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Frage von Michael N. •

Frage an Fritz Felgentreu von Michael N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Herr Dr. Felgentreu,

Sie haben Herrn Kerner hier am 22.11.2018 auf seine Frage zu den Cum-Ex Geschäften geantwortet:

Verstehe ich das richtig, was ich gerade gelesen habe, nämlich dass jetzt hier bei uns Leute im Rahmen ihrer journalistischen Arbeit juristisch verfolgt werden und nicht diejenigen, die 55 Mrd. Steuern "erbeutet" haben? Kann ich mich darauf berufen, sollte ich mal eine Mahnung von meinen Finanzamt bekomme und den Sachbearbeiter/ Sachbearbeiterin deshalb juristisch verfolgen lassen? Ich schließe mich daher der allgemeinen Forderung an und möchte Sie bitten, im Sinne unserer Pressefreiheit, sich dafür einzusetzten, dass dieser Anklage nicht zustande kommt. Konkret geht es mir darum:
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Oliver Schröm (Chefredakteur Correctiv). Unter seiner Leitung hatte CORRECTIV im Oktober 2018 zusammen mit 18 Medienpartnern Recherchen zu den CumEx-Files veröffentlicht und damit den größten Steuerraubzug Europas aufgedeckt: 12 EU-Staaten wurden mit CumEx- und ähnlichen Aktiengeschäften um mindestens 55 Milliarden Euro erleichtert.
Jetzt werden nun diejenigen verfolgt, die den Skandal aufgedeckt haben. Gegen Oliver Schröm, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf „Anstiftung zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen” nach §17 UWG (Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb).
Es ist das erste Mal, dass dieser Paragraph auf einen Journalisten angewendet wird. Umso mehr besorgt uns das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG), das der Bundestag derzeit berät. Der aktuelle Entwurf gefährdet den Informantenschutz und somit die Grundlage investigativer journalistischer Arbeit. Dieser Angriff auf die Pressefreiheit muss abgewendet werden. Die morgige Anhörung im Rechtsausschuss bietet dafür eine Gelegenheit. Bezugnehmend auf Ihre oben zitiert Antwort möchte Sie bitten, im Sinne unserer Pressefreiheit, sich dafür einzusetzten, dass dieser Anklage nicht zustande kommt. Danke und mfG

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr N.,

vielen Dank für Ihre Nachfrage zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Oliver Schröm. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil sein Recherchebüro gemeinsam mit anderen Medien den Cum-Ex-Milliardensteuerbetrug aufgedeckt hat. Solche Skandale öffentlich zu machen, ist eine wichtige Aufgabe der Presse und darf kein Ermittlungs- oder Anklagegrund sein. Den Ermittlungen in Deutschland gegen Oliver Schröm liegt aber ein Rechtshilfeersuchen aus der Schweiz zugrunde, was in jedem Fall von der zuständigen Staatsanwaltschaft geprüft werden muss. Warum hieraus weitere Ermittlungen entstanden sind, die bis heute andauern, ist für mich nicht prüfbar und auch nicht nachvollziehbar.

Auch deshalb wird es Zeit, das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten zu stärken, damit diese weiterhin ihrer Arbeit nachgehen können! Die kritische Medienberichterstattung ist essentiell für eine offene und demokratische Gesellschaft. Es ist gut und richtig, dass wir eine Stärkung des Berufsgeheimnisschutzes im Koalitionsvertrag verankern konnten. Den Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen werden wir deshalb im Hinblick auf die Presse- und Medienfreiheit im weiteren parlamentarischen Verfahren genau prüfen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Fritz Felgentreu