Frage an Fritz Felgentreu von Michael N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Felgentreu!
Am heutigen Tage wende ich wieder mich an Sie, um darum zu bitten, das „Gesetz zur Planungsbeschleunigung“ nicht auf den Weg zu bringen und in dieser Form im November zu beschließen.
Ein Vorhaben, Gerichtswege verkürzen und die Mitsprache der Bürger bei Großprojekten auszuhebeln, halte ich bei der aktuellen Politik-Verdrossenheit für gefährlich.
Abgesehen davon ist der vom Sonderparagraphen betroffene Fehmarn-Belttunnel seit Jahr und Tag wissenschaftlich umstritten und gilt als reines dänisches Lobbyisten-Vorhaben.
Sehr geehrter Dr. Felgentreu, mit dem Versuch, den Fehmarntunnel im Hinterzimmer per Schnellverfahren durchzupeitschen, machen Sie sich schuldig an einer ganzen Region und sorgen mit dafür, dass das ohnehin geschrumpfte Vertrauen der Bürger in die Politik weiter schwindet. Das Verfahren läuft seit mindestens 2013 nach unseren rechtsstaatlichen Prinzipien. Tragen Sie dazu bei, dass das Verfahren – an dem viele Betroffene u.a. im Dialogforum beteiligt sind – ordentlich zu Ende geführt wird und stoppen Sie die Sonderbehandlung für dieses Projekt!
Aufgrund solcher Mißachtung des Bürgerwillens verstehe ich mittlerweile die Politikmüdigkeit in Deutschland und das Sich-abwenden von den sog. etablierten Parteien. Aus dem Bekanntenkreis hört man mittlerweile leider immer öfter, dass „Die da oben“ sowieso machen, was sie wollen und es doch keinen Sinn mache, daran etwas ändern zu wollen. Lediglich die Leute von der AfD würden zuhören. Das macht mir Angst, aber das wäre doch DIE Chance für die SPD aus ihrem Umfragetief herauszukommen, Bürgernähe zu demonstrieren und den Leuten zu zeigen, dass man zuhört und den Bürgerwillen ernst nimmt und nicht das Profitstreben einiger Konzerne, oder?
Hochachtungsvoll
M. N.
Sehr geehrter Herr N.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie ich Ihnen mitteilte, ist der geplante Tunnelbau Teil des deutsch-dänischen Staatsvertrages, der 2009 durch die Landesregierung in Schleswig-Holstein beschlossen worden ist. Da die besagte Landesregierung zum Bau des Tunnels steht, wird er wohl auch gebaut werden. Beim Bau drängt auch die zugesicherte EU-Förderung in Höhe von 600 Millionen Euro, die erhalten bleiben soll. Gerade bei Großprojekten muss der Bauplan eingehalten werden, damit sie glaubwürdig bleiben – als Berliner wissen wir das aus schmerzlicher Erfahrung. Die Politik hat somit sehr wohl ein Interesse daran, dass die die geplanten Projekte auch realisiert werden. Insbesondere wenn die EU sie als sinnvoll erachtet und dementsprechend fördert.
Da das Projekt nicht in meinem Wahlkreis liegt, ist mir die Meinung der Kolleginnen und Kollegen vor Ort besonders wichtig. Hier hatte ich bereits herausgestellt, dass die Meinung der Landesregierung vor Ort sehr kritisch gesehen wird: Lärm- und Naturschutz werden bei der Umsetzung des Projektes ebenfalls nicht unter den Tisch fallen.
Selbstverständlich ist es wichtig, dass die Projekte auch immer kritisch betrachtet und bewertet werden. Hier in einer Sachfrage unterschiedlicher Meinung zu sein ist für mich jedoch kein Beweis für angebliche „Politikmüdigkeit“ in Deutschland. In diesem Punkt verstehe ich ihre Äußerung zur AfD. Es ist in der Tat beängstigend, dass Populismus bei einigen Menschen auslöst, dass sie sich nicht mehr mit der Politik beschäftigen möchten.
Ich möchte Ihnen aber auch sagen, dass Populismus nicht mit Populismus beantwortet werden darf. Es geht mir hier nicht nur um Umfragewerte meiner Partei. Mir war es von Anfang an wichtig, dass die SPD in der Regierung Projekte realisiert, von denen die Menschen in unserem Land profitieren. Das ist für mich der einzige Weg erfolgreich Politik zu machen und dem Populismus vorzubeugen.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Felgentreu