allen Maßnahmen gelingen kann aus in Baden-Württemberg bis 2032 aus der Kohleverstromung auszusteigen.
Die Verkehrswende ist ebenfalls ein großer Baustein für den Klimaschutz. Auch hier meine ich, dass die SPD bereits bewiesen hat, wie es gehen kann. In Freiburg liegt die Verkehrsmittelwahl im Binnenverkehr bei 80% Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖPNV). Deshalb wollen wir landesweit ein 365 Euro-Ticket und jeden Ort mindestens stündlich angefahren wissen. Ferner halten wir Tempo 30 in der geschlossen Ortschaft für richtig und auch ein Tempolimit auf der Autobahn – übrigens ist das bereits seit 2007 Beschlußlage der SPD.
Ich denke auch, dass die SPD gezeigt hat, dass sie es meint dem Artenschutz ernst meint. Wir haben das Volksbegehren Pro Biene unterstützt. Wir haben nicht nur Unterschriften gesammelt, sondern haben auch mit den Landbewirtschaftern sowie Bürgerinnen und Bürger darüber diskutiert. Das hat keine einzige andere Partei in Baden-Württemberg gemacht.
Ich hoffe ich konnte Ihnen die Klima- und Umweltschutzseite der SPD etwas aufzeigen. Sicher nicht vollumfänglich. Aber ich hoffe Sie können einen Eindruck gewinnen. Wenn Sie wollen können Sie meine Reden zu diesen Themen auf der Internetseite des Landtages www.landtag-bw.de nachhören.
Mit freundlichen Grüßen
Gabi Rolland