Frage an Fritz Felgentreu von Silke K.
Sehr geehrter herr Felgentreu,
werden Sie sich in partei und parlament konsequent gegen Investorenschutzklauseln einsetzen?
Viele Grüße
Silke Karcher
Sehr geehrte Frau Karcher,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 02.12.2014 zum Thema Investorenschutz im Rahmen von Ceta und TTIP.
Ja, das tue ich. Meinen Standpunkt zu den Investorenschutzklauseln habe ich auch auf meiner Webseite zusammengefasst:
http://fritz-felgentreu.de/standpunkte/ttip/
Die SPD hat bei Ihrem Parteikonvent am 20. September 2014 einen Beschluss zu den transatlantischen Freihandelsgesprächen gefasst, in dem die inhaltlichen Erwartungen der SPD an die Verhandlungen klar formuliert sind. Die SPD ist prinzipiell für Freihandel, der die transatlantischen Handelsbeziehungen intensiviert. Genau wie auch Sie hält die SPD den Investorenschutz durch internationale Schiedsgerichte (ISDS) in einem Freihandelsabkommen mit der EU nicht für nötig.
Die Bundesregierung hält spezielle Vorschriften zum Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren in Freihandelsabkommen zwischen Staaten mit entwickeltem Rechtssystem ebenso generell nicht für erforderlich. Der Grund dafür ist, dass das Eigentum nach deutschem Recht auch ohne völkerrechtliche Investitionsschutzbestimmungen gegen unverhältnismäßige staatliche Eingriffe geschützt ist und gegebenenfalls der Eigentümer angemessen entschädigt werden muss. Die Bundesregierung hat diese Auffassung im Zusammenhang mit den Verhandlungen zu CETA gegenüber der EU-Kommission und in den Ratsgremien wiederholt vorgetragen und wird weiter für ihre Auffassung eintreten.
Es besteht jedoch die Sorge, auf die sich ja auch Ihre Frage bezieht, dass auf Basis der Handelsabkommen Unternehmen aus Kanada oder den USA künftig europäische Staaten vor internationale Schiedsgerichte bringen und dort Schadenersatz fordern könnten. Ein aktuelles Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums zu den Investitionsschutzbestimmungen des CETA-Vertragsentwurfs kommt zu dem Ergebnis, dass der Schutz kanadischer Investitionen nach CETA weit hinter dem Schutz für Investoren im deutschen Verfassungsrecht und auch dem EU-Unionsrecht zurückbleiben. Folglich ist der Investitionsschutz so ausgestaltet, dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers durch CETA nicht stärker eingeschränkt wird als es durch die entsprechenden nationalen Vorschriften im deutschen Recht der Fall ist. Der gesetzgeberische Handlungsspielraum zum Schutz öffentlicher Interessen wie der nationalen Sicherheit, der Umwelt oder der öffentlichen Gesundheit wird damit gewahrt.
Trotzdem vertrete ich weiterhin die Forderung, kein Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) im Abkommen zu verankern. Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten können und sollten in der EU durch staatliche Gerichte und nicht durch internationale Schiedsgerichte entschieden werden. Das Abkommen liegt meiner Meinung nach auch nicht in der alleinigen Verantwortung der EU, da es nach dem Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten berührt. Bei einem solchen "gemischten Abkommen" müsste dieses nicht nur durch das Europäische Parlament, sondern auch durch nationale Ratifizierungsprozesse der 28 EU-Mitgliedsstaaten bestätigt werden. Damit wäre sichergestellt, dass das Abkommen demokratisch legitimiert ist und sich an den Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger orientiert.
Die Verhandlungen zu CETA sind unter der schwarz-gelben Bundesregierung weitgehend verhandelt worden und nun bereits abgeschlossen. CETA beinhaltet weiterhin eine – wenn auch abgeschwächte - Form von Schiedsgerichten. Die Verfahren sind transparent, unbestimmte Rechtsbegriffe sind besser definiert, der Marktzugang kann nicht mittels ISDS geltend gemacht werden, da es hierauf keine Anwendung findet. Insgesamt ist das Schutzniveau geringer als das Schutzniveau nach deutschem Recht. Nichtsdestotrotz hat Sigmar Gabriel mehrfach deutlich gemacht, dass er CETA nach jetzigem Stand noch nicht für zustimmungsfähig hält. Dies hat die Bundesregierung auch der EU-Kommission und unseren europäischen Partnern offiziell so kommuniziert. Darüber hinaus haben die Europaabgeordneten der SPD die neue EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kürzlich aufgefordert die Textvorlage zum CETA-Abkommen nachzuverhandeln und das Investorenschutz-Kapitel zu streichen.
Die SPD wird zu gegebener Zeit im nächsten Jahr über den finalen Inhalt des Freihandelsabkommens beraten und eine abschließende Haltung dazu festlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Felgentreu