Frage an Fritz Felgentreu von Johannes M. bezüglich Soziale Sicherung
Warum suchen viele Menschen im Müll nach essen und Flaschen, wenn die Grundsicherung für ein auskömmliches Leben reicht?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre erneute Frage.
Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, sind ständige Aufgaben von Politikerinnen und Politikern. Dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes) entsprechend, gibt es die Verpflichtung, allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich in sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, das menschenwürdige Existenzminimum zu gewährleisten. Die Existenzsicherung jedes Einzelnen bewegt sich dabei zwischen Eigenverantwortung des Einzelnen und der staatlichen Fürsorge. Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (Hilfebedürftigkeit) besteht ein Rechtsanspruch auf die Lebensunterhaltsleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII.
Grundlage für die Regelbedarfsermittlung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird. Die EVS liefert statistische Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland, insbesondere über deren Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben. Aufgrund der letzten EVS sind die Regelbedarfe zum 1. Januar 2017 angehoben worden. Auch künftig müssen die Hartz-IV-Regelsätze regelmäßig erhöht werden.
Unser Kanzlerkandidat Martin Schulz hat es treffend formuliert: „Deutschland geht es gut. Aber dass es Deutschland gut geht, heißt nicht, dass es allen Menschen in Deutschland gut geht“. Armut und soziale Ausgrenzung sind komplexe Phänomene, die viele Facetten haben. Entsprechend müssen die Lösungsansätze auf verschiedenen Ebenen ansetzen.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns dafür ein, Armut abzubauen, Armut nicht erst entstehen zu lassen und Verteilungsgerechtigkeit zu stärken. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, insbesondere in den folgenden Bereichen weitere Anstrengungen zu unternehmen: Gute und gut bezahlte Arbeit stehen an erster Stelle. Nur so kann Armut im Alter auf Dauer wirksam bekämpft werden. Langjährig Versicherte sollen so von ihren Alterseinkünften angemessen leben können. Für niedrige Renten nach langjähriger Beitragszahlung wollen wir ergänzend eine Solidarrente einführen. Um gute Arbeit für jeden individuell zu erreichen, brauchen wir eine gute Kinder- und Bildungspolitik. Es braucht Aufstiegschancen für alle - sozialer Aufstieg soll nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall werden. Weiter brauchen wir eine angemessene Ausstattung des Sozialstaats. Dazu gehört ein funktionierendes – paritätisch finanziertes – Gesundheitssystem genauso wie ausreichend bezahlbarer Wohnraum oder auch eine gute Bildungsinfrastruktur. Eine nachhaltige Finanzierung öffentlicher Ausgaben und Investitionen und eine Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben aus Steuermitteln (Beispiel Mütterrente) muss das Ziel sein. Gleichzeitig stehen wir dafür ein, dass besonders Vermögende und Menschen mit ausgesprochen hohen Einkommen noch stärker zur Finanzierung beitragen müssen.
Anbei der Link zu unserem Steuerkonzept:
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Parteispitze/SPD_Presse_Handreichung_gerechte_Steuer_01.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Felgentreu