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Fritz Felgentreu
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Frage von Andreas S. •

Frage an Fritz Felgentreu von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Felgentreu,

heute (20.Juni 2015) hat die SPD auf ihrem Parteikonvent in Berlin für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Ich möchte Sie fragen, wie sich die anlasslose Überwachung aller Menschen in Deutschland mit Ihrem Parteiprogramm zur Bundestagswahl 2013 vereinbaren lässt? Dort heißt es unter anderem: "Wir spielen nicht Sicherheit und Freiheit gegeneinander aus, sondern sehen in einem umfassenden und sozialen Verständnis von Sicherheit das Fundament für demokratische Freiheit und Offenheit. In der Demokratie gehören Freiheit und Sicherheit zusammen. Frei sind nur Menschen, die nicht in ständiger Furcht vor Gewalt, Kriminalität und Terror leben." Gerade den letzten Satz finde ich wichtig. Ich glaube nicht, dass die erhobenen Daten sicher sind, denn jedes IT-System kann gehackt, jede Kryptografie geknackt werden. Sie als MdB erleben doch gerade selbst, dass IT-Systeme nicht 100%ig vor Angriffen von außen geschützt sind. Dazu kommt noch, dass ich Angst habe das es nicht bei der angedachten Regelung bleiben wird. Ihr Koalitionspartner will viel weitreichendere Regelungen und selbst Ihr Genosse Otto Schily sagte erst kürzlich im Tagesspiegel: "Die Frist ist zu kurz. Ich hätte es für sinnvoll gehalten, wenn die Verkehrsdaten für ein halbes oder ein ganzes Jahr gespeichert würden. Aber es wird ja immerhin ein Anfang gemacht, dafür bin ich schon dankbar." Es soll ein Anfang gemacht werden und ich finde das äußerst bedenklich. Sie selbst haben auf eine kürzlich gestellte Frage zum selben Thema hier geantwortet, dass der vorgeschlagene Gesetzesentwurf die Leitlinien im Koalitionsvertrag unterbiete: " zehn Wochen statt drei Monate". Mich beruhigen 2 Wochen weniger aber keineswegs, gerade weil ich befürchte das damit nur der Grundstein für noch mehr Überwachung gelegt wird.

Ich hoffe Sie können meine Sorgen nachvollziehen und werden versuchen dieses Gesetz zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Stahlkowski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stahlkowski,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Der Parteikonvent der SPD hat sich am 20. Juni für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nach der strengeren Regelung von Bundesjustizminister Heiko Maas ausgesprochen. Die Partei, aber auch die SPD-Bundestagsfraktion, hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Für einen Grundrechtseingriff, und das ist die anlasslose Speicherung der Verkehrsdaten, braucht es triftige Gründe. Es gibt Straftaten, bei denen die Verbindungsdaten im Internet den einzigen Ermittlungsansatz bieten. Das Verbrechen geht mit der Zeit und der Technik, die Verbrechensbekämpfung muss es auch tun. Für die SPD gilt in dieser Debatte daher der Grundsatz: Wer die Möglichkeiten der Digitalisierung als Tatwerkzeug für Verbrechen missbraucht, dem müssen Ermittlungsbehörden ein rechtsstaatlich einwandfreies Instrument zur Strafverfolgung entgegenhalten können.
Schon im Koalitionsvertrag haben SPD und CDU/CSU sich über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung unter folgenden Vorgaben verständigt: „Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen.“ Wie ich schon in meiner Antwort bei Abgeordnetenwatch am 12. Mai schrieb, ist der Gesetzentwurf viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver, als CDU/CSU es wollen. Er setzt enge Grenzen, enthält klare Fristen für die Speicherung der Daten und erlaubt den Abruf nur bei einem strengen Richtervorbehalt. Heiko Maas hat mit seinem restriktiven Gesetzentwurf bewiesen, dass er ernsthaft um die Balance zwischen den Werten der Freiheit und der Sicherheit bemüht ist und sowohl das Parteiprogramm der SPD als auch den Vertrag mit dem Koalitionspartner achtet.

Zum Thema der Sicherheit der gespeicherten Daten schreibt das Bundesjustizministerium:
„Die nach dem Stand der Technik höchstmögliche Sicherheit der Daten sowohl bei der Aufbewahrung als auch bei der Übermittlung wird gewährleistet. Die Anbieter müssen die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme und Verwendung schützen. Die Speicherung hat im Inland zu erfolgen. Konkret vorgesehen sind insbesondere der Einsatz eines besonders sicheren Verschlüsselungsverfahrens, die Speicherung in gesonderten Speichereinrichtungen mit einem hohen Schutz vor Zugriffen aus dem Internet, die revisionssichere Protokollierung des Zugriffs sowie die Gewährleistung des Vier-Augen-Prinzips für den Zugriff auf die Daten.
Zudem sind effektive Sicherungen zur Gewährleistung der Löschung der Daten sowohl für die TK-Anbieter als auch für die Strafverfolgungsbehörden vorgesehen. Verfassungsrechtlich geboten ist auch das Sanktionssystem, das auch Verstößen gegen die Datensicherheit ein angemessenes Gewicht beimisst.
Generell wird ein hoher Standard der Datensicherheit gewahrt, der sich an dem Stand der Technik orientiert und neue Erkenntnisse und Einsichten fortlaufend aufnimmt. Dies wird durch die Bundesnetzagentur kontrolliert.“ Diese und weitere Klarstellungen zum Gesetzentwurf hat das Ministerium in einem Papier verständlich aufgeführt, das ich nur sehr empfehlen kann: http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/20150527_FAQ_Hoechstspeicherfrist.pdf;jsessionid=F9C34819A5A36926BE903DDE5090409A.1_cid334?__blob=publicationFile

Sehr geehrter Herr Stahlkowski, ich kann Ihre Sorgen über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nachvollziehen. Selbstverständlich gibt es jene, die die Speicherung der Verkehrsdaten gerne ausweiten würden. Mit dem Gesetzentwurf von Heiko Maas ist die Speicherdauer aber jetzt klar abgesteckt. Eine weitere Ausweitung müsste erst wieder eine parlamentarische Mehrheit finden. Perspektivisch wird es 2018 eine wissenschaftliche Evaluation geben, die die Vorratsdatenspeicherung auf Tauglichkeit und weitere Verhältnismäßigkeit überprüfen wird. Im Rahmen der Ausschussberatungen wird im September noch eine Sachverständigenanhörung stattfinden, die die besonders sensiblen Punkte des Gesetzentwurfs zum Thema haben wird. Ich freue mich, wenn Sie diesen Gesetzgebungsgang verfolgen und mit mir weiter im Gespräch bleiben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Fritz Felgentreu