Frage an Gabi Rolland von Philip S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Rolland,
Innenminister Gall möchte das seit 2010 bestehende nächtliche Verkaufsverbot von Alkohol auch auf Getränkeautomaten und Bringdienste ausweiten. Während Ministerpräsident Kretschmann das Vorhaben unterstützt, gibt es in der Grünen und SPD Basis generelle Zweifel an der Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit des deutschlandweit einzigartigen Experimentes.
Als Landtagsabgeordnete meines Wahlkreises interessiert mich Ihre persönliche Meinung zu folgenden Fragen:
- Wo sehen Sie die konkret messbaren, signifikanten Verbesserungen, die durch das Verkaufsverbot erreicht werden konnten?
- Sind diese Verbesserungen ausreichend, um die Beschränkungen der individuellen Freiheit des mündigen Bürgers zu rechtfertigen?
- Sind Sie der Meinung, dass die abseits des Verbotes bestehenden Jugendschutzvorschriften konsequent genug umgesetzt werden?
- Sehen Sie das Verbot überhaupt als Maßnahme des Jugendschutzes oder geht es darum unkontrollierte öffentliche Saufgelage zu unterbinden? Wenn letzteres zutrifft, ist das gelungen? Welche Möglichkeiten gäbe es zusätzlich/stattdessen?
- Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur kontrollierten Legalisierung von Cannabis? Auch dort geht es um die Frage, ob mit Prävention und der Anerkennung von Realitäten mehr zu erreichen ist, als durch Verbote.
Ich freue mich auf Ihre Antwort, liebe Grüße!
Sehr geehrter Herr Sorst,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Es ist richtig, dass das Innenministerium Baden-Württemberg aufgrund der Ergebnisse des Runden Tisches "Lebenswerter öffentlicher Raum" entsprechend initiativ geworden ist. Allerdings ist das Gesetzesvorhaben noch nicht abgeschossen, sondern findet sich in der Anhörung, weshalb sich noch nicht über Erfahrungen berichten läßt. Ich gehe davon aus, dass auch dieses Gesetz - sofern es kommen sollte - einer Evaluation unterzogen wird.
Persönlich war ich - insbesondere aufgrund meiner Aktivitäten im Freiburger Stadtteil Stühlinger - der Meinung, dass Großstädte, deren Bevölkerung an bestimmten Orten tatsächlich mit Saufgelagen, etc. heftig drangsaliert sind, eine Option erhalten sollten, ein räumlich beschränkte sowie befristetes und pädagogisch wie sozial begleitetes Alkoholverbot auszusprechen. Dies fand keine Mehrheit - was ich allerdings auch sehr gut nachvollziehen kann. Deshalb habe ich auch nicht weiter in diese Richtung insistiert.
Soweit ich weiß sind Pizzabringdienste von dem vorgesehenen Alkoholverkaufsverbot ausgenommen, weil sie eine Schankerlaubnis für ihren Betrieb haben. Anders sieht es mit Bringdiensten und Automaten aus, die keine Schankerlaubnis haben.
Ich will Ihnen aber nicht vorenthalten, dass es doch auch reichlich Menschen gibt, vor allem die an einladenden Plätzen wohnen, die sich über ein Verkaufsverbot freuen würden - zumindest sagen mir das einige Nachbarn.
Persönlich halte ich nicht wirklich viel von derartiger Bevormundung - auch wenn ich lieber in die Wirtschaft gehe.
Allerdings sollte auch bei Bringdiensten und Automaten gewährleistet werden, dass der Jugendschutz eingehalten wird - dass das möglich ist, zeigen die Zigarettenautomaten.
Meines Wissens werden die Jugendschutzvorgaben in den Geschäften recht gut eingehalten. Die Kassierer-/innen lassen sich bei jugendlich aussehenden Menschen oftmals den Ausweis zeigen - das erlebe ich häufig beim Einkaufen. Probeeinkäufe durch das Ordnungsamt zeigen allerdings auf, dass es auch Umsetzungsprobleme gibt.
Der Drogenhandel (Cannabis) auf dem Stühlinger Kirchplatz hat die Stühlinger SPD bewogen, die Frage nach einem kontrollierten Verkauf zu stellen. Ärzte sind vornehmlich dagegen, weil der Cannabiskonsum zu Psychosen führen kann - ich bin allerdings der Auffassung, wer sein Glück in Drogen finden will (dazu gehören ja auch Alkohol und Zigaretten), sollte auch in konzessionierten Läden einkaufen können - selbstverständlich muss auch hier der Jugendschutz gewahrt sein.
Viele Grüße
Gabi Rolland