Frage an Fritz Felgentreu von Matthias S.
Sehr geehrter Herr Felgentreu,
wie auch Michael Franke finde ich Ihren Standpunkt zum Thema Fracking verwirrend.
Mich würde interessieren, woher Sie die Fachkenntnis beziehen, eine "gefährliche Technologie mit unübersehbaren Folgen" nunmehr mit "schärfere Regeln und höhere Umwelt- und Gesundheitsstandards bei der Erdgasförderung" zu einer ernsthaften Option zu machen.
Was genau sind denn diese schärferen Regeln und höheren Standards?
Es ist - das lehrt uns die Geschichte - nicht möglich, umweltgefährdende Technologien mittels Regeln und mit Standards in den Griff zu bekommen. Gerade in diesen Tagen feiert sich die Koalition für den Ablasshandel in Sachen Atommüll, den die Industrie nicht einmal ansatzweise akzeptieren will, obwohl noch in hunderten von Jahren der Schutz der Menschheit vor Radionukliden aus Atommüll Millionen verschlingen wird.
Es gibt keine Endlagertechnologie für atomaren Abfall auf diesem Planeten.
Es gibt keine Ölförderung ohne massive und langfristige Umweltverschmutzung.
Es gibt auch keine andere Gewinnung von fossilen Brennstoffen, die umweltverträglich wäre.
Es gibt kein ökologisch vertretbares Fracking.
Aber es gibt SPD-Abgeordnete, die ihre Haltungen beliebig um 180° drehen können, wenn es denn die Fraktionsdisziplin erfordert.
Eine weitere Frage, die ich Ihnen stellen möchte ist: Was genau meinen Sie damit, dass Sie im Antrag der Grünen vermisst hätten, das höhere Standards und schärfere Regeln dort nicht gefordert würden?
Ein Motorrad ohne Helm zu fahren sollte man ablehnen. Glyphosat erzeugt Krebs. Fracking ist ein russisches Roulette. All das sollte man ablehnen - oder würden Sie Alkohol am Steuer mit höheren Standards und schärferen Regeln zulassen?
Für Sie ist das scheinbar kein Widerspruch.
Sehr geehrter Herr Stieler,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu meinem Abstimmungsverhalten. Gern möchte ich Ihnen meine Beweggründe für die Ablehnung des Antrages der Bündnis 90/Die Grünen darlegen.
Meine Ablehnung ist zunächst darin begründet, dass die Opposition ihren Antrag zu einem Frackingverbot auf die Tagesordnung gesetzt hat, ohne eine inhaltliche Debatte über dieses wichtige Thema zu beantragen. Zum anderen konnte ich dem Antrag aufgrund seiner undifferenzierten und lückenhaften Ausgestaltung nicht zustimmen. Punkte wie die Regelung von Lagerstätten, Wasserpressung oder die Beweislastumkehrung bei Erdbeben fehlten in dem Antrag. Darüber hinaus waren keine Mitwirkungsrechte von Umweltverbänden, Wasserbetrieben oder Vetorechte für Kommunen vorgesehen. Ein unscharf formuliertes Frackingverbot, wie von der Opposition gefordert, konnte sich auch deshalb im Bundestag nicht durchsetzen. Obwohl Bündnis 90/Die Grünen und die Linke in einigen Landesregierungen beteiligt sind, hat sich noch kein Bundesland für ein generelles Förderverbot ausgesprochen.
An meinem Grundsatz, dass Fracking eine gefährliche Technologie mit einem hohen Risikopotenzial ist, halte ich unbedingt fest. Zusammen mit der SPD-Bundestagsfraktion setze ich mich deshalb dafür ein, dass Fracking unter strenger wissenschaftlicher und umweltfachlicher Aufsicht in einem eng begrenzten Rahmen erprobt wird, um Auswirkungen auf Umwelt und Mensch wissenschaftlich zu erforschen. Es geht nicht um eine flächendeckende Erdgasförderung, sondern um die wissenschaftliche Erforschung, die unter strengen Umweltstandards und Reglungen erfolgen. Deshalb arbeiten wir an einem Gesetz, welches umfassende Umweltstandards für die bereits vorhandene Erdgasförderung verschärft sowie klare Regelungen und Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, für Behörden und Unternehmen schafft. Diese beinhalten nach unseren Vorstellungen ein Verbot für unkonventionelles Fracking zu wirtschaftlichen Zwecken sowie ein Verbot für jegliche Fracking-Vorgänge in besonders schützenwerten Gebieten. Weiterhin ist eine Begrenzung der Anzahl der Probebohrungen auf ein wissenschaftliches Maß vorgesehen und alle Fracking-Maßnahmen werden einem transparenten Regelungsregime unterworfen. Dieses Regelungsregime sieht unter anderem umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen, Grund- und Oberflächenwassermonitoring, Überwachung von Rückflüssen und Bohrlochintegrität, Berichtspflicht und eine Offenlegung sämtlich eingesetzter Stoffe und ihrer Mengen vor. Darüber hinaus setzen wir uns für eine Beweislastumkehr ein. Das bedeutet, dass zukünftig bei Bergschäden, die auf Fracking-Vorgänge zurückzuführen sind, nicht mehr Bürgerinnen und Bürger den Zusammenhang beweisen müssen, sondern die Unternehmen nachweisen müssen, dass die Schäden nicht auf Frack-Aktivitäten zurückzuführen sind.
Polemische Kommentare und Überspitzungen helfen uns in dieser wichtigen Debatte nicht weiter – vielmehr müssen Risiken und Auswirkungen ermittelt werden, sodass Mensch und Natur im höchsten Maße geschützt werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Felgentreu