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Fritz Felgentreu
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Frage von Michael W. •

Frage an Fritz Felgentreu von Michael W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Fritz Felgentreu,

in Verbindung mit Ihren Einlassungen vom 7.7.2015 zur Wiederkunft Christi und seiner damit verbundenen Königsherrschaft möchte ich Sie auf die politische Brisanz der christlichen Doktrin aufmerksam machen.

Sie scheinen davon auszugehen, dass Jesu Rückkehr auf die Erde sowohl lokal als auch friedlich ablaufen soll. Laut der Bibel ist dem keinesfalls so. In der Offenbarung wird Jesus als einer der apokalyptischen Reiter beschrieben - auf weißem Pferd, als kriegerischer König und Sieger. Bereits im AT, Daniel 2:44 wird auf die kommende Königsherrschaft Jesu hingewiesen: „Zur Zeit jener Könige wird aber der Gott des Himmels ein Reich errichten, das in Ewigkeit nicht untergeht; dieses Reich wird er keinem anderen Volk überlassen. Es wird alle jene Reiche zermalmen und endgültig vernichten; es selbst aber wird in alle Ewigkeit bestehen.“

Nun fordert Jesus seine Nachfolger sogar dazu auf, im „Vaterunser“ um das Kommen dieses Gottesreiches zu beten („Dein Reich komme“).

Das wirft einige Fragen auf:
Zwar sollen Christen sich der existierenden staatlichen Ordnung nicht widersetzen (Römer 13:1), aber beweist solch ein Herbeibitten einer Machtübernahme von außen nicht bereits eine verfassungsfeindliche Haltung?
Wie ist in diesem Kontext die Rolle der Kirchen und ihrer Anhänger zu bewerten?
Kann es konsequenterweise überhaupt eine Verquickung von gelebtem Christentum und politischer Betätigung geben?
Da sich laut Bibel der Machtübernahme durch das Gottesreich sowieso niemand entgegen stellen kann, sollten seitens der Politik und jedes Einzelnen nicht vielmehr Maßnahmen getroffen werden, sich das Wohlwollen des künftigen Weltregenten zu sichern und damit die hiesige Bevölkerung zu schützen? („Darum, ihr Herrscher, nehmt Vernunft an, lasst euch warnen, ihr Mächtigen der Welt! Unterwerft euch dem Herrn und erkennt seine Herrschaft an!“ Psalm 2, Die Bibel, Hoffnung für Alle).

Mit freundlichen Grüßen, Michael Wadephul

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wadephul,

die von Ihnen gestellten Fragen beschäftigen Christinnen und Christen seit sie aus einer Minderheitenposition im Römischen Reich ihr Verhältnis zu Kaiser und Staat definieren mussten. Wegweisend bleibt Christi Antwort an die Pharisäer: „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Matthäus 22:21). Dieser Satz ist nicht nur eine wichtige Grundlage für Paulus‘ Haltung im Römerbrief, sondern auch für Luthers Zwei-Reiche-Lehre. Ob als Staatsvolk oder in einer Minderheitenrolle, hat er es den christlichen Gemeinden – abgesehen von radikalen Splittergruppen, die offenbar eine unvermeidliche Begleiterscheinung von Buchreligionen sind – stets ermöglicht, einen christlichen Lebenswandel mit staatsbürgerlicher Loyalität in Einklang zu bringen. Falls Sie weitere Fragen dazu haben, würde ich anregen, dass Sie dazu das seelsorgerische Gespräch mit Ihrer Pastorin oder Ihrem Pastor suchen, die flexibler auf spontane Wendungen der Diskussion reagieren als ich.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Fritz Felgentreu