Frage an Fritz Felgentreu von Michael N. bezüglich Finanzen
Zum Thema Parteienfinanzierung können Sie mir bestimmt mehr erklären als zu meiner vorherigen Frage.
Bitte erklären Sie mir, warum dieses Gesetz wie so oft beim gefühlten in-die eigene Tasche-wirtschaften möglichst unbemerkt von der Öffentlichkeit "durchgepeitscht" wurde.
Konkret würde ich gerne wissen, welche Betrag wofür benötigt wird. Denn aus dem Arbeitsleben bedeutet Digitalisierung so gut wie immer Einsparungen und Personalabbau, von daher wirkt die Begründung (Quelle: Tagesspiegel Berlin) für mich eher unglaubhaft. Und was genau soll sich an der Kommunikation ändern, wofür so viel Geld benötigt wird?
Ich gehe davon aus, dass diesmal eine Antwort schneller kommt, da Sie sich mit dem Gesetzentwurf sicher ausführlich beschäftigt haben und deshalb mit "ja" gestimmt haben. Stellen Sie Ihren Kollegen den Artikel "So peinlich, das darf sich nicht wiederholen" aus dem Tagesspiegel vom 15.06.2018 vor. Dann wird vielleicht auch die Politikmüdigkeit in Deutschland deutlich...
MfG
M. N.
Sehr geehrter Herr Neuhaus,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Gern erläutere ich Ihnen, inwiefern die Digitalisierung für die Parteien einen höheren Aufwand nach sich zieht, der finanziert werden muss:
Die Meinungsbildung in unserer Demokratie findet zunehmend in einem „digitalen Kontext“ statt. Nicht nur die Wirtschaft und insbesondere die Medien investieren massiv in die Digitalisierung. Gerade auch die Feinde der Demokratie nutzen das Internet und die Sozialen Medien massiv für ihre demokratiefeindliche Propaganda, Hetze gegen Andersdenkende und die Verbreitung von Fake News. Gezielte Kampagnen beeinflussen immer mehr im Netz nicht nur die Entwicklung der öffentlichen Meinung, sondern sie beeinflussen in entscheidender Weise mittlerweile auch den Ausgang von Wahlen.
Parteien haben den verfassungsmäßigen Auftrag, an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Dafür müssen sie auch die digitalen Kommunikationswege aktiv nutzen und auf den sozialen Plattformen präsent sein. Denn politische Willensbildung findet zunehmend digital statt. Die Kommunikation muss dabei auch online in einem geschützten Raum stattfinden können. Sie muss darüber hinaus gegen Cyberangriffe geschützt werden und wird dadurch technisch und finanziell anspruchsvoller. Auch neue Instrumente der innerparteilichen Willensbildungs- und Beteiligungsprozesse sowie hohe Transparenz- und Rechenschaftsanforderungen erhöhen den Aufwand erheblich.
Um den Parteien die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben und Erfordernisse im Rahmen ihres Verfassungsauftrages zu ermöglichen, wurde nun die absolute Obergrenze für die staatliche Finanzierung der Parteien einmalig angehoben. Künftig gilt dann wieder die jährliche Anpassung nach dem Preisindex.
Zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen hat der zuständige Innenausschuss des Deutschen Bundestages eine öffentliche Sachverständigenanhörung durchgeführt. Alle Sachverständigen und Experten haben bestätigt, dass die unabhängige Finanzierung für die politischen Parteien notwendig sei und sich bewährt habe. Auch die jetzt geplante Anhebung der absoluten Obergrenze um 25 Millionen sei absolut verhältnismäßig. Es wurde auch noch einmal betont, dass das gegenwärtige System der staatlichen Parteienfinanzierung transparent sei und im Moment durch keine besseren Konzepte ersetzt werden könne. Dieses sehr transparente System, das auch eine jährliche Veröffentlichung der Parteienfinanzierung garantiere, sei besser als dubiose Geldquellen bekannter populistischer Parteien.
Die staatliche Parteienfinanzierung steht den Parteien zu, um von Spendern und wirtschaftlicher Einflussnahme unabhängig arbeiten zu können. Sie macht weniger als 50 Prozent der Gesamteinnahmen der Parteien aus.
Nicht nur die SPD, sondern alle – auch alle im Bundestag vertretenen – Parteien werden zukünftig höhere staatliche Zuwendungen erhalten.
Ich hoffe, dass die Entscheidung für eine Erhöhung der Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung so für Sie nachvollziehbarer ist.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Felgentreu