Frage an Fritz Felgentreu von Michael N. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Herr Felgentreu!
Vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage vom 16. Juni. Ihre Antwort veranlasst mich aber gleich zu einer weiteren Frage:
Wenn dass so ist, wie Sie schreiben, warum wehrt sich dann der Bundestag gegen die Offenlegung von Parteispenden? Was gibt es denn zu verheimlichen? 2 Gerichtsurteile wurden schon zu Lasten des Bundestages entschieden. Auch hier entsteht der Eindruck, dass Politik käuflich ist, vor allem, wenn man sich die Parteispenden eines großen bayerischen Autoherstellers an Ihre Kollegen der CSU sieht, die zufällig auch den Verkehrsminister stellen, von dem dann deren Dieselfahrzeuge ministeriell für "sauber" erklärt werden? Den entsprechenden Bericht aus der ZDF-Sendung "Frontal 21" suche ich Ihnen gerne raus.
MfG
M. N.
Sehr geehrter Herr N.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Gerichtsverfahren, auf welches Sie anspielen, behandelt einen Rechtsstreit zwischen der Bundestagsverwaltung und dem Verein Parlamentwatch e.V., der die Plattform abgeordnetenwatch betreibt.
Hintergrund ist, dass Parlamentwatch von der Bundestagsverwaltung 2015 die Herausgabe sämtlicher Korrespondenzen, Vermerke, Notizen, Dienstanweisungen etc. im Zusammenhang mit den Rechenschaftsberichten und Parteispenden verlangt hat, konkret für das Jahr 2013. Dabei beruft sich Parlamentwatch auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Die Bundestagsverwaltung hat den Antrag von Parlamentwatch mit Verweis auf das Parteiengesetz abgelehnt, weil sie die Auffassung vertritt, dass das Informationsfreiheitsgesetz an dieser Stelle nicht greife und Veröffentlichungen von Arbeitsprozessen über Gebühr einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Parteien darstellen würde – beispielsweise weil einzelne Teilinformationen aus dem Kontext gerissen und politisch instrumentalisiert werden könnten. Die Rechenschaftsberichte würden demgegenüber nach Auffassung der Bundestagsverwaltung die Balance zwischen dem öffentlichen Interesse an Transparenz und dem Interesse der Parteien an der Wahrung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und auf faire und chancengleiche Teilhabe am politischen Wettbewerb ausreichend abdecken und somit als Informationsquelle ausreichen.
Gegen diese Auffassung hat Parlamentwatch erfolgreich geklagt, zuerst vor dem Verwaltungsgericht Berlin im Januar 2017 und, nachdem die Bundestagsverwaltung in Revision gegangen ist, auch vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im April 2018. Beide Gerichtsurteile betonten die Zielsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes, das Verwaltungshandeln öffentlich zu kontrollieren, und lehnten die Argumentation der Bundestagsverwaltung ab. Die Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichtes können Sie hier einsehen: www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/x9f/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE180001697&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint
Die Bundestagsverwaltung hat nun Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht, um die Frage letztinstanzlich klären zu lassen. Da dies eine wichtige Frage ist, erscheint es sinnvoll und auch nachvollziehbar, wenn angesichts unterschiedlicher Rechtsauffassungen der vollständige Rechtsweg beschritten wird.
Es geht hierbei also um zusätzliche Informationen und darum, den Rechenschaftsbericht detaillierter nachvollziehen zu können. Losgelöst von diesem Rechtsstreit legt der Bundestag Parteispenden, die ihm im Rahmen des Parteiengesetzes durch die Parteien gemeldet werden müssen, grundsätzlich offen. Parteispenden, die über der Summe von 50.000 € liegen, müssen sofort von den Parteien angezeigt werden und sind auf der Homepage des Bundestags einsehbar (www.bundestag.de/parlament/praesidium/parteienfinanzierung/fundstellen50000).
Darüber hinaus weist der Bundestag in seinem Rechenschaftsbericht zu den Finanzen der Parteien jährlich die Parteispenden ab einer Höhe von 10.000 € aus (www.bundestag.de/parteienfinanzierung).
Wir als SPD wollen die Transparenz politischer Prozesse grundsätzlich noch weiter erhöhen – beispielsweise indem alle Einkünfte von Bundestagsabgeordneten vollständig auf Euro und Cent offengelegt werden sollen und indem das Thema Sponsoring im Parteiengesetz geregelt und im Rechenschaftsbericht des Bundestages behandelt wird. Darüber hinaus halten wir für Parteispenden eine jährliche Höchstgrenze von 100.000 pro Spenderin und Spender für sinnvoll.
Ich hoffe, dass die Hintergründe der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Offenlegung von Parteispenden so besser nachvollziehbar für Sie sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Fritz Felgentreu