Frage an Fritz Felgentreu von Kai J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Her Dr. Felgentreu,
Was wollen Sie und die SPD im Falle eines Wahlsieges gegen ein weiteres Anwachsen des Rechtsextremismus tun? Es ist unerträglich, wie Menschen mehr oder minder in allen Stadtteilen bedroht und terrorisiert werden. Selbst bei Wahlkampfveranstaltungen verschonen die einen nicht mit ihrem unsäglichem braunen Gedankengut und Lügen. Das ist, gerade vor dem Hintergrund unserer jüngsten Geschichte, doch nicht hinzunehmen. Da wird der Holocaust geleugnet und anstatt dessen vom "Bombenholocaust" geredet. Das ist unerträglich, da hier Ursache und Wirkung total verwechselt wird. Es kann nicht sein, dass sich die große Mehrheit von einer Minderheit einschüchtern und mundtot machen lässt. Meines Erachtens haben diese Gruppen viel zu viele Freiräume. Es ist falsch verstandene Toleranz, wenn man die rechtsextremistischen Parteien wie normale Parteien behandelt, denn das sind sie nicht. Sie warten auf ihre Chance und würden Freiheit und Demokratie skrupellos abschaffen. Sie sind alle samt menschenverachtend und hasserfüllt, gegenüber allen, die anders sind, als sie selbst. Eigentlich traurig, dass die ihr Leben so destruktiv verschwenden. Gott sei Dank ist das Problem im sonst "berüchtigten" Nord-Neukölln nicht so spürbar, aber irgendeinen Vorteil muss man ja auch haben, wenn man hier lebt :-). Die SPD sollte sich übrigens nicht dazu verleiten lassen, mit "Stammtischparolen" auf Stimmenfang zu gehen. Leider habe ich das schon hier und da beobachten müssen. Da werden manchmal in der Tat drängende Themen wie Zwangsehe usw. angesprochen, um recht primitiv Vorurteile zu schüren. Es reicht schon, wenn die CDU diese dumpfen Sprüche Klopft!
Freundliche Grüße
Kai Jensen
Sehr geehrter Herr Jensen,
ich teile Ihre Auffassung voll und ganz. Die NPD ist keine normale und schon gar keine demokratische Partei. Nichts wäre falscher, als sich an die Nazis zu gewöhnen.
Der Versuch, die NPD zu verbieten, ist jedoch gescheitert. Eine legale Partei ist sie geblieben. Deshalb gilt es, die Auseinandersetzung inhaltlich und politisch zu führen. Entschieden wird dieser Kampf in den Köpfen, und das heißt: in Schulen, auf der Straße und -- warum nicht ? -- auch am Stammtisch. Dort muss Menschenverachtung verbannt, Lüge entlarvt und Freiheit verteidigt werden.
Als politische Kraft unterstützen wir den Kampf gegen Rechts durch zahlreiche von Bund und Land geförderte Projekte -- z.B: die "Mobile Beratung gegen Rechts". Weiterbildung von Lehrern und Jugendarbeitern, politische Bildung für Jugendliche (z.B. durch das August-Bebel-Institut) dürfen weiterhin nicht vernachlässigt werden. Aber natürlich hat auch der Verfassungsschutz sein Auge auf die Nazi-Szene gerichtet -- und das ist richtig so.
Ich bitte Sie: Erhalten Sie sich Ihre Empörung. Helfen Sie uns, den Nazis mit legalen Mitteln entgegenzutreten, wo sie sich zeigen. Am Ende ist mir um unsere Demokratie nicht bange. Freiheit und Gerechtigkeit haben immer eine größere Kraft als eine Ideologie, die auf Hass und Unterdrückung setzt.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Fritz Felgentreu